Boris Johnson: 25% Strom aus Kernenergie als Ziel

Man fühlte sich bei der Sendung Hart aber Fair vom 21.03.2022 an einen alten Witz über die Schwaben erinnert. Ein Bettler klingelt in Schwaben an der Haustür, die Hausherrin öffnet. Der Bettler: Ich habe seit 3 Tagen nicht gegessen! Die Hausherrin: Sie müssen sich zwingen!!

(Abbildung: Screenshot ARD-Mediathek)

Es ging um die Energiepreise und Frank Plasberg hatte eine bunte Runde eingeladen. Zu ihr gehörten der neue Energie-Experte der CDU und ehemalige Gesundheitsminister Spahn, Finanzminister Lindner, ein Journalist des Focus, eine Reinigungskraft und Claudia Kemfert. Und Kemfert verfuhr mit guten Ratschlägen wie: Spare in der Not, dann hast Du Zeit dazu. Da war sie allerdings bei der geringverdienende Reinigungskraft Susanne Holtkotte an der falschen Adresse. Sie spare bereits, wo es nur gehe, noch mehr sparen hieße frieren, so zitiert der Westen sie.

Die Lebensrealitäten der beiden Frauen liegen offenbar weit auseinander. Vermutlich kann man sich den täglichen Kampf, den Menschen wie Susanne Holtkotte führen müssen, mit gut dotierter Stelle nicht wirklich vorstellen. Kemfert jedenfalls meinte, wie wären einfach nur zu bequem und wohlstandsverwöhnt. So wie die Hausfrau in Schwaben dem Bettler rät, sich doch endlich mal zum Essen zu zwingen.

Sie hatte noch weitere Vorschläge: Die Preise für den öffentlichen Nahverkehr einfach halbieren. Es ist nicht klar, ob die Ökonomin weiß, wie sich der öffentliche Nachverkehr finanziert. Fahrkarten jedenfalls tragen nur zu einem Teil zu den Erlösen bei. Ein beträchtlicher Teil stammt aus Mitteln der Städte und Kommunen, die meist über Tochterunternehmen die Betreiber des Verkehrs sind. Anders gesagt, bei einer Reduzierung des Fahrkartenanteils muss dieser anderweitig aufgebracht werden. Die Zuschüsse der Kommunen müssten in dem Fall größer werden. Möglicherweise aber folgt Kemfert hier ihrer eigenen Logik, indem sie solche Kosten einfach als Investitionen deklariert? Das hat sie bei den Kosten der Energiewende auch schon gemacht und es hat seinerzeit bei Kollegen von Kemfert heftiges Kopfschütteln verursacht. Wir berichteten. Die FAZ kommentiert die Sendung ebenfalls:

“Die Energie-Expertin sieht jetzt den Moment gekommen, der Verschwendung einen Riegel vorzuschieben, sprich: Tempolimit, autofreier Sonntag („jede vierte Fahrt ist eine Freizeit-Fahrt“), mehr Fahrrad fahren, Heizung runter. Ein Vorschlag, den Susanne Holtkotte leider auf sich bezog und aus der Haut fuhr: Sie spare wo sie könne, mehr ginge nicht. Würde sie die Heizung noch weiter runterdrehen, müsse sie einen Pelzmantel anziehen. Dabei traf Kemfert einen wichtigen Punkt: Wer es sich leisten kann, sollte seinen Konsum kritisch hinterfragen. Vielleicht muss ja nicht jedes Zimmer in einer 200-Quadratmeter-Wohnung kuschelig warm sein. Geringverdiener wie Susanne Holtkotte jedenfalls bezahlen schon jetzt einen zu hohen Preis.”

Plasberg jedenfalls schien den Ton ganz gut getroffen zu haben. Als Kemfert ihre bekannten Verslein aufsagen wollte, unterbrach er sie, weil es nicht um die Energiewende an sich gehen sollte, sondern um die aktuelle Situation. Das gefiel Fans von Kemfert offenbar nicht, vielleicht hatten die aber den Titel der Sendung nicht verstanden?

(Abbildung: Screenshot Twitter)

Immerhin versprach Plasberg, dass er über das Thema Energiewende noch eine eigene Sendung plane. Vielleicht ist seine Redaktion dann so schlau und lädt kompetente Gäste ein, die die Thesen von Kemfert live kritisch hinterfragen. Man mag es kaum glauben, aber es gibt solche Experten.
Man sieht sie nur fast nie im TV.

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Das Vereinigte Königreich geht einen anderen Weg als Deutschland. Der Guardian berichtet, dass Premierminister Johnson plant, 25% der elektrischen Energie aus Kernenergie zu gewinnen. Die Briten gehen von einem steigendem Strombedarf aus.

“Johnson on Monday met executives from major nuclear utilities and technology companies including the UK’s Rolls-Royce, France’s EDF, and the US’s Westinghouse and Bechtel to discuss ways of helping to speed up the development of new nuclear power stations.

The UK generates about 16% of its power from nuclear power stations, but several reactors are slated for closure, while electricity demand is expected to rise steadily in the next decade. That would mean large investments in new power stations would be required just to keep the share of nuclear constant, let alone increase it to a record level of just over a quarter of electricity use.”

