Die fehlerhafte Recherche von Correktiv über Clintel

Fritz Vahrenholts monatliche Kolumne, 18.10.2019

Sehr geehrte Damen und Herren,

In meinem letzten Newsletter habe ich auf die Deklaration der 500 Wissenschaftler und Experten hingewiesen. Heute, am 18.10., werden in Oslo die weiteren Schritte und der Stand der Unterschriften vorgestellt. Es sind jetzt 700 Unterzeichner, einer davon ein Nobelpreisträger für Physik, Ivan Giaever.

Es war zu erwarten, dass diese Initative mit allen Mitteln bekämpft wird. Besonders hervorgetan hat sich die Medien-Plattform Correctiv, die versuchte, der Deklaration Fehler anzuhängen, und dabei schmählich scheiterte.
Ich habe den Chefredakteur, Herrn Schraven,angeschrieben:

„Die Recherche kritisiert schon in der Überschrift , es hätten keine „500 Wissenschaftler unterzeichnet“. Das ist auch nie behauptet worden. „A group of 500 prominent scientists and professionals“ heisst es am Anfang der Deklaration. Dann wird hervorgehoben, dass es besonders viele emeritierte und retired Unterzeichner gäbe. Haben sich die Rechercheure mal gefragt, woher das kommen mag? Ich behaupte, das dies  ein höheres Maß an Unabhängigkeit mit sich bringt, auch von staatlicher Förderung, ebenso keine  Rücksichtnahme auf die anvertrauten Diplomanden und Doktoranden und deren Zukunft. Diese Personen können freier, ohne Rücksicht auf den nächsten Karriereschritt, die nächste Berufung, die nächste anstehende Verlängerung des Arbeitsvertrages ihre wissenschaftliche Position kundtun. In der Sache ist die Recherche beschämend schlecht.

1. Behauptung
Natürliche wie auch anthropogene Faktoren verursachen Erwärmung
.

Auf die entscheidende Kritik, wonach das IPCC die Klimaerwärmung seit 1850 dem menschlichen Einfluss vollständig zuschreibt, wird nicht eingegangen. Da wird mit der NASA argumentiert, die schreibt , das zu den wichtigen Klimafaktoren im Industriezeitalter sowohl menschliche Aktivitäten als auch in geringerem  Masse solche natürlichen Ursprungs zaehlen.

1:0 für die Unterzeichner. Einige von uns sagen,  weniger als 50 %, einige andere sagen etwas mehr als 50 % sind durch menschlicher Aktivitaeten bedingt. Aber einig sind wir uns: 100 % menschengemachter Klimawandel ist falsch. Und dann mit folgendem Zitat des Umweltbundesamtes zu entgegnen, ist lächerlich:

„Seit der Industrialisierung werden jedoch deutliche überregionale und globale Änderungen im Stoffhaushalt der Atmosphäre als Folge des menschlichen Wirkens beobachtet“. Wer bezweifelt denn das ? Dass die CO2- Konzentration zugenommen hat, ist doch unbestritten. Die Frage ist doch, wieviel des festgestellten Erwärmungseffektes von etwa 1 Grad seit der Kleinen Eiszeit bewirkt diese CO2-Zunahme.

Aber der Knüller kommt im letzten Satz. Correctiv fuehrt an, dass nach Ansicht der Forscher des Potsdam-Instituts CO2-Emissionen die nächste Eiszeit mindestens 100 000 Jahre aufschieben koennten. „Mindestens“ ist richtig schön. Fragen Sie mal die Klimawissenschaftler wie Prof. Hans von Storch oder Prof. Marotzke oder Prof. Björn Stevens, was sie von einer solchen Aussage von Herrn Schellnhuber vom Potsdam Institut halten . Das ist der gleiche Schellnhuber , der 2009 behauptet hat, dass 2035 die Gletscher des Himalaya verschwunden seien. Der gleiche Schellnhuber behauptet, dass bis 2100 die Erwärmung 4-5 Grad Celsius bei business as usual betragen wird. Das behauptet kaum ein Wissenschaftler des IPCC. Aber er ist IHR Kronzeuge gegen die  500 kritischen Unterzeichner der Deklaration.

