Volker Quaschning: Keine Flugreisen mehr und besser Vegetarier werden

Energie im Überfluss? Ja, so liest sich tatsächlich ein euphorischer Artikel bei Daily Mail. Der Grund für den Optimismus ist eine Analyse, dass Wind und Sonne uns damit beglücken werden. Es wird nach einer Analyse sogar so viel Strom sein, dass er im Jahr 2030 Strom auf den Müll kommt. Immer dann, wenn es zu viel davon gibt. Etwas weiter im Text wird es dann aber spannend. Da wird zum einen auf einen Schwachpunkt hingewiesen (Speicher) und zum anderen auf die auch in Deutschland schon propagierte angebotsorientierte Stromversorgung. Der Strom soll doch bitte immer dann verbraucht werden, wenn er verfügbar ist, dann wird auch günstiger. Wird er benötigt und es ist keiner aus Wind und Sonne vorfügbar, dann wird es teurer. Das ist logisch, weil er dann anders produziert werden muss.

“Without a big expansion of energy storage technologies, this could lead to huge amounts of green electricity being wasted, with plant owners being forced to switch off production. Chris Matson, a partner at LCP, spoke to The Times, he said: ‚For more than half the time in 2030 the UK’s renewable and nuclear backed energy system will be producing more energy from renewables and nuclear than it uses.

‚Simply wasting this generation would harm both consumers and investors so a whole system approach is essential to minimise the cost of delivering net zero.‘

He said the UK needed to accelerate the delivery of technologies such as battery storage, pumped hydro-electric plants, and electrolysers.”

Ob das Konzept wirklich durchdacht ist? Woher sollen in den nächsten 8 Jahren die Speicher kommen, die das alles ausgleichen sollen?

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Das ZDF interviewte Professor Volker Quaschning. Sehr viel Neues kann man nicht erfahren. Mehr vom Gleichen soll es richten, die Industrie, die z. B. Gas für die Grundstoffproduktion benötigt, wird komplett ausgeklammert oder soll man sagen bewusst verschwiegen? Sie wird mit Strom aus Wind und Sonne wenig anfangen können, wenn sie Gas als Rohstoff benötigt. Dafür gibt es von Quaschning aber noch persönliche Tipps: Keine Flugreisen mehr und besser Vegetarier werden.

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Wie gefährlich ist ein Energieboykott? Bei Tichys Einblick diskutierten Christian Rieck, Fritz Vahrenholt, Holger Douglas mit den Gastgebern.

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In der Nordsee vor Groß Britannien soll der größte Windpark der Welt entstehen, wie Trend der Zukunft berichtet.

“Das gigantische Energieprojekt in der Nordsee soll nach Fertigstellung 3,6 Gigawatt Strom produzieren und damit 6 Millionen Haushalte versorgen. Doch bis dahin dauert es noch eine Weile, denn der Windpark, der den Namen der Sandbank trägt, wird in mehreren Abschnitten gebaut. Drei Bauphasen sollen es insgesamt sein, zuerst waren nur Dogger Bank A und B geplant. Zum Ende des Jahres 2021 vermeldete das Konsortium, dass auch die Finanzierung für Dogger Bank C steht.”

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Das US-Unternehmen NuScale und das koreanische Unternehmen Doosan wollen bei der Herstellung von kleinen modularen Kernreaktoren (SMR) zusammenarbeiten. Das berichtet Power Engineering.

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Susanne Götze vom Spiegel kommentiert die LNG-Pläne von Robert Habeck. Wie nicht anders zu erwarten war, kritisiert sie die Vorhaben des Grünen Wirtschaftsministers, zunächst mobile Terminals zu errichten und dann später stationäre Terminals. Und wie es sich für ein ordentliches Zitierkartell gehört, wird Niklas Höhne in den Zeugenstand berufen, das DIW und natürlich die Deutsche Umwelthilfe. Na dann.