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Es klingt wie das nächste Kapitel bei der Deindustrialisierung Deutschlands. Der Krieg in der Ukraine trägt nun noch seinen Teil dazu bei. Der größte deutsche Aluminium-Hersteller Trimet muss seine Produktion halbieren, wie die Welt berichtet.

„Durch den weiteren Anstieg der Energiepreise infolge des Krieges in der Ukraine hat sich die Situation dramatisch zugespitzt. Das zwingt uns zu weiteren Anpassungen“, sagt Vorstandschef Philipp Schlüter gegenüber WELT AM SONNTAG und kündigt an: „Wir werden die Produktion der Aluminiumhütte am Standort Essen in den kommenden Wochen auf rund 50 Prozent der Produktionskapazität drosseln.“

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Das Forschungszentrum Jülich hat eine Studie zur Energieversorgung ohne russisches Erdgas veröffentlicht. Die Forscher unterscheiden in kurzfristige, mittel- und langfristige Möglichkeiten, um sich von der Abhängigkeit zu befreien. Selbst bei Maßnahmen wie dem Absenken der Raumtemperaturen und der zusätzlichen Verstromung durch Kohle oder Biomasse sieht die Studie eine kurzfristige Importlücke von 336 TWh.

Eine Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken sieht die Studie übrigens nicht vor, dabei wäre das bei gerade diesem Forschungszentrum doch naheliegend. Hat man hier schon resigniert oder trauen sich die Forscher schlicht nicht? Es würde jedenfalls den Anteil der zusätzlichen Kohleverstromung gewaltig senken. Interessanterweise rechnen die Jülicher Forscher mit einem Zeitraum von 25 Jahren in der langfristigen Betrachtung. Das ist deutlich länger als es einige Protagonisten wie Kemfert oder Fell momentan weißmachen wollen. Nach Fell kann Deutschland schon in 8 Jahren komplett autark sein bei der gesamten Energie. Nun gut, Fell hat auch schon die moderne 5GW Windräder erfunden, jedenfalls für kurze Zeit. Die Kosten innerhalb dieser Transformationsperiode kalkulieren die Forscher mit 1 Billion Euro.

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Lesepost von Dipl. Ing. Martin Krohn:

Betreff: Krater am Meeresgrund, perfekte Zeiten zum Wäschewaschen

Sehr geehrte Damen und Herren,

hier einige Anmerkungen zum Blog vom 21.03.2022. Einmal wurde über „Krater auf dem Meeresgrund“ berichtet und ähnliche Krater an Land, welche dem Klimawandel zugeschrieben werden. In dem Welt-Artikel auf welchem die Meldung verweist, wird auf den abtauenden Permafrost verwiesen, wodurch sich die Landschaft verformt und Gebäude unbewohnbar werden und Straßen nicht mehr zu befahren sind.

Krater entstehen auf der Erde und anderen Himmelskörpern durch Meteoriteneinschläge verursacht oder durch vulkanische Aktivitäten. Die Krater sind rund oder nahezu rund und haben die Form eines Kegelstumpfes. Ein Großteil der älteren Krater auf der Erde ist heute aufgrund von Erosion nicht mehr sichtbar. Diese können jedoch durch Analyse der Bodenschichtungen oft noch nachgewiesen werden.

Durch das Auftauen der Permafrostböden mag es sicherlich zu Verwerfungen kommen, abhängig von den Bodenzusammensetzungen. Ob man dabei jedoch von Kratern sprechen kann ist fraglich. Außerdem dürften diese Verwerfungen nicht die Größenordnung von den Kratern nach den o. g. Ursachen aufweisen.

Doch es ist schon erstaunlich, dass wieder einmal der Klimawandel herangezogen wird. Bereits im Mittelalter gab es eine Klimaerwärmung, welche etwa 500 Jahre angedauert hat. Die Temperaturen lagen wohl noch etwas über dem heutigen Niveau. Auch damals sind im auftauenden Permafrost sicherlich Verwerfungen entstanden. Ein völlig normaler Zustand. Grundsätzlich ist zu sagen: Klimawandel ist Normalzustand.

In einem weiteren Bericht im Blog wird auf die Zeiten eingegangen, zu welchen die Erneuerbaren Energien (Wind und Sonne) ausreichende Strommengen liefern – auf Stunden heruntergebrochen. In seiner Twitter-Meldung gab Herr Bruno Burger an, das seien gute Zeiten zum Wäsche waschen und zum E-Auto aufladen. Ich frage mich, wie das funktionieren soll. Was wird der Chef sagen, wenn ein Mitarbeiter ankündigt, er kann nicht zur Arbeit kommen, da jetzt Wind weht und er Wäsche waschen muss? Oder noch krasser, wenn die Feuerwehr zu einem Großbrand gerufen wird und sagen muss: „Wir kommen in zwei Tagen, dann sind nach Wetterbericht unsere E-Fahrzeuge aufgeladen“.

Viele Grüße

Dipl. Ing. Martin Krohn

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