Herbst der Hasardeure

Fragen wir die schlaue Wikipedia doch einmal, was ein Hasardeur ist.

“Ein Hasardeur ist ein Mensch, der unkalkulierbare hohe Risiken eingeht und dabei seine Sicherheit weniger eigener Einsicht und eigenem Können als einem wohlgesinnten Schicksal überantwortet. Er stellt sachliche Analysen der realen Gefahrenlage und Überlegungen zu den Folgen seines Tuns hinten an und spielt damit leichtsinnig mit seinem und anderer Menschen Leben bzw. Hab und Gut.”

Anna Veronika Wendland bilanziert die Politik im Herbst 2022. Ihr Urteil fällt dabei nicht gut, wenn man den Kommentar bei Salonkolumnisten liest.

“Denn mit Kompetenz, im Wortsinn „fachlicher Zuständigkeit“, hat die erratische Energiepolitik der Bundesregierung eben gerade nichts zu tun. Es zeigt sich vielmehr seit Beginn der Krise, dass Kompetenz und Expertise dieser Regierung unwillkommen sind. Während unser Land mitten in einer existenzbedrohenden Energiekrise steckt, sind Parteibefindlichkeiten und Profilierungssucht die Treiber der Entscheidungen – deren Inhalt, Folgen, Nebenwirkungen den Akteuren völlig egal zu sein scheinen. Gas-Umlage oder Preisdeckel? Sechs oder zwei oder doch lieber drei AKW?  Egal.”

Sie spricht verpasste Chancen an:

“Während sieben Monaten hätten Scholz, Habeck und Lindner alle Zeit der Welt gehabt, mit ruhiger Hand eine integrierte Energiestrategie aufzulegen, die den neuen Randbedingungen Rechnung trägt, ohne die Klimaziele aufzugeben – denn dafür, das ist fast schon vergessen, wurde diese Ampelregierung gewählt. Man hätte schon im März mit Verweis auf die multiple Notstandssituation aus Klimakrise, Krieg und Energieknappheit die Tabus aller Beteiligten abräumen können: den Atomausstieg bei Grünen und SPD, die Schuldenbremse und das Nein zum Tempolimit bei den Liberalen.”

Wendland beschreibt auch, was die Regierung ihrer Meinung nach am besten kann: aussitzen.

“Stattdessen bekamen wir ein halbes Jahr des Aussitzens, Verzögerns, Hinhaltens, Nebenkerzenwerfens, in dem sich aus Robert Habecks Wirtschaftsministerium ein steter Strom von Desinformation über unsere Kernkraftwerke ins Land ergoss – Desinformation, die teils auf Ignoranz beruhte, teils auf Kalkül. Dazu gehörten falsche Aussagen über den Wartungs- und Prüfzustand der Anlagen, über den Charakter einer gegebenenfalls nachzuholenden periodischen Sicherheitsüberprüfung, über den Stromertrag eines Streckbetriebs.”

So geht es weiter, egal ob die Willkür irgendwelcher Ausstiegstermine, die eher dem Wahlkampf und Parteitagen geschuldet sind, aber nicht dem Ernst der Lage oder andere Kunststücke der Ampel.
Habeck, Lindner und Scholz kommen nicht gut weg in ihrer Bilanz.

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Autodiebe verschmähen Elektroautos. Das berichtet Golem. Ein Grund dürfte die bisher überschaubare Verbreitung sein, aber auch, dass Auftragsdiebstahl gern aus Osteuropa geordert werden und dort ist das Thema E-Auto noch weit zurück. Die Infrastruktur fehlt schlicht. Diebe müssen außerdem reichlich Zeit mitbringen, wenn sie die Wagen einige Tausend Kilometer ins Ausland transportieren wollen.