“Es hätte einen eilig einberufenen »Energiespargipfel« geben können. Den hätte dann Scholz mit den Worten eröffnet, dass wir nun auch bei der Energiewende in einer Zeitenwende angekommen sind. Dann hätte Finanzminister Lindner die Milliarden auf den Tisch geknallt, damit Unternehmen belohnt werden, die weniger Öl und Gas verbrauchen und Habeck hätte sofort ein riesiges Schnellprogramm für den Austausch alter Gasheizungen in Deutschland aufgelegt, plus Werbekampagne »Sei modern, sei Wärmepumpe!«.  Und ein Sofortprogramm für die Ausbildung von Energieberatern, Energiespar-Krisenstäbe in großen Unternehmen und, und, und …”

Die Wärmepumpe, da ist sie schon wieder. Offenbar gehen Journalisten wie Susanne Götze davon aus, dass der Strom, den eine Wärmepumpe benötigt, fossilfrei und rund um die Uhr, egal bei welchem Wetter zur Verfügung steht.

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Harald Leschs Kotau vor der E-Auto-Blase. So lautet der Titel einer Auseinandersetzung mit den Positionen des ZDF-Moderators zum Thema Elektroauto. Dabei kommen interessante Details ans Licht.

“In Minute 06:00 sagt er: „Für die Vergleichbarkeit nutzen wir hier nur die Herstellerangaben, wie es in der wissenschaftlichen Literatur, auf die wir uns stützen, üblich ist.“

Es trifft leider zu, dass viele Studien für Berechnungen die Verbrauchsangaben der Autohersteller verwenden. Diese Unart sollte man aber nicht kritiklos übernehmen, sondern hinterfragen und es selbst besser machen. Denn es ist allgemein bekannt, dass mit Prüfverfahren ermittelte Normverbräuche unrealistisch niedrig sind.

Für den Tesla 3 werden vom Hersteller 14,3 kWh/100 km angegeben. Was dieses Auto tatsächlich verbraucht, kann Lesch bei spritmonitor.de erfahren, wo Autofahrer ihre Alltagsverbräuche hinterlegen. Selbst diese Werte sind tendenziell etwas zu niedrig, da sich an der Datenerfassung überwiegend solche Fahrer beteiligen, die zu einer tendenziell sparsameren Fahrweise neigen. Für den Tesla 3 werden dort 19,0 kWh/100 km angegeben (Abrufdatum 30. April 2022).

Lesch hat den Fahrverbrauch des Elektroautos also etwa um ein Drittel zu niedrig angegeben.

Ist er naiv und weiß es bloß nicht besser? Von wegen. Lesch sagt selbst: „Der ADAC hat festgestellt, er ist rund 36 % höher der Verbrauch, also rund 20 kWh/100 km.“
Doch daraus zieht er keine Konsequenzen. Er macht unbekümmert weiter, d.h. er argumentiert bewusst mit viel zu niedrigen Emissionswerten.”

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Ein 4 Minuten Video beim Spiegel zeigt die Lage auf Pellworm in Sachen Windkraft. Gleich bei 00:30 stellt der Redakteur, als er die Gondel einer Windkraftanlage betritt, begeistert fest:

“Wow, das ist krass. Und nicht mal windig.”

Er macht die Schwierigkeit der wetterabhängigen Umweltenergien in gerade mal zwei kurzen Sätzen klar.

(Abbildung: Screenshot Spiegel)

Pellworm stellt demnach 7-mal mehr Strom durch Wind her als es selbst verbraucht. Kai Edlefsen vom Bürgerwindpark Pellworm:

“Wir könnten die Insel bilanziell heizen mit dieser Energie.”

Was aber wohl bedeutet, dass zwar unter dem Strich genügend Strom da wäre (auch zum Heizen), aber dummerweise halt nicht zu jedem Zeitpunkt. Edlefsen spricht gleich noch ein Thema an, bei starkem Wind oder Sturm werden die Windkraftanlagen abgeregelt, weil dann plötzlich zu viel Strom produziert wird. Die Netze auf dem Festland sind dann überlastet. Es sei, als wenn der Kühlschrank voll ist und man dennoch zum Supermarkt müsse, so Edlefsen.

Ein schönes Bild, aber es hinkt. Denn wenn im Kühlschrank etwas Lebenswichtiges fehlt, dann nutzt es herzlich wenig, wenn andere Dinge im Überfluss vorhanden sind. Wenn man schon dieses Bild bemühen möchte, dann würde der Kühlschrank tageweise überquellen und an anderen Tagen wäre er leer und deshalb muss man in den Supermarkt. In diesem Fall bezieht dann Pellworm Strom vom Festland.

