Potsdamer Methan-Klimabombe erweist sich als Blindgänger: Karbonhaushalt in Tundra trotz Klimawandels stabil

In den arktischen Tundren befindet sich etwa die Hälfte des in den Böden der Erde gespeicherten Kohlenstoffs. Vor wenigen Jahren schlugen einige Forscher Alarm und warnten vor einer tickenden Methan-Zeitbombe. Es wäre wohl nur noch eine Frage der Zeit, dass das im Permafrost derzeit noch festgesetzte Methan im Zuge der Klimaerwärmung freiwerden und den Treibhauseffekt anfachen würde. Um die Prognose noch etwas bedrohlicher erscheinen zu lassen, wurde in diesem Zusammenhang von gefährlichen Kipppunkten gesprochen, die quasi von heute auf morgen die Erde in eine wahre Klimahölle verwandeln würden. Ganz vorne mit dabei war Hans-Wolfgang Hubberten von der Potsdamer Außenstelle des Alfred Wegener Instituts (AWI), das unweit des berühmt berüchtigten Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) gelegen ist.

Nun hat eine Wissenschaftlergruppe die „Methan-Klimabombe“ von Hubberten einmal näher unter die Lupe genommen und kam zu einem ganz erstaunlichen Ergebnis. Das US-amerikanische Forscherteam um Seeta Sistla von der University of Califonia in Santa Barbara veröffentlichte ihre Studie Mitte Mai 2013 im Fachmagazin Nature. Der Spiegel berichtete einen Tag später:

Keine Freisetzung: Tundra sichert gefährliches Klimagas. Die Erwärmung der Tundra könnte den Klimawandel beschleunigen, fürchteten Forscher – aus den gefrorenen Böden des Nordens würden gigantische Mengen Treibhausgase entweichen. Nun aber zeigen Experimente in Alaska: Es strömen nicht mehr Gase aus, wenn es wärmer wird. […] Die Klimagase lagern offenbar sicherer als angenommen im auftauenden Boden der nordischen Weiten […]. 1989 hatten sie Treibhäuser im Norden der Tundra in Alaska aufgestellt. Seither messen sie, wie sich der Boden unter der Wärmeglocke verändert: Die Luft im Treibhaus war durchschnittlich zwei Grad wärmer als draußen – die Zunahme entspricht in etwa der erwarteten Klimaerwärmung in der Region für die nächsten Jahrzehnte. […] Das Ergebnis überraschte die Experten. Nach mehr als zwanzig Jahren Treibhauswärme drangen aus dem arktischen Permafrostboden nicht mehr Treibhausgase als zuvor. Der Kohlenstoffgehalt bleibe anscheinend stabil, folgern die Wissenschaftler.

Dennoch beobachteten die Forscher durchaus einige Veränderungen, wie Der Standard berichtete:

[Die Forscher] registrierten eine ganze Reihe an grundlegenden Veränderungen in den Permafrostböden. Die pflanzliche Biomasse wurde deutlich mehr, Gehölzer wurden dominanter. Die vertikale Verteilung und der laufende Umschlag des Kohlenstoffs im Boden veränderten sich. Zersetzungsprozesse an der Oberfläche nahmen ab, weiter unten in den mineralischen Bodenbestandteilen nahmen sie dagegen zu. Das Ergebnis: Die Klimaerwärmung veränderte zwar die Struktur und die Zusammensetzung des Bodens. Die Menge an Kohlenstoff, die gespeichert ist, blieb aber insgesamt dieselbe. Das Ökosystem der Tundraböden blieb ausgeglichen und stabil. Das zeige, wie gut die Wechselwirkungen zwischen Boden und Pflanzen ausbalanciert seien, so die Forscher in „Nature“. 

 

Foto: Hannes Grobe / Lizenz: This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 2.5 Generic license
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