Süddeutsche Zeitung: „Klimawandel bedroht argentinische Pinguinküken“. Schlimme Recherchepanne: In Wahrheit beraubt Überfischung der Anchovis die Pinguine ihrer Nahrungsgrundlage

Die Kleine Zeitung aus Österreich meldete am 29. Januar 2014:

Harte Zeiten für Gämsen
Die Gämsen werden weniger. Der Klimawandel und strengere Winter sind Ursachen, aber auch die Jagdfreude auf das Gamswild ist groß. […] „Es gibt rund 60 Prozent dieser Wildart weniger als noch vor zehn Jahren“, weiß [der Bezirksjägermeister von Bruck, Max] Hörmann. Natürlich waren in diesem Zeitraum auch strenge Winter der Grund für die Reduktion. Aber die letzten Jahre waren die Winter eher mild und trotzdem hat sich das Wild nicht erholt. Hörmann versteht nicht, dass Revierinhaber immer noch hohe Anträge für Abschussfreigaben stellen. Aber das Begehren sei hoch, die Gämsenjagd wurde auch in den Oststaaten entdeckt. Denn diese Wildart ist leicht zu erlegen, noch dazu im Rudel vorhanden und dürfte außerdem ein gutes Geschäft sein.

Weiterlesen auf kleinezeitung.at.

Der Klimawandel tötet die Gämsen! Massenmörder CO2 schlägt wieder zu. Kurz nachgefragt: Wie funktionierts? Durch das CO2 erhitzt sich der Planet und die Winter in Österreich werden dadurch kälter. Dadurch sterben die Gämsen. Meldet sich der kleine Thomas aus der hintersten Reihe: „Herr Lehrer, das kapier ich nicht. Wenn die Erde wärmer wird, dann sollte es den Gämsen doch eigentlich immer besser gehen?“ Der Lehrer ist ratlos. Trotzdem schreibt er dem Schüler vorsorglich lieber eine sechs ins Notenheft. Da könnte ja sonst jeder kommen. So ganz geht dem Lehrer die Sache aber nicht aus dem Kopf. Zuhause beim Abendbrot kommt er ins Grübeln. Hatte er vor vier Jahren nicht einen Artikel zum Gämsenproblem auf nachrichten.at gelesen? Darin war der Klimawandel seltsamerweise gar nicht vorgekommen:

Künftig werden sich die Jäger bei den Abschüssen von Gämsen zurücknehmen müssen, weil sie überjagt sind. Beim Rotwild wurden hingegen die Abschussziele nicht erfüllt.

Langsam dämmerte es dem Pädagogen: Es ist so einfach,  alles auf den Sündenbock Klimawandel zu schieben. Pech beim Lotto? Der Klimawandel hat Schuld. Auto springt nicht an? Der Klimawandel wars. Bier ist alle? Da steckt doch sicher der böse Klimawandel dahinter. Gut, dass es den Klimawandel gibt, sonst müssten wir uns einen neuen Buhmann suchen.

———————

Leipziger Volkszeitung am 30. Januar 2014:

Wetterextreme in Sachsen häufen sich – dunkelster Winter seit Beginn der Messungen
Mit starken Wetterextremen hat sich der Klimawandel 2013 in Sachsen deutlich bemerkbar gemacht. Ein extrem dunkler Winter, die starke Märzkälte und das Hochwasser im Sommer hätten Mensch und Umwelt zu schaffen gemacht, teilte das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie am Donnerstag in Dresden mit. „Die Zunahme der Wetterextreme ist auf den Klimawandel zurückzuführen“, sagte Klimaexperte Walter Schmidt.

Der extrem dunkle Winter als Folge des Klimawandels. Scherz lass nach. Wie soll das CO2 das eigentlich hinbekommen? Selbst im IPCC-Bericht findet sich über diese gewagte These keine Zeile. Über das Hochwasser haben wir an dieser Stelle bereits ausführlich berichtet (siehe „Was waren die wahren Hintergründe der mitteleuropäischen Flut 2013?„). Fazit: Es handelte sich um eine sogenannte Vb-Wetterlage, die im Zuge des Klimawandels in Zukunft laut Berechnungen eher abnehmen soll. Die wahren Probleme scheinen eher Abnahme der Überschwemmungsflächen, versiegelte Landschaften, Flussbegradigungen und übermütige Häuslebauer in Flussnähe zu sein. „Klimaexperte“ Walter Schmidt hängt sich hier ziemlich weit aus dem Fenster. Welche anderen Klimaextreme könnte Schmidt hier meinen? Lesen wir hierzu noch einmal in der LVZ weiter:

Vor allem die Landwirtschaft litt unter den Folgen der langen Frostperiode und des nassen Frühsommers. Die Wintergerste sei vielerorts durch Schneeschimmel und Fäulnis geschädigt, teilten das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie und der Deutsche Wetterdienst mit. Die Nässe förderte dann später den Pilzbefall der Körner. Nur 65 Prozent des benötigten Wintergerstensaatguts konnte produziert werden. Kartoffeln konnten durch die lange Kältephase oft erst im Mai, vereinzelt erst im Juni ausgepflanzt werden. Die Flut im Juni förderte bakterielle Erkrankungen der Pflanzen. Im Juli war es dann warm und trocken – auch das wirkte sich negativ auf die Ernte aus. Die Bauern fuhren vielerorts niedrige Erträge und kleine Kartoffeln ein.