Ob die in dem Video geäußerte Lösung, nämlich ein Eigenbetrieb des Stromnetzes auf der Insel, sinnvoll ist? Bei Wind hätte Pellworm dann ebenfalls viel zu viel Strom. Das Problem besteht also weiter, denn die Insel kann ja nicht mehr verbrauchten, nur weil Wind herrscht. Die Abregelung wird dann nur verschoben. Es geht also um Speicher. Das wird auch im Bericht beschrieben. Zwei Batterien, die einst auf der Insel standen, wurden wieder abgebaut, die Förderung lief aus. Es handelte sich um ein Forschungsprojekt.

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University of Wisconsin-Madison:

At bioenergy crossroads, should corn ethanol be left in the rearview mirror?

Transportation is responsible for a larger share of greenhouse gas emissions than any other sector of the U.S. economy, making biofuels a promising strategy to mitigate human-driven climate change. The U.S. Renewable Fuel Standard, created by 2007 legislation, mandates that such fuels partially replace petroleum-based ones. So far, however, the mandate has been nearly entirely fulfilled by corn ethanol, a fuel that may be worse for the climate than the gasoline it replaces.

Fifteen years on, research led by the University of Wisconsin–Madison assessed the environmental impacts of corn ethanol and the policy that governs it, using a combination of econometric analyses, land use data and biophysical modeling.

The analysis, published this week in the Proceedings of the National Academy of Sciences, shows that the carbon emissions from using land to grow corn can negate or even reverse any climate advantages of corn ethanol relative to gasoline.

The results confirm what many scientists already realized: From a climate and environmental standpoint, corn ethanol is not a good biofuel solution. Instead, the findings align with the movement in bioenergy research toward developing next-generation biofuels, such as those made from perennial, non-food plants grown on land less suited for conventional agriculture.

„It basically reaffirms what many suspected, that corn ethanol is not a climate-friendly fuel and we need to accelerate the shift toward better renewable fuels, as well as make improvements in efficiency and electrification,“ says lead study author Tyler Lark, a scientist in the Great Lakes Bioenergy Research Center and the Nelson Institute for Environmental Studies at UW–Madison.

The results are especially timely, he says, because the Renewable Fuel Standard mandates specific annual biofuel volumes through 2022; once these requirements expire, the Environmental Protection Agency will take over the role of determining how much and which types of biofuel should be produced each year to meet the standard. What comes next policy-wise could have a very large effect on climate change, Lark says. „It’s a pivotal moment for deciding what this policy—and our landscape—should look like moving forward.“

In their studies of changing patterns of land use in the U.S., Lark and his colleague Holly Gibbs, a UW–Madison professor of environmental studies and geography, have noted the expansion of agricultural land dedicated to commodity crops, especially corn. They suspected ethanol production might be playing a role. „We knew it was likely contributing, but we didn’t know to what extent,“ Gibbs says.

They assembled an interdisciplinary team, bringing together agroecologists, environmental modelers and economists from UW–Madison, the University of California, Davis, Kansas State University and the University of Kentucky. The team built on prior modeling studies to conduct a more empirical analysis of the connections between policy, ethanol development, land use and environmental outcomes.

„It’s the first time we’ve paired this detailed, rich land use data with the underlying economic drivers,“ Gibbs says. „The price data and economic models provided the explanatory power to help us understand the causality behind these changes that we’ve been observing for a decade.“

Enactment of the Renewable Fuel Standard drove up crop prices, their analysis shows, with corn prices rising by 30% and other commodity crops, such as wheat and soybeans, by 20%. From 2008 to 2016, corn cultivation in the U.S. expanded by 8.7%, covering an additional 6.9 million acres of land. This increased agriculture has been accompanied by more fertilizer use (an extra 3–8% each year), more water quality degradation (3–5% increases in nitrate leaching and phosphorus runoff) and more carbon emissions attributable to land use changes.

Those effects impact everyday life for people across the country. Nitrogen and phosphorus runoff contribute to harmful algal blooms and dead zones in lakes, rivers and the Gulf of Mexico. And nitrate leaching can contaminate groundwater and drinking water; it’s not uncommon for municipalities in Midwestern states to have to build new water treatment plants to treat nitrate in their water from agricultural pollution. Corn ethanol is worsening these problems.

