Um Antwort wird gebeten: Weshalb erwähnt der Klimaretter die natürliche Variabilität der Niederschläge in den peruanischen Anden nicht?

Von: Sebastian Lüning
An: Nick Reimer, Klimaretter.info

Absendedatum: 8.3.2015
Antwort: Lüning erhielt von Reimer bis heute keine Antwort. Allerdings meldete sich die klimaretter.info-Redaktion, nachdem wir die Mail in gekürzter Version ins Klimaretter-Blog gestellt haben (siehe unten)

 

Sehr geehrter Herr Reimer,

Am 23.1.2015 erschien in Ihrem Blog klimaretter.info der Beitrag „Klimawandel bedroht Kartoffelvielfalt“.

http://www.klimaretter.info/forschung/hintergrund/17957-klimawandel-bedroht-kartoffelvielfalt

Darin wird der Eindruck erweckt, die vorindustrielle Klimageschichte in den peruanischen Anden wäre stets ausreichend feucht gewesen, um den Anbau von Kartoffeln zu gewährleisten. Weiterhin heißt es, erst der anthropogene Klimawandel hätte jetzt zu vermehrten Dürren geführt, die die Kartoffelernte bedrohen. Der Blick in die Paläoklimatologie bestätigt diese Ansicht jedoch nicht. Auch in der vorindustriellen Vergangenheit hat es in den peruanischen Anden immer wieder Dürrephasen und starke natürliche Schwankungen in den Regenmengen gegeben.

Apaéstegui et al. (2014) rekonstruierten die Regenhistorie Perus für die vergangenen 1600 Jahre und fanden eine enorme Variabilität, die u.a. von atlantischen und pazifischen Ozeanzyklen getaktet wird. Auch eine längerfristige Komponente trat auf. Während der Mittelalterlichen Wärmeperiode war der regenreiche Monsun besonders schwach, eine Situation die der heutigen Modernen Wärmeperiode offenbar entspricht. Während der Kleinen Eiszeit war der Monsun hingegen stark und regenreich. Hier die Kurzfassung der Arbeit:

Hydroclimate variability of the South American Monsoon System during the last 1600 yr inferred from speleothem isotope records of the north-eastern Andes foothills in Peru
In this paper we explore a speleothem δ18O record from Palestina Cave, North Eastern Peru, at a site on the eastern side of the Andes cordillera, upper Amazon Basin, interpreted as a proxy for South America Summer Monsoon (SASM) intensity. This record allows reconstructing SASM activity with 5 yr time resolution over the last 1600 yr, spanning two major periods of climate variability: the Medieval Climate Anomaly (MCA; 900–1200 AD) and Little Ice Age (LIA 1400–1850 AD) recognized as periods of decrease and increase SASM activity respectively. Time series and wavelet analyses reveal decadal to multidecadal frequencies. Our results suggest that Atlantic Multidecadal Oscillation mode (AMO) plays an important role for SASM modulation on multidecadal scale (~65 yr), especially over dry periods such as observed during MCA. Frequencies of 8 and 25 yr simultaneously with multidecadal signal (65 yr) are found over the LIA. and suggest that those modes could be related to North Atlantic Oscillation (NAO) and Interdecadal Pacific Oscillation mode (IPO). Comparison with other South American Paleoprecipitation records shows that the Atlantic and Pacific decadal to multidecadal variability and their teleconnections play an important role in the intensity and the regional patterns of rainfall distribution during the last 1600 yr.
http://www.clim-past-discuss.net/10/533/2014/cpd-10-533-2014.html

Schittek et al. (2014) gehen sogar 8600 Jahre zurück in einer Regenrekonstruktion aus Peru. Auch hier eine enorme natürliche Variabilität. Die Mittelalterliche Wärmeperiode war trocken, fanden die Autoren. Auszug aus dem Abstract der Arbeit:

