Von Horst-Joachim Lüdecke und Carl Otto Weiss
Die Klimaentwicklung ist oft zyklisch, was für fast alle Zeitskalen bis zu einer Million Jahre gut bekannt ist. Am populärsten sind die drei Milankovitch-Zyklen [1], hauptverantwortlich für die Warm- und Eiszeiten der letzten 500 000 Jahre. Sie haben Periodendauern von Hunderttausend bis mehreren Zehntausend Jahren. Für die aktuelle Frage nach einem vermuteten Klimaeinfluss des anthropogenen CO2 sind dagegen Klimazyklen von weit geringeren Periodenlängen maßgebend.
Zusammen mit dem dritten Autor Dr. Alexander Hempelmann von der Universitätssternwarte Hamburg haben wir über diese kürzeren Klimazyklen zwei Fachpublikationen in Zeitschriften der Europäischen Geophysikalischen Union (EGU) veröffentlicht [2], [3]. Die erste der beiden Publikationen, erschienen am 22. Feb. 2013, hat sechs der längsten existierenden Thermometermessungen aus Mitteleuropa im Hinblick auf Zyklen hin analysiert sowie zusätzlich eine Stalagmitenreihe und eine antarktische Eisbohrkernreihe. Der untersuchte Zeitraum erstreckt sich von 1757 – 2010. Die zweite Publikation, erschienen am 12. Feb. 2015, umfasst den längeren Zeitraum über 2500 Jahre von 500 v.Chr. bis 2010.
Analyse der letzten 2500 Jahre
Mittels der umfangreichsten Klimadatenbank für diese Zeit (Daten aus Baumringen, Sedimenten, Stalagmiten etc.) zeigen wir, dass die wesentlichen Temperaturänderungen über den gesamte Zeitraum vom wohlbekannten ~200 jährigen „De Vries / Suess Zyklus“ der Sonne bewirkt wurden. Da die derzeitigen Temperaturen völlig im Bereich des klimahistorisch Normalen liegen, aber behauptet wird, die Erwärmung sei jetzt ungewöhnlich schnell, verwendeten wir keine direkten Temperaturen sondern Temperaturdifferenzen über jeweils 100 Jahre Dauer, die die Erwärmungs- und Abkühlungsgeschwindigkeit wiedergeben. Diese Methode liefert eine besonders gute Visualisierung der Zyklen im Bereich zwischen etwa 100 bis 400 Jahren Zyklusdauer (Abb. 1) und kommt ohne Fitten oder Glätten aus.
Abb. 1 (rechts oben): Temperaturänderungen über jeweils 100 Jahre rückwärts (mit linearer Regression), gewonnen aus den Originaldaten. Erläuterung: Das blaue Maximum im Jahre 1429 von 1,56 °C bedeutet beispielsweise 1,56 °C Temperaturzunahme über die 100 Jahre von 1329 bis 1429. Grün – Büntgen Zeitreihe [4], braun – Christiansen Ljungqvist Zeitreihe [5]. Das rote Rechteck im Jahr 2000 zeigt die 100-jährige Temperatursteigerung des 20. Jahrhunderts.
Verglichen mit den Maxima und Minima der weiteren Vergangenheit zeigen die Maxima und Minima der aktuellen Zeit (Abb. 1), dass die als ungewöhnlich behaupteten Temperatursteigerungen der jüngsten Zeit im klimahistorischen Normalbereich liegen. Insbesondere das 20. Jahrhundert zeigt keine Auffälligkeiten. Wiewohl die beiden Zeitreihen in ihren Maxima und Minima meist übereinstimmen, zeigt es sich, dass offenbar autogene Klimavorgänge von Zeit zu Zeit für Abweichungen vom periodischen Verlauf sorgen.
Abb. 1 legt bereits dem unbewaffneten Auge nahe, dass Zyklen eine maßgebende Rolle spielen. Dies konnten wir mathematisch bestätigen (Abb. 2). An jede der gezeigten Reihen lässt sich eine einfache Sinusfunktion mit hoher Korrelation anpassen. Die Frequenzen der Sinusse sind dabei die Frequenzen der jeweils stärksten periodischen Komponente im zugehörigen Spektrum (Fourier-Transformation), die Anpassung ist somit kein Fit. Nur die Phasen wurden optimiert, so dass die Korrelation zwischen Sinus und Datenreihe ein Maximum aufweist. Die Amplituden der Sinusse sind willkürlich, sie wirken sich auf die Korrelation nicht aus. Die Korrelation der beiden Reihen (Abb. 1, 2) ist geringer als die Korrelation mit den Sinusfunktionen. Dies zeigt, dass das wesentliche Charakteristikum der Messreihen die Periodizität ist.
Abb. 2: Sinus-Repräsentationen der Sonnenaktivität und von 3 Proxy-Temperaturreihen. Rot: Sonnenaktivität als 10Be, 14C Produktionsrate, Sinusperiode = 208 Jahre, Korrelation 0,68; grün: Büntgen Reihe [4], Sinusperiode = 186 Jahre, Korrelation 0,49; braun: Christiansen/Ljungqvist Reihe [5], Sinusperiode = 189 Jahre, Korrelation 0,58; blau: Cook Reihe [6], Sinusperiode = 201 Jahre, Korrelation 0,41. Kurven sind zur besseren Übersicht höhenverschoben.
Als ein aktuelles Ergebnis der guten Wiedergabe von Temperaturreihen über 2500 Jahre durch Sinusfunktionen ist die Annahme berechtigt, dass sich der De Vries / Suess Zyklus auch in Zukunft fortsetzt. Dies bedeutet, dass in den nächsten 60 Jahren globale Abkühlung zu erwarten ist (Abb. 3). Während die Phasenübereinstimmung der beiden nordhemisphärischen Reihen Christiansen/Ljungqvist und Büntgen recht genau ist, weicht die südhemisphärische, sehr viel ungenauere Cook Reihe ab. Dies mag das bekannt unterschiedliche Klimaverhalten von Nord- und Südhemisphäre widerspiegeln.
Abb. 3: Sinusse der Reihen von Christiansen/Ljungqvist [5] (braun) und Büntgen [4] (grün) zusammen mit der antarktischen Reihe [7] (blau) bestätigen, dass der De Vries / Suess Zyklus global wirksam und für die Zukunft Abkühlung zu erwarten ist.
Analyse der letzten 250 Jahre
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