„This one policy effectively bumped up pollution from the entire agricultural industry by several percent,“ Lark says.

The sum effect is that the carbon emissions of corn-based ethanol produced to meet the Renewable Fuel Standard are at least as high as those from the equivalent amount of gasoline and possibly higher—likely by 24% or more.

Under the Renewable Fuel Standard, a fuel had to achieve at least a 20% reduction in greenhouse gas emissions relative to petroleum to qualify as renewable. Corn ethanol just met the threshold in the EPA’s 2010 regulatory impact analysis, with emissions estimated to be 20–21% lower compared with gasoline.

But ethanol’s environmental profile hasn’t matched expectations. With the benefit of hindsight, Lark says, they can see one reason why. „In the EPA’s regulatory analysis, they estimated a very small amount of domestic land use change,“ he notes, „and maybe rightfully so. No one expected such a big response, because cropland area in the U.S. had been declining for the previous 30 years.“

In the past decade, however, Lark and Gibbs‘ research has documented both expansion of cropland area and significant switching from crop rotations with soy and wheat toward more continuous corn monoculture.

„The EPA’s original estimates suggested that U.S. land use change would sequester carbon and help improve the carbon footprint of ethanol. But in retrospect, we now know it did just the opposite,“ Lark says. „Rather than reduce the carbon intensity of ethanol to 20% lower than gasoline, it looks like it actually increases it to that much higher than gasoline.“

Introduction of 10% corn ethanol into gasoline blends has been a useful step toward integrating renewables into mainstream fuels, Lark and Gibbs say, but it’s not a good long-term strategy. Cellulosic and other advanced biofuels—such as those made from switchgrass, other perennial plants or waste materials—offer an opportunity to build off that start in a more sustainable manner.

„We use a lot of land for corn and ethanol right now,“ Lark says. „You could envision replacing the existing 15 billion gallons of corn ethanol with next-generation biofuels as that production comes online. That would give an opportunity to restore millions of acres of cornfields into perennial native grasslands and other landscapes that could potentially be utilized for bioenergy, still be economically productive, and also help reduce nitrate leaching, erosion and runoff.“

Ultimately, the findings underscore that near-term policy decisions will have a lasting environmental legacy, whether positive or negative.

„This adds urgency to the critical work being done in our bioenergy research centers to find ways to generate carbon-negative biofuels,“ Lark says, „and to use perennial and native systems that can improve water quality, enhance biodiversity, and help truly hit our carbon emission reduction goals.“

Paper: Environmental outcomes of the US Renewable Fuel Standard, Proceedings of the National Academy of Sciences (2022). DOI: 10.1073/pnas.2101084119.

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Martin Schlumpf berichtet am 9. Mai 2022 im Nebelspalter:

Der Meeresspiegel steigt seit 20’000 Jahren – Schlumpfs Grafik 42

Das Tempo des Meeresspiegelanstiegs hat sich über die Jahrtausende stark verlangsamt. Wie weit der menschgemachte Klimawandel das vielleicht verändert, ist noch nicht klar.

Das Titelbild der September-Ausgabe 2013 des Magazins «National Geographic» zeigt unter dem Titel «Rising Seas» eine im Meer halb versunkene Freiheitsstatue vor New York. Die Botschaft ist klar: Wenn wir mit der Klimaerwärmung so weitermachen, führt das zu katastrophalen Überschwemmungen. Nüchtern betrachtet, hätte man allerdings einwenden müssen, dass es beim real gemessenen Tempo des Meeresspiegelanstiegs in dieser Region über 20’000 Jahre gedauert hätte, bis die auf dem Cover gezeigte Situation eingetreten wäre.

Meeresspiegelveränderungen sind abhängig von der Eisbedeckung der Landflächen

Offensichtlich aber bewegt das Thema Meeresspiegelanstieg die Menschen. Schauen wir also genauer hin. Ich berufe mich bei den folgenden Ausführungen auf das 2021 erschienene Buch «Unsetteld?» von Steven E. Koonin (siehe hier), Professor an der New York University und früherer Staatssekretär für Wissenschaft im Energiedepartement Präsident Obamas. Auch alle hier gezeigten Grafiken stammen aus diesem Buch.

Weiterlesen im Nebelspalter. Auch verfügbar auf schlumpf-argumente.ch.

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