Focus-Redakteur Alexander Wendt: „Am besten wäre es, das EEG sofort abzuschaffen“

Interview zuerst erschienen auf der Webseite des Ludwig von Mises Instituts am 13. Januar 2016:

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Interview mit Alexander Wendt zu seinem Buch „Der Grüne Blackout: Warum die Energiewende nicht funktionieren kann

MISES-INSTITUT: Herr Wendt, in Ihrem Buch „Der Grüne Blackout“ bezeichnen Sie die Energiewende als „veritablen Thriller, dem keine spannungsfördernde Zutat fehlt“. Wer ist Täter? Wer ist Opfer?

WENDT: Täter waren 1999 zunächst eine kleine Gruppe von Bundestagsabgeordneten um SPD-Politiker und Solarlobbyisten Hermann Scheer, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) durchgesetzt hatten, dessen gewaltige Umverteilungswirkung damals kaum jemand überblickte. Heute gibt es eine relativ kleine, aber enorm einflussreiche Gruppe von Profiteuren, von Windpark-Fondsverkäufern über Landbesitzer, die Boden für bis zu 100 000 Euro pro Jahr und Windrad verpachten, bis zu Glücksrittern wie dem Solarword-Chef Frank Asbeck. Opfer beziehungsweise Zahler der Veranstaltung sind die Stromkunden, die in diesem Jahr durch die Ökostromumlage insgesamt 24,8 Milliarden Euro für grünen Strom überweisen werden, der an der Börse nur 1,8 Milliarden wert ist. Opfer sind gutgläubige Leute, die in Windparks investiert haben und jetzt feststellen, dass zwei Drittel aller Windräder im Binnenland defizitär laufen. Unter Druck geraten auch alle, die in energieintensiven Branchen arbeiten: je weiter die Strompreise steigen, desto prekärer werden ihre Arbeitsplätze. Ein grünes Jobwunder hilft ihnen auch nicht, das ist nämlich ausgeblieben.

Noch ein Vergleich, den Sie bei der Energiewende anführen, nämlich mit dem Staatssozialismus in der DDR und anderen Ostblockländern, die Bürokraten heute würden den damaligen Steuerungseifer aber bei weitem übertreffen…

In der Tat: in der DDR gab es Fünfjahrespläne. Das EEG garantiert Betreibern von Ökostromanlagen nicht nur feste Abnahmepreise über 20 Jahre; die Energiewendeplaner wollen auch detailliert festlegen, wie Deutschlands Energiewirtschaft im Jahr 2050 aussehen soll. Das ist in Zahlen gegossene Hybris.

Wir haben uns sehr gefreut, zu lesen, dass Sie Ludwig von Mises’ Interventionismus-Theorie in der Energiewende bestätigt sehen. Skizzieren Sie Ihre Beobachtungen doch bitte für uns.

Ludwig von Mises sagte mit seiner Interventionstheorie, dass der Staat, wenn er in den Markt eingreift, um ein Problem zu lösen, zwar unter Umständen dieses eine Problem mildert, aber dafür mindestens zwei neue schafft. Statt den ersten Eingriff zurückzunehmen, interveniert er weiter, mit der Folge, dass die Dysfunktionalität ständig vergrößert wird. Am logischen Endpunkt der Entwicklung verheddert er sich selbst hoffnungslos in seinen widersprüchlichen Regeln und Eingriffen.