2. Behauptung
Die Welt hat sich weniger als die Hälfte der ursprünglich vorhergesagten Rate erwärmt… wir sind weit davon entfernt den Klimawandel zu verstehen.

Da kommen Ihre Rechercheure nicht weiter, weil auch die Helfer vom Potsdam-Institut ratlos waren. Daher geben die Rechercheure an, die Quellen nicht zu kennen. Es ist so einfach : gehen Sie einfach ins Netz dann finden Sie Folgendes (Quelle: Nir Shaviv, 2019).

3. Behauptung
Klimapolitik stützt sich auf inadequate Modelle

Diese Behautung erledigt sich eigentlich schon mit der eben gezeigten Grafik.  Interessant ist aber , dass Rechercheure , die die Triftigkeit einer These prüfen wollen, bei demjenigen anfragen, gegen den diese These zu Felde geführt wird. ( in diesem Fall das Potsdam-Institut). Man sollte nicht die Frösche fragen, wenn man eine Tümpel trocken legen will. Und wie toll die Antwort der Pressesprecherin des Potsdam-Instituts ist : „die Erwärmung läuft so ziemlich genauso ab wie vorhergesagt“. Jetzt schauen Sie auf die 102 Modelle  ( unten) und insbesondere auf die roten und blauen Balken. Das sind die gemessenen Werte. Ist so ziemlich genau wie vorhergesagt, nicht wahr ! Es ist schlimm, das Sie zum Ergebnis kommen : „Dass die Klimaforschung generell unplausibel oder mangelhaft sei, ist demnach nicht richtig.“  Das ist also eine correctiv- Schlussfolgerung. Nein , Modelle, die so daneben liegen, sind unplausibel und mangelhaft. Denn immerhin erwartet doch die Klimaforschung, dass die Politik auf Grund dieser mangelhaften Ergebnisse, massive Eingriffe in die Industriegesellschaft vornimmt.

Ein einziges Model liegt unterhalb der Messungen; es stammt aus Russland. Noch einmal zum Verständnis : Die Modelle geben eine hinter uns liegende Temperaturentwicklung mit 50-100% falsch wieder. Und die sagen dann aber die Zukunft richtig voraus, schon klar. Man könnte auch boshaft sagen, die Modelle werden so getuned, dass sie am Ende des Jahrhunderts die gewünschten 2-3,5 Grad Celsius erreichen, auch wenn sie heute danebenliegen. Hauptsache sie verbreiten die notwendige Panik.

4.CO2 ist pflanzliche Nahrung, die Grundlage alles Lebens

Die Deklaration sagt : „Zusätzliches CO2 in der Luft hat das Wachstum der globalen pflanzlichen Biomasse gefördert. Es ist auch gut für die Landwirtschaft, da es die Erträge der Pflanzen weltweit erhöht“. Daran ist nichts und rein gar nichts falsch. Die Erde wird grüner. Das zeigen Satellitenbilder eindeutig. Etwa auf einem Viertel bis zur Hälfte der bewachsenen Gebiete  der Erde hat sich die Vergrünung breit gemacht.

Sie schreiben aber mit Bezug auf ein aktivistisches Portal  „ dass mehr CO2 gut für die Landwirtschaft ist“ sei, wie im Brief behauptet, „nicht richtig“. Sie zitieren einen Professor aus dem Jahre 2009. Aber vielleicht überzeugt Sie diese Grafik.

