#nochnöcherkemfert

Unter diesem Hashtag veröffentlicht der Spiegel in Person von Alexander Neubacher einen Artikel über die Fehlprognosen des Medienstars Claudia Kemfert. Es hat lange gedauert, bis ein Medium auf die Idee kam, sich die Aussagen von Claudia Kemfert im Laufe der Zeit etwas genauer anzusehen. Ob die Dampfplauderei von Claudia Kemfert dann doch des Guten zu viel war? Wer den Bezahlartikel im Spiegel nicht lesen kann oder möchte, der kann Alexander Neubacher auf Twitter folgen und bekommt eine Art “Best of” der Kemfert Statements.

Wir haben uns hier schon einige Male über die Aussagen von Claudia Kemfert gewundert. Ob es nun einige Hundert Milliarden waren, die sie bei Berechnungen “vergessen” hatte oder zuletzt die “Speicher noch und nöcher”, die wir selbstverständlich nicht haben oder auch ihre berühmten smarten Systeme und virtuelle Speicher, die ebenfalls nur in ihrer Fantasie existieren.

Zuletzt hatte die ZDF-Dokumentation Blackout dieses Wunschdenken von Frau Kemfert öffentlich gemacht. Wir berichteten. Kein Wunder, dass Kemfert im Nachgang der Sendung diese massiv kritisierte. Wer will schon gern öffentlich vorgeführt werden? Wobei Kemfert ihre Aussagen aus freien Stücken formuliert hat. Es ist auch nicht falsch, wenn in einem Interview nachgefragt wird. Wer also so tut, als wenn es smarte Systeme längst gibt und dann auch Nachfrage einräumen muss, dass diese erst noch entwickelt werden müssen, der sollte hinterher nicht sauer sein, allenfalls auf sich selbst.

Die Wendigkeit, die Alexander Neubauer aktuell bei Kemfert aufzeigt, hat sie übrigens schon in jüngeren Jahren kultiviert. Die FAZ hatte sich 2013 schon mit ihr beschäftigt und dort lässt sich das Zitat ihres Doktorvaters finden. Wir berichteten.

„Und Kemferts Doktorvater, der emeritierte Oldenburger Professor Wolfgang Pfaffenberger, kritisiert: „Die Geschwindigkeit, in der sie Thesen zu wichtigen Themen geändert hat, hat mich schon verwundert“.“

(Abbildung: Screenshot ZDF-Mediathek)

Die “noch und nöcher” Aussage in Sachen Speicher war wohl auch Lamia Messari-Becker etwas zu viel. Sie war kürzlich Studiogast bei Markus Lanz und dort kritisierte die Professorin die deutsche Energiewende, die momentan mit Slogans wie “Jedes Kilowatt zählt” daherkommt, dann aber erstaunliche Dinge macht bzw. nicht macht. Sie griff auch, ohne den Namen zu nennen, Claudia Kemfert an. Die Aussage mit den ”noch und nöcher Speichern” findet sie schlicht unseriös. Die Sendung ist noch bis 22.09.2023 in der ZDF-Mediathek zu sehen. Sie ist insgesamt eine Empfehlung.

Claudia Kemfert und sie verbindet eine gemeinsame Zeit beim Umweltrat der Bundesregierung. Lamia Messari-Becker missfiel, dass dieses Gremium, welches nicht durch demokratische Wahlen besetzt wird, eine Art Vetorecht bei zukünftigen Gesetzgebungen haben soll. Wir berichteten seinerzeit über den Fall. Er zeigt sehr schön, welches Verständnis Lamia Messari-Becker von Demokratie hat und Claudia Kemfert offenbar nicht. Die Ingenieurin jedenfalls verlor ihren Platz im Umweltrat.

Aber selbst ohne diese grundsätzlich bedenkliche Ausrichtung eines solchen Veto-Gremiums kann man sich die Diskussionen im Rat zwischen Claudia Kemfert und Lamia Messari-Becker sehr interessant vorstellen. Wunschdenken gegen Praxis, Geschwurbel gegen harte Realität, so könnte es gelaufen sein. Wer sich die Interviews und Aufsätze von Claudia Kemfert ansieht und durchliest, der kann ohnehin ein schönes Muster erkennen. Statt sich mit anderen Positionen auseinanderzusetzen, diese argumentativ zu entkräften oder Gegenthesen zu formulieren, erklärt sie das, was ihr nicht gefällt, einfach zu Mythen.

Das ist eine sehr schlichte Methode, einer kritischen Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen.
Für Kemfert hat diese Art einen unschätzbaren Vorteil, sie kann wegen eigener Thesen nicht angegriffen werden. Es reicht aus, die Thesen der anderen als Märchen zu deklarieren, eigene braucht man nicht, denn die bergen eine enorme Gefahr: Sie könnten überprüft werden. Wie es endet, wenn jemand mal Aussagen überprüft, sieht man an Alexander Neubauer und seiner Spiegel-Kolumne oder aber auch andere Experten, die Kemferts Einlassungen kritisierten wie Joachim Weimann, der in Videos die kruden Aussagen von Claudia Kemfert Punkt für Punkt auseinandernimmt. Achten Sie beim nächsten Mal einfach darauf, wenn Claudia Kemfert mal wieder medienwirksam auftritt, wie sie vorgeht.

Natürlich bekommt Alexander Neubacher momentan reichlich Gegenwind auf Twitter. Vielleicht brechen da auch gerade einige Weltbilder zusammen, wenn die Leser seiner Kolumne erfahren, wie oft Claudia Kemfert sich schon geirrt und wie oft sie ihre vorherige Meinung einfach über Bord wirft. Ihre Fanbase beschimpft Neubacher gerade auf Twitter und dann erscheint das ausgerechnet noch im Spiegel, wo doch permanent Alarm geschlagen wird in Sachen Klima. Skandal. Die ersten Fanboys drohen schon mit der Höchststrafe: Kündigung des Abos!

Das wohl schönste Beispiel der Wendigkeit von Claudia Kemfert hat Alexander Neubacher dann noch auch in seinen Beispielen gefunden. Kemfert hatte offenbar keine Probleme damit, in einem Kabinett von Norbert Röttgen (CDU) in NRW Energieministerin zu werden, allerdings auch nicht bei Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) in Hessen. Eigentlich ist es schade, dass sie es in beiden Fällen nicht geworden ist. Auf dem politischen Parkett wären das mit Sicherheit sehr amüsante Verrenkungen geworden. Die Aussicht, ihr beim Scheitern in Zeitlupe zuzusehen, hat einen gewissen Charme oder soll man besser in Anlehnung an die eigene Ausdrucksweise sagen: Die Idee, dass Claudia Kemfert eine gute Ministerin abgegeben hätte, ist ein Mythos.

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