Bei der Energiewende lässt sich dieses Problem mustergültig studieren. Ein Beispiel aus vielen: Schon ab 2011 ließ sich absehen, dass die Produktion von Windstrom in Norddeutschland an vielen Tagen die Kapazität des Stromnetzes übersteigen würde – ein Teil der Energie kann also durch die Leitungen gar nicht abtransportiert werden. Die Bundesregierung traf eine Regelung, die ausschließlich im Interesse der Windmüller lag: Jede Kilowattstunde, die hätte produziert werden können, aber nicht ins Netz passt, muss von den Verbrauchern trotzdem mit der vollen Einspeisevergütung bezahlt werden. Die Folge: Windparkinvestoren scherten sich künftig erst Recht nicht darum, ob es dort, wo sie bauen wollten, überhaupt genug Netzkapazität gab, und verschlimmerten das Problem innerhalb weniger Jahre drastisch. 2014 zahlten die Stromkunden über die Netzentgelte erstmals an die 100 Millionen Euro für nie produzierten Strom. Für dieses Jahr dürfte der Betrag noch einmal kräftig steigen. Wenn die Regierung jetzt entscheiden würde, dass nur noch jede tatsächlich eingespeiste Kilowattstunde vergütet wird, brächen allerdings die Kalkulationen vieler Windparks zusammen. Also drehen sich in Norddeutschland mehr und mehr Windmühlen teuer subventioniert im Leerlauf – während der Staat sich anschickt, auch für konventionelle Kraftwerke südlich des Mains Subventionen auszureichen. Namentlich Gaskraftwerke verdienen kein Geld mehr, weil sie nur noch als Lückenspringer Strom ins Netz liefern dürfen. Allerdings werden sie wegen der erratischen Grünstromproduktion dringend gebraucht.

Weil die Stromkosten dadurch und durch andere Maßnahmen ständig steigen, diskutieren Politiker bekanntlich auch schon, ob sie nicht demnächst Strom für Einkommensschwache aus Steuermitteln subventionieren sollten. Dann wäre nicht nur die Produktion staatlich gestützt und der Markt fast komplett abgeschnürt, sondern auch noch der Konsum eines Gutes staatlich gelenkt.

Warum hat die Energiewende in den Medien nicht mehr Kritiker gefunden?

Nun, sie hat durchaus viele Kritiker. Vielleicht sollte ich dazu eine kleine Geschichte erzählen: Zwischen Politikern beziehungsweise Verbandsvertretern und Journalisten gibt es die so genannten Gespräche unter Drei. Das heißt: die einen reden frei darüber, was sie wirklich denken. Die anderen benutzen das Gesagte nur für ihre Meinungsbildung, zitieren aber nichts wörtlich. Ein Chef einer großen Einzelgewerkschaft sagte mir in einem dieser Gespräche zum Thema Energiewende: „Die einzelnen Bundestagsparteien unterscheiden sich da nur im Grad ihres Wahnsinns.” Ein führendes Mitglied der Unionsfraktion: „Bei der Energiewende ist es so wie bei einem Fuhrwerk, das in die Sackgasse fährt: es muss dort wieder herauskommen, wo es hineingefahren ist. Man braucht also nicht hinterherzulaufen. Von Unterhaltungswert ist allein das Wendemanöver.“ Ich könnte noch etliche andere Zitate von Politikern, Wirtschaftswissenschaftlern und Managern zitieren, allerdings die Namen nicht nennen – denn das würde die Vertraulichkeit brechen. Zitieren kann ich immerhin Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der beim Besuch des Solarunternehmens SMA Solar in Kassel am 17. April 2014 sagte: „Die Energiewende steht kurz vor dem Aus. Die Wahrheit ist, dass wir die Komplexität der Energiewende auf allen Feldern unterschätzt haben. Die anderen Länder in Europa halten uns sowieso für Bekloppte.“ Gegen Gabrieles Annahme war ein Lokaljournalist anwesend, der die einigermaßen unverstellten ministeriellen Worte verbreitete. Gabriel dementierte auch nichts. Er wiederholte diese Worte allerdings in keinem Interview. Die Frage ist: warum sagen selbst Mitglieder der Funktionselite nur dann, was sie über die Energiewende denken, wenn sie sicher sind oder glauben, dass nichts in die Öffentlichkeit dringt?

