Wolken-Rätsel XY ungelöst

Gleich zu Jahresbeginn 2014 meldete t-online eine kleine, nein, eine richtig große Sensation:

Klimawandel: Das Wolken-Rätsel ist wohl gelöst
[…] [Die] Klimasensitivität […] besagt, wie groß die Erwärmung ausfällt, wenn sich die Treibhausgas-Konzentration auf 560 ppm verdoppelt. Laut dem jüngsten Bericht des Uno-Klimarats IPCC wäre dann eine Erwärmung zwischen 1,5 und 4,5 Grad zu erwarten. Wie hoch der Wert genau ausfallen wird, entscheiden zu großen Teilen die Wolken – und ausgerechnet sie sind besonders schwierig zu berechnen. […] Jetzt aber will ein australisch-französisches Forscherteam das Rätsel gelöst haben. Und die Ergebnisse, die jetzt im Fachblatt „Nature“ veröffentlicht wurden, verheißen nichts Gutes. Der Effekt der Wolken auf die Erwärmung sei unterschätzt worden, schreiben die Wissenschaftler um Steven Sherwood von der australischen University of New South Wales. Die Verdopplung des Kohlendioxids werde die Atmosphäre im globalen Durchschnitt nicht um 1,5 bis 4,5, sondern um 3 bis 5 Grad erhitzen.

Geschrieben hat die Meldung der Spiegel Online Redakteur Markus Becker. Hat er die Nature-Arbeit von Sherwood et al. richtig eingestuft? Die Arbeit stellt sich auf jeden Fall gegen den aktuellen Forschungstrend. Fast monatlich werden derzeit neue Studienergebnisse veröffentlicht, die eine deutlich geringere CO2-Klimasensitivität errechnen, als bislang vom IPCC angenommen (siehe Artikelübersicht hier). Zudem schießen die aktuellen IPCC-Modelle bekanntlich weit über die reale Temperaturentwicklung hinaus (Abbildung 1).

Abbildung 1: Prognosen der IPCC-Klimamodelle (dünne farbig Linien) schießen meilenweit über die reale Temperaturentwicklung (blaue und grüne Punkte) hinaus (Abbildungsquelle). Offensichtlich ist die CO2-Klimawirkung zu hoch angesetzt worden. Sherwood et al. behaupten das Gegenteil: Das CO2 wäre sogar noch klimawirksamer als bislang gedacht. Die verrückte Welt der Klimamodellierung…

 

Wie begründen Sherwood und Kollegen also ihre Außenseiterposition? Lesen wir hierzu kurz auf t-online weiter:

Der Schlüssel der neuen Berechnung liegt nach Angaben der Forscher in der Wirkung der Klimaerwärmung auf die Wolkenbildung. Beobachtungen hätten gezeigt, dass höhere Temperaturen über dem tropischen Meer zu einer schwächeren Wolkenentstehung in geringer Höhe führten. Auf diese Weise erreiche mehr Sonnenlicht die Oberfläche und führe so zu einer noch stärkeren Erwärmung.

Interessant. Eine Klimaerwärmung wird vermutlich zu einer Steigerung des Wasserdampf-Gehaltes in der Atmosphäre führen. Das klingt plausibel. Wenn man einen Topf Wasser auf eine heiße Herdplatte stellt, entsteht jede Menge Wasserdampf. Der vermutete Wasserdampf-Anstieg dient in den Klimamodellen derzeit als wichtiger Verstärker der CO2-Klimawirkung. Allerdings: Mehr Wasserdampf könnte auch zu mehr tiefen Wolken führen, die wiederum kühlend wirken. Der Wiki-Bildungsserver erklärt:

Wolken spielen bei Änderungen des Klimas eine besondere, schwer zu bestimmende Rolle. Ihre schnelle Veränderlichkeit, unterschiedliche Gestalt, verschiedene Höhe, differenzierte Reaktion auf Temperatur- und Strahlungsänderungen und ihre zahlreichen und gegensätzlichen Rückwirkungen auf Strahlung und Temperatur machen es äußerst schwierig, sie in Computermodellrechnungen angemessen zu berücksichtigen. Höhere Temperaturen können zur Wolkenauflösung führen. Andererseits kann eine wärmere Atmosphäre mehr Wasserdampf durch Verdunstung aufnehmen, was die Wolkenbildung begünstigen kann. Tiefe und dichte Stratuswolken reflektieren tagsüber die Sonnenstrahlung und wirken abkühlend, während sie nachts die Wärmestrahlung vom Erdboden reflektieren und erwärmend wirken. Hohe Cirruswolken lassen die Sonneneinstrahlung weitgehend passieren, nicht aber die von unten kommenden Wärmestrahlen.

Das Sherwood-Team behauptet nun also, das Rätsel wäre gelöst. Ein wärmeres Klima führt zu weniger Wolken und in der Folge zu noch mehr Erwärmung. Wir leben in einer freien westlichen Welt, und da kann jeder seine Meinung frei äußern. Aus wissenschaftlicher Sicht sieht es für Sherwood & Co. jedoch weniger gut aus. Eine Vielzahl von Arbeiten sieht die Situation anders. Mitte 2012 hatten wir bereits an dieser Stelle über eine solche Studie berichtet (siehe unseren Blogartikel „Wolken kühlen Südamerika ab: Schlechte Karten für den Wolkenverstärker des IPCC„).