Holocene environmental changes in the highlands of the southern Peruvian Andes (14° S) and their impact on pre-Columbian cultures
The mid-Holocene period of 8.6–5.6 ka is characterized by a series of episodic dry spells alternating with spells that are more humid. After a pronounced dry period at 4.6–4.2 ka, conditions generally shifted towards a more humid climate. We stress a humid/relatively stable interval between 1.8–1.2 ka, which coincides with the florescence of the Nasca culture in the Andean foreland. An abrupt turnover to a sustained dry period occurs at 1.2 ka, which coincides with the collapse of the Nasca/Wari society in the Palpa lowlands. Markedly drier conditions prevail until 0.75 ka, providing evidence for the presence of a Medieval Climate Anomaly. Moister but hydrologically highly variable conditions prevailed again after 0.75 ka, which allowed the re-expansion of tussock grasses in the highlands, increased discharge into the Andean foreland and the re-occupation of the settlements in the lowlands during this so-called Late Intermediate Period.
http://www.clim-past-discuss.net/10/1707/2014/cpd-10-1707-2014.html

Morales et al. (2012) untersuchten die Niederschläge des Altiplano in den Anden für die vergangenen 700 Jahre. Auch sie fanden eine bedeutende natürliche Variabilität der Niederschläge, die einerseits an El Nino / Südliche Oszillation (ENSO) gekoppelt war. Andererseits gab es immer wieder trockene Phasen im Jahrhundert-Maßstab, so dass der beobachtete Austrocknungstrend in der Region seit den 1930er Jahren nichts Ungewöhnliches ist. Abstract der Arbeit:

Precipitation changes in the South American Altiplano since 1300AD reconstructed by tree-rings
Since the 1930s to present, a persistent negative trend in precipitation has been recorded in the reconstruction, with the three driest years since 1300AD occurring in the last 70 yr. Throughout the 707 yr, the reconstruction contains a clear ENSO-like pattern at interannual to multidecadal time scales, which determines inter-hemispheric linkages between our reconstruction and other precipitation sensitive records modulated by ENSO in North America. Our reconstruction points out that centuryscale dry periods are a recurrent feature in the Altiplano climate […].
http://www.clim-past.net/8/653/2012/cp-8-653-2012.html

Es wäre schön, wenn Sie hierzu Stellung nehmen könnten. Wir würden Ihre Antwort gerne unseren Lesern im Blog www.kaltesonne.de vorstellen.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Lüning

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Nick Reimer hat uns leider auch nach mehreren Tagen nicht geantwortet. Daher haben wir eine gekürzte Version der Mail am 11. März 2015 in das Forum des Klimaretterbeitrags eingestellt. Die Redaktion von klimaretter.info antwortet prompt:

Lieber Herr Lüning, dass es bisher keine Trockenphasen in den Anden gegeben habe, wird in dem Artikel gar nicht behauptet. Aus den natürlichen Klimawandel-Vorgängen der Vergangenheit lässt sich aber nicht schließen, dass der heutige Klimawandel ebenso natürlich sei. Fragen im Detail können Ihnen das Kartoffelzentrum in Cusco oder das Klimaprogramm der CGIAR in Cali beantworten.

http://www.parquedelapapa.org/esp/06contactenos.html

http://ccafs.cgiar.org/es/contactenos

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Lüning antwortete umgehend im Forum:

Wenn es frueher Schwankungen in den Regenmengen gegeben hat, dann liegt es auf der Hand, dass eine aehnliche Variabilitaet auch heute auftreten kann. Wenn Sie einen Artikel mit Behauptung einer anthropogenen Beeinflussung bringen, muessen Sie glaubhaft zeigen, dass der natuerliche Schwankungsbereich bereits verlassen wurde. Da kann auch das Kartoffelzentrum nicht weiterhelfen. Sie muessen hier auf jeden Fall nachlegen, sonst ist der Artikel einfach nicht glaubwuerdig. Gerne tragen wir Ihre Erklaerung dann auf unserer Seite „uAwg“ nach:
https://kaltesonne.de/um-antwort-wird-gebeten-ubersicht-zur-bisher-veroffentlichten-klimakorrespondenz/
Daraufhin schwieg der Klimaretter. Eine wissenschaftliche Argumentation war den Aktivisten offenbar dann doch zu kompliziert.

 

 

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