“Ein weiterer Grund, der den Diebstahl von Elektroautos erschweren dürfte: Verschiedene Umfragen unter Fahrern von Elektroautos haben ergeben, dass drei Viertel von ihnen ihr Elektroauto zu Hause aufladen können. Das bedeutet, dass die Fahrzeuge nachts in den meisten Fällen in einer abgeschlossenen Garage oder auf einem privaten Grundstück stehen dürften. Eine zusätzliche Hürde, die die Diebe überwinden müssen. Hängt das Auto während des Diebstahls gar an der Wallbox, bedeutet das weiteren Aufwand.”

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Laut Eurotransport beendet Hyundai sein Wasserstoff-LKW Experiment. Der Grund ist der Mangel an grünem Wasserstoff. Der Artikel ist ein Bezahlartikel.

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Laut ZDF-Politbarometer liegt der Anteil der Befragten, die die deutschen Kernkraftwerke zum 31.12.2022 abschalten wollen bei nur noch 8%.

(Abbildung: Screenshot ZDF.de)

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Der Kampf um deutsche Äcker wird immer härter. Es rangeln nicht nur Landbau, Energiepflanzen Windkraft oder Photovoltaik um Flächen sondern jetzt auch Blühstreifen. Nach einer Pressemitteilung des Thünen-Instituts könnte eine Verdoppelung der Fläche für Blühstreifen 240.000 Tonnen zusätzliches CO2 speichern. Was das Institut nicht sagt: Deutschland fehlt jetzt schon rechnerisch Ackerfläche, damit sich das Land theoretisch allein ernähren kann. Jede Fläche, die hier wegfällt, verlagert das Problem nur ins Ausland. Warum wird eigentlich regelmäßig zu kurz gesprungen bei solchen Überlegungen?

“Um die längerfristige Humuswirkung von Blühstreifen deutschlandweit abschätzen zu können, benutzten die Forscher ein Modell und einen Datensatz, der im Zuge der Bodenzustandserhebung Landwirtschaft gewonnen wurde. Auf jedem von insgesamt 1500 Ackerstandorten, für die die Bewirtschaftung der letzten 10 Jahre sowie Bodenkohlenstoffvorräte bekannt waren, ließen sie alle 23 Blühstreifen fiktiv wachsen.

Im Mittel ergab sich daraus für die nächsten 20 Jahre eine jährliche Kohlenstoffanreicherung von 0,5 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar Blühstreifen (entspricht 1,8 Tonnen CO2), vorausgesetzt die Blühstreifen würden über längere Zeiträume bestehen bleiben. Christopher Poeplau erläutert die Dimension: „Zurzeit sind rund 1 % der deutschen Ackerfläche mit Blühstreifen bewachsen. Wenn noch einmal 1 % hinzukämen, könnten dadurch jährlich zusätzlich 240.000 Tonnen CO2 im Boden gebunden werden.

Dies entspricht knapp 0,5 % der jährlichen Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft.“ Hinzu kommt der Klimaschutzeffekt der ausbleibenden Düngung auf den Blühstreifen. In den Streifen wachsen Blühmischungen, die – staatlich gefördert – im Rahmen von Agrarumwelt- oder Naturschutzmaßnahmen eingesät werden und in erster Linie die Vielfalt von Pflanzen und blütenbestäubenden Insekten erhöhen sollen. Der positive Klimaeffekt lässt sie nun noch attraktiver escheinen.”

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Greta Thunberg scheint schlau genug zu sein, zu erkennen wann es Zeit ist, sich zurückzuziehen. Laut Welt will sie das Mikrophone nun weitergeben.

“Greta Thunberg sieht ihre künftige Rolle in der Klimabewegung eher im Hintergrund. „Ich mache noch viel, bin aber nicht mehr so sichtbar in den Medien“, sagte sie der „Brigitte Green“. „Denn es gibt Leute, bei denen es dringlicher ist, dass sie gehört werden – jene, die am stärksten vom Klimanotstand betroffen sind wie die Länder des globalen Südens. Es ist Zeit, das Mikrofon weiterzureichen.“”

Vielleicht hat die junge Schwedin auch einfach realisiert, wer bei Fridays For Future mittlerweile alles Huckepack mitläuft.

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