Auch eine südkoreanische Forschergruppe um Heeje Cho fand für die Wolken im tropischen Pazifik eher eine wärmedämpfende Wirkung. Die Energieabstrahlung in den Weltraum steigerte sich mit jedem Grad Erwärmung des untersuchten Ozeangebietes. Die Arbeit erschien im September 2012 in den Geophysical Research Letters. Ebenfalls im Jahr 2012 erschien im Journal of Climate eine Arbeit einer Gruppe vom Lawrence Livermore National Lab um Peter Caldwell. Auch diese Autoren fanden für die Wolken Hinweise auf eine negative Rückkopplung, das heißt eine wärmedämpfende Rolle.

In dieser Richtung äußerte sich auch der Wolkenexperte Greg Holland vom US-amerikanischen National Center for Atmospheric Research:

„The current consensus on this from the IPCC is that the clouds are in the net warming. Not real sure. There is a possibility that the other effects are dominating and they could be cooling. So this is one of those areas that we need to know a lot more.“

Nun könnte man einfach einmal nachprüfen, wie sich die Wolkenbedeckung in den letzten Jahrzehnten so entwickelt hat. Seit 1980 ist es immerhin um ein halbes Grad wärmer geworden, da sollte doch schon der postulierte Wolkenrückgang zu verzeichnen sein. Und in der Tat: Im Journal of Climate erschien 2012 eine Arbeit von Ryan Eastman und Stephen Warren, die eine leichte globale Abnahme der Wolkenbedeckung in den letzten 40 Jahren feststellte. Schon hört man die Anhänger der Klimakatastrophe rufen: Da ist doch der Beweis! Aber halt, nicht so schnell. Gehen nun die Wolken zurück, weil es wärmer geworden ist, oder ist es wärmer geworden, weil die Wolken abgenommen haben? Der geneigte Leser sei hier auf unsere ausführliche Diskussion des Problems in einem früheren Blogartikel verwiesen („Erwärmung durch weniger Wolken oder weniger Wolken durch Erwärmung?„; siehe auch Beitrag von Willis Eschenbach auf WUWT). Auch in Eurasien war dieses Phänomen zu erkennen, wie eine Studie aus 2012 von Qiuhong Tang und Guoyong Leng in den Environmental Research Letters zeigte. In Gebieten, in denen die Temperaturen stiegen, ging die Wolkendecke zurück. In Gebieten mit geringerer Erwärmung nahm die Wolkendecke zu.

Im August 2012 hatte T. Masters von der University of California in Los Angeles im Fachjournal Earth System Dynamics eine Studie mit dem Titel „On the determination of the global cloud feedback from satellite measurements“ zu diesem Problem veröffentlicht. Sein Fazit fiel eindeutig aus: Die Satellitendaten der letzten 12 Jahre lassen keinerlei Aussage darüber zu, ob die Wolken nun die Klimaerwärmung verstärken oder abschwächen. Ein Anhänger der Klimakatastrophentheorie, Andrew Dessler, hatte als Reviewer mit allen Mitteln versucht, die Veröffentlichung der Studie zu unterbinden, letztendlich vergeblich, die Editorin fand die beiden anderen, positiven Gutachten überzeugender und veranlasste die Veröffentlichung des Papers. Im Folgenden die Kurzfassung der Arbeit von Master:

A detailed analysis is presented in order to determine the sensitivity of the estimated short-term cloud feedback to choices of temperature datasets, sources of top-of-atmosphere (TOA) clear-sky radiative flux data, and temporal averaging. It is shown that the results of a previous analysis, which suggested a likely positive value for the short-term cloud feedback, depended upon combining all-sky radiative fluxes from NASA’s Clouds and Earth’s Radiant Energy System (CERES) with reanalysis clear-sky forecast fluxes when determining the cloud radiative forcing (CRF). These results are contradicted when ΔCRF is derived using both all-sky and clear-sky measurements from CERES over the same period. The differences between the radiative flux data sources are thus explored, along with the potential problems in each. The largest discrepancy is found when including the first two years (2000–2002), and the diagnosed cloud feedback from each method is sensitive to the time period over which the regressions are run. Overall, there is little correlation between the changes in the ΔCRF and surface temperatures on these timescales, suggesting that the net effect of clouds varies during this time period quite apart from global temperature changes. Given the large uncertainties generated from this method, the limited data over this period are insufficient to rule out either the positive feedback present in most climate models or a strong negative cloud feedback.

Kommen wir zurück zur Ausgangsbehauptung von Markus Becker, das Rätsel der Wolken sei jetzt gelöst. Der Blick in die Fachliteratur zeigt das Gegenteil: Die Wolken bleiben die große Unbekannte im globalen Klimaspiel. Sherwood und Kollegen haben lediglich ihre eigene, klimaalarmistisch geprägte Sichtweise an prominenter Stelle mit freundlicher Unterstützung der IPCC-nahen Nature-Redaktion präsentiert. Eine Vielzahl von Indizien weist jedoch in die genau gegenteilige Richtung: Wolken sind vermutlich gar nicht der befürchtete Verstärker der Erwärmung sondern wirken wohl eher dämpfend. Becker täte gut daran, das gesamte Spektrum der Fachliteratur zu referieren und sich nicht auf die ihm persönlich zusagenden Katastrophenmodelle zu beschränken. Mit unabhängiger Berichterstattung hat dies jedenfalls nichts mehr zu tun. Vielmehr handelt es sich um verdeckte Lobbyarbeit zur Förderung der klimaalarmistischen Gesinnung.

 

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