Lassen Sie mich raten: jetzt kommt der „Klimawandel“ ins Spiel…

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Hochkurios: Stefan Rahmstorf interpretiert verheerende Kältewelle an der US-Ostküste als Folge der Klimaerwärmung

Eine uralte Strategie: Wenn einem das Wasser bis zum Halse steht und sich angesichts der vielen Probleme keine schnelle Lösung anbietet, hilft oft nur noch eines: Themenwechsel und Ablenkung. Genau dies scheinen die Grünen in Österreich derzeit zu versuchen. Statt sich mit den Flüchtlingen, Arbeitslosigkeit oder Staatsverschuldung zu beschäftigen, setzen die Grünen ganz auf das bewährte Wohlfühlthema Klimawandel. Der Kurier meldete am 14. Januar 2016: Rückbesinnung der Grünen auf alte Stärken: „Kampf gegen den Klimawandel“ Die Grünen überraschten bei ihrer Klubklausur: Nicht Flüchtlinge, nicht Soziales, nicht Hofburg-Kandidat Alexander Van der Bellen standen im Vordergrund, sondern eine fast vergessene, alte Stärke …

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Bremer Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie: „Unsere Daten lassen keine Rückschlüsse darauf zu, dass sich der Anstieg des Meeresspiegels bei den Takuu-Inseln in den letzten 70 Jahren negativ bemerkbar gemacht hat“

Pressemitteilung des Bremer Leibniz-Zentrums für Marine Tropenökologie (ZMT) vom 29. Januar 2016 mit überraschendem Ergebnis: ———————————– Versinkende Inseln: Bedroht der Meeresspiegelanstieg das Takuu-Atoll im Pazifik? Seit einigen Jahrzehnten steigt der Meeresspiegel unaufhaltsam – im Schnitt 3,3 mm im Jahr. Inwieweit machen sich die Folgen des Meeresspiegelanstiegs bereits heute auf den Riffinseln bemerkbar? Diese Frage konnten Forscher des ZMT nun für das Takuu-Atoll, eine Inselgruppe im Pazifik nordöstlich von Papa-Neuguinea, beantworten. Seit einigen Jahrzehnten steigt der Meeresspiegel unaufhaltsam – im Schnitt 3,3 mm im Jahr. Für flache Riffinseln wie die Malediven oder die Marshall-Inseln werden Zukunftsszenarien entworfen, die den Untergang der …

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Die Bösen sind jetzt die Guten: Raubtiere helfen bei der Anpassung an den Klimawandel

Skandal in Bolivien: Der Klimawandel trocknet den zweitgrößten See des Landes aus, wie die Bildzeitung am 19. Dezember 2015 mit fetter Schlagzeile meldete:

Im Text heißt es:

Boliviens zweitgrößter See, der Lago Poopó, trocknet immer weiter aus. Der Klimawandel und Wetterphänomene wie El Niño haben die Fläche nach Angaben der Behörden des Landes von 2792 Quadratkilometern auf 1945 Quadratkilometer sinken lassen.

Bild räumt kurz ein, dass der See wohl auch in der Vergangenheit schonmal Probleme hatte,

Experten sehen verschiedene Ursachen für die Austrockung. Der fortschreitende Klimawandel sorge für immer weniger Regen im bolivianischen Hochland, mutmaßen Experten. Gewrardo Zamora von der Universität in Oruro hält aber auch den Bau von Staudämmen an Zuflüssen in Peru für eine wichtige Ursache.

El Niño wiederum ist ein Klimaphänomen im pazifischen Raum, das das Wetter insbesondere in in Südamerika, Asien und Afrika erheblich beeinflussen und auch zu Naturkatastrophen führen kann. Dieses Phänomen ist längst noch nicht vollständig enträtselt. Experten vermuten aber, dass die Erderwärmung dazu führt, dass El Niño möglicherweise in kürzeren Abständen auftritt als früher.

Eine wilde Mischung aus Nachricht, Halbwahrheit und Falschmeldung.