Lange Frostperiode als Folge der Klimaerwärmung? Scherz lass nach. Offenbar ist das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie fest in Narrenhand und argumentiert weit außerhalb der seriösen wissenschaftlichen Bandbreite. Schade.

———————

Süddeutsche Zeitung am 30. Januar 2014:

Klimawandel bedroht Pinguinküken
Pinguinküken sind Hitze und Stürmen schutzlos ausgeliefert. Mit dem Klimawandel könnten extreme Wetterphänomene zunehmen – das bedroht die größte Pinguinkolonie in Argentinien. Magellan-Pinguinküken leben gefährlich. Rund zwei von drei Vögeln verhungern oder werden von Räubern gefressen, bevor sie überhaupt das Nest verlassen. Der Klimawandel könnte die Risiken für die Pinguine verschärfen, wie Forscher in der Fachzeitschrift Plos One (online) berichten. Zahl der Pinguine geht zurück. In den meisten Jahren war Nahrungsmangel die häufigste Todesursache der Küken. Doch in 13 Jahren trugen auch Stürme erheblich zum Tod des Nachwuchses bei. Die Küken sind in den ersten Wochen ihres Lebens Nässe fast schutzlos ausgeliefert, da ihr junges Federkleid noch kein Wasser abhält. In zwei Extremjahren töteten Stürme auf diese Weise rund die Hälfte der Küken. „Der Klimawandel erhöht die Wahrscheinlichkeit für Stürme und deren Stärke“, schreiben die Autoren. Auch der Niederschlag nehme in der Region zu.

Mehr Stürme und Niederschläge in Argentinien durch den Klimawandel? Unwahrscheinlich. Außerhalb der Tropen wehten die schlimmsten Stürme offenbar während der Kleinen Eiszeit und haben im Übergang zur Modernen Wärmeperiode abgenommen (Artikelübersicht hier). Und die Niederschläge Südamerikas unterliegen vor allem einer ausgeprägten natürlichen Zyklik, die von Sonnenaktivitätsschwankungen und 60-Jahres-Ozeanzyklen gesteuert wird (siehe z.B. „Phasenverschiebung im Zusammenwirken von Klima und Sonne entdeckt: Ostbrasilianischer Regen im Takte der Sonnenaktivität„, „Sonnenaktivität steuerte den südamerikanischen Monsunregen während der letzten 1500 Jahre“ und „Starker Einfluss von Sonnenaktivitätsschwankungen und El Nino auf Temperaturen und Regenmengen in Süd-Brasilien während der letzten 100 Jahre„) .

Was könnte der wahre Grund für den Rückgang der argentinischen Pinguin-Population sein? Wiederum gehen wir 4 Jahre zurück und finden eine heiße Spur in einem NBC News-Artikel vom 13. Februar 2009:

Overfishing of Anchovies tied to sharp drop in Magellanic penguins
Penguin numbers at Argentina’s Punta Tombo colony have declined by more than 20 percent in the last 22 years, from 300,000 to just 200,000 breeding pairs, Boersma said. Boersma, a University of Washington professor, recently published two papers documenting challenges faced by Magellanic penguins. Penguins at Punta Tombo are traveling farther to find food than they did a decade ago, she found, due to changing ocean conditions and overfishing, especially of anchovies, a penguin staple. That has forced some penguins to attempt to nest outside of protected areas where they often fall prey to predators. „Penguins are having trouble with food on their wintering grounds and if that happens they’re not going to come back to their breeding grounds,“ Boersma said in a statement issued by the Wildlife Conservation Society, which helps fund her work. „If we continue to fish down the food chain and take smaller and smaller fish like anchovies, there won’t be anything left for penguins and other wildlife that depend on these small fish for food.“

Vollständigen Artikel auf NBC News lesen.

Wohl nicht der Klimawandel, sondern vielmehr Überfischung bedroht die argentinische Pinguin-Population. SZ-Redakteur Christoph Behrens lässt dieses kleine, feine Detail aus unerfindlichen Gründen in seiner Berichterstattung aus. Schlimme Recherchepanne.

 

Teilen: