Pflanzen nehmen mehr CO2 auf als bislang gedacht

Fritz Vahrenholts monatliche Kolumne, 7.6.2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die globale Mitteltemperatur der satelittengestützen Messungen lag im Mai 2020 überraschend  deutlich höher als im April. Die globalen Temperaturen der Messreihen an Land und Meer gingen dagegen zurück. Der Unterschied erklärt sich durch die Tatsache, dass bei warmen El-Nino Bedingungen die Satelittenmessungen den erdgestützen Messungen etwa 2-3 Monate hinterherhinken. Von November 2019 bis März 2020 war eine mässiger El-Nino festzustellen, der nunmehr durch neutrale Bedingungen im Pazifik abgelöst worden ist. Daher ist damit zu rechnen, dass auch bei den satelittengestützen Messungen, die wir an dieser Stelle benutzen, in 2-3 Monaten ein Rückgang der Temperaturen festzustellen ist. Das Mittel des Temperaturanstiegs seit 1981 blieb mit 0,14 Grad Celsius pro Jahrzehnt unverändert. Die Sonnenfleckenzahl entsprach mit 0,2 den Erwartungen an das solare Minimum.

Die Erde wird grüner

Im August 2019 hatte ich auf diesem Wege über eine bemerkenswerte Veröffentlichung des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg berichtet.„Unsere zentrale Erkenntnis ist”, so die Forscher um Aexander Winkler damals, „dass der Effekt der CO2- Konzentration auf die terrestrische Photosynthese größer als zuvor gedacht ist und daher bedeutende Implikationen für den zukünftigen Kohlenstoffkreislauf hat.“ Der CO2- Dämpfungseffekt durch Pflanzen ist demnach 60 % höher als das Mittel der Klima-Modelle angenommen hatte. „In den letzten beiden Jahrzehnten entstanden im Mittel 310 000 km² zusätzliche Blatt- und Nadelfläche – ungefähr die Größe Polens oder Deutschlands – jedes Jahr,“ so die Forscher. Ich hatte diese wichtige Erkenntnis seinerzeit den Mitgliedern des Deutschen Bundestages mitgeteilt, was dazu führte, dass Stefan Rahmstorf meinte zu urteilen, dass ich „den deutschen Bundestag für dumm verkaufen wollte“. Diese Bewertung wurde von einigen Medien wie der TAZ aufgenommen und führte schliesslich zur Entlassung als Alleinvorstand der Deutschen Wildtier Stiftung.

Neue Bestätigung : die CO2-Aufnahme durch Pflanzen nimmt zu

Im April 2020 veröffentlichte eine Forschergruppe um die australische Wissenschaftlerin  Vanessa Haverd eine Publikation in Global Change Biology, die die Erkenntnisse des Max-Planck-Instituts mehr als bestätigte. Die Forscher beschreiben, dass die Pflanzen seit 1900 30 % mehr CO2 aufgenommen haben. Die bisherigen Schätzungen beliefen sich auf 17%. Die Forscher um Vanessa Haverd kommen in ihrer Berechnung für einen milden Anstieg des CO2 in diesem Jahrhundert ( Szenario 2.6 des IPCC) auf eine Nettoaufnahme der Pflanzen von 528 Milliarden Tonnen CO2 gegenüber den bisher von den Klimamodellen berechneten 238 Milliarden Tonnen CO2 bis zum Jahre 2100. Das ist nach Adam Riese mehr als doppelt soviel. Zum Vergleich : Im Szenario 2.6 werden insgesamt 1000 Milliarden Tonnen CO2 (IPCC, Kap. 6, S 468) in diesem Jahrhundert ausgestossen. Heute nimmt die Pflanzenwelt etwa 30 % des anthropogenen CO2 jährlich auf, die Ozeane weitere 24 %.

Dagegen lautet die Aussage des IPCC in seinem letzten Bericht aus dem Jahre 2013 (S.26 der Summary for Policymakers) diametral anders :“Basierend auf Erdsystem-Modellen gibt es hohe Konfidenz, dass das Feedback zwischen Klimaentwicklung und Kohlenstoffkreislauf im 21. Jahrhundert positiv ist. Als Resultat wird mehr des emittierten anthropogenen CO2 in der Atmosphäre verbleiben.“ Vielleicht sollte ich noch einmal an den Deutschen Bundestag schreiben.

Herzlichst Ihr

Fritz Vahrenholt



Pflanzen nehmen mehr CO2 auf als bislang gedacht

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