Richtig:
Der El Nino führt zu reduziertem Niederschlag in den Anden. Siehe z.B. Orlove et al. 2000 und GRID Arendal.

Falsch:
„der Lago Poopó, trocknet immer weiter aus“
Der See trocknet nicht „immer weiter“ aus, sondern fällt episodisch, also immer wieder trocken. Dies war in der Vergangenheit so und passiert auch heute. Zolá & Bengtsson 2006 dokumentierten, dass der See bereits 1994-1997, in den frühen 1940er und den frühen 1970er Jahren trocken fiel:

Today the maximum water depth of Lake Poopó may vary by 2–3 m from the state that the lake is dry. The lake may be considered a terminal lake. It rarely spills over. The last event of this kind occurred in 1986, and there is no evidence that it has occurred in the previous 80 years. Therefore salt accumulates in the lake. At the outlet sill level, the lake area is about 3000 km2. The outlet, when there is any flow, is the Laka Jawira River. The lake was dry between 1994 and 1997 and, according to local people, also dry or nearly dry in the early 1940s and in the early 1970s.

Auf Wikipedia lesen wir, dass eine kontinuierliche Wasserfüllung des Sees eher eine Ausnahme als den Normalfall darstellt:

The time period between 1975 and 1992 is the longest period in recent times with a continuous existence of a water body.

Falsch:
„Der fortschreitende Klimwandel sorgt für immer Regen im bolivianischen Hochland“
Richtig ist:
Valdivia et al. 2013 konnten keinen Trend im Jahresniederschlag auf dem Altiplano finden: „Statistical analysis of historical records of 14 meteorological stations in the Altiplano show some decline in the monthly rainfall for the early rainy season months (October through December), but no significant trends (p-value=0.6) in annual precipitation (Valdivia et al., 2010)“

Falsch:
„Experten vermuten aber, dass die Erderwärmung dazu führt, dass El Niño möglicherweise in kürzeren Abständen auftritt als früher.“
Richtig ist: Der Klimawandel hat bisher keinen Einfluss auf dieEl-Nino -Entwicklung der letzten 150 Jahre. Siehe „Kein Trend in der El Nino-Entwicklung der letzten 150 Jahre: Klimamodelle mit zukünftigem Dauer-El Nino können die Vergangenheit nicht reproduzieren„.

 

Siehe auch Beitrag im niederländischen Klimaatblog, der dort am 24. Januar 2016 erschien.

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Rotkäppchen und der Böse Wolf: Viele Jahrhunderte lang galten Wölfe und andere Raubtiere als Übel der Erde und wurden mit allen erdenklichen Mitteln bekämpft. Eine neue Studie fand jetzt jedoch, dass Raubtiere auch nützlich sein können. Sie helfen nämlich bei der Anpassung an den Klimawandel. Wie diese freundliche Dienstleistung funktioniert schilderte die kanadische University of British Columbia am 16. Dezember 2015 in einer Pressemiteilung:

Predators key to helping prey adapt to climate change

The key to helping animals evolve quickly in response to climate change could actually be their predators, according to a new UBC study.

“Not only can predators keep prey populations in check but in some cases they can help speed up the evolutionary response to climate change,” said Michelle Tseng, a research associate in UBC’s Department of Zoology and lead author of the study. “We now understand that species interactions and evolution can play a significant role in preventing animals from going extinct in a rapidly changing climate.”

For the experiment, Tseng and her colleague Mary O’Connor, an assistant professor in the Department of Zoology, studied a small crustacean known as the water flea or by its Latin name Daphnia. These tiny organisms are key members of freshwater ecosystems around the world, and healthy lakes are typically filled with Daphnia or other similar species.

In the experiments Daphnia did not show any evolutionary response to increased temperature when there were no predators in the environment. When they lived alongside their predators, in this case a predatory fly larva, Daphnia populations evolved very quickly to a three-degree increase in water temperature.

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