Wie Sie sehen, steigt die Photosynthese bei Reis, Weizen und Bäumen zwischen 200 und 600 ppm CO2 fast linear. Unter 200 ppm stellen die Pflanzen die Photosynthese ein. In einer im Februar diesen Jahres erschienenen Studie  stellen Alexander Winkler und Victor Brovkin vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und Ranga Myeni vom Department of Earth and Environment der Boston University fest : “Diese Modelle, welche die wissenschaftliche Basis für die IPCC Assessment Reports sind, unterschätzen wahrscheinlich auch die zukünftige Kohlenstoffaufnahme durch Photosynthese – ein zentraler Aspekt für Klimaprojektionen. In den letzten beiden Jahrzehnten entstanden im Mittel 310 000 km² zusätzliche Blatt- und Nadelfläche,-ungefähr die Größe Polens oder Deutschlands – jedes Jahr.“

„Unsere zentrale Erkenntnis ist”, so die Forscher weiter, „dass der Effekt der CO2- Konzentration auf die terrestrische Photosynthese größer als zuvor gedacht ist und daher bedeutende Implikationen für den zukünftigen Kohlenstoffkreislauf hat.“ Dieser Effekt beträgt etwa 4  Milliarden zusätzliches CO2 , das aufgenommen wird und zwar jährlich. Das entspricht der Gesamtemission an CO2 durch die EU – jährlich.

Der CO2- Dämpfungseffekt ist 60 % höher als das Mittel der Modelle angenommen hatte bei einer Verdoppelung von 280 ppm auf 560 ppm CO2. Und die Realität gibt den Forschern Recht. Schon heute verbleiben nur 46 % CO2 in der Atmosphäre, 24 % in den Ozeanen und 30 % auf Land und in Pflanzen.Übrigens die Sahel Zone wird grüner, die Sahara schrumpft. Wollen wir das mal der Öffentlichkeit sagen ?

5. Die globale Erwärmung hat die Zahl der Naturkatastrophen nicht erhöht

Das sagt sogar das IPCC in seinem Bericht von 2013. Aber das Recherche-Team stützt sich lieber auf staatliche Stellen wie das Umweltbundesamt, die wissen es ja immer richtig. Und dagegen Kritik zu üben, darf man auch nicht zulassen.
Die Grafiken, die die Position der Deklaration stuetzen finden Sie hier bei Tichys Einblick . Aber der Vogel wird dann abgeschossen, wenn es um den Schutz der Windindustrie durch Ihr Team geht :

„Eine abschließende Beurteilung zum Ausmaß des Schadens für Vögel oder Fledermäuse durch Windenergie ist nicht möglich, wie wir recherchiert haben.“

12.000 Greifvögel und 240.000 Fledermaeuse werden der Studie des ehemaligen Leiters der Vogelschutzwarte Hessen-Rheinland-Pfalz-Saarland zufolge jaehrlich durch Windkraftanlagen in Deutschland getoetet. Googeln Sie mal hier.

Eine Studie im Auftrag des Bundesministers für Wirtschaft kommt zum Ergebnis, dass der Rotmilan und der Mäusebussard bestandsgefährdet sind durch Windkraftanlagen. Und dabei hat die Studie noch nicht einmal den geplanten Ausbau auf das Dreifache in den nächsten Jahren einberechnet, sondern nur den heutigen Bestand zugrundegelegt.

Zur 6. These “Klimapolitik muss wissenschaftliche und wirtschaftliche Realitäten respektieren
sagt Correctiv nichts. Das wäre ja eine Meinung. Na ja.

Ihr Fazit: „Die Aussagen – sind bis auf zwei (welche denn, liebes Team) – zwar in Teilen richtig, sie lassen aber oft den zentralen Kontext aus, etwa zur bisheriger Forschung oder der Einschätzung offizieller Stellen.“ Genau! – die des Potsdam-Instituts und des Umweltbundesamtes. So macht Journalismus doch Spaß: Nicht den „offiziellen Stellen“ kritische Fragen stellen, sondern brav das wiedergeben, was diese Ihnen erzählen, dagegen aber diejenigen in Misskredit bringen, die es wagen, den „offiziellen Stellen“ zu widersprechen.“

Herzlichst Ihr
Fritz Vahrenholt



Teilen: