Neues beim Klima? – Stellungnahme zu Rezos Video „Die Zerstörung der CDU“

Von Eike Roth

Rezos Video „Die Zerstörung der CDU“ hat nicht nur Wahlen beeinflusst, sondern auch offen gezeigte Prioritäten und Einstellungen verändert. Insbesondere bei der jungen Generation sind „das Klima“ und daraus resultierende Gefahren zum alles beherrschenden Thema geworden: Wenn wir Klimaschutz nicht umgehend voranbringen, mit allen hierzu verfügbaren Maßnahmen und Mitteln, dann haben wir, unsere Generation, keine Zukunft mehr, dann hat die ganze Erde keine Zukunft mehr, dann wird sie kein von Menschen bewohnter Planet mehr sein. Alle anderen Probleme sind demgegenüber nachrangig.

Diesen Eindruck von der öffentlichen Stimmungslage kann man heute jedenfalls bekommen. Auf den ersten Anschein hin klingt das alles auch sehr konsequent. Aber wenn man genauer hinsieht, gilt es doch nicht gar so streng: Von den möglichen Maßnahmen und Mitteln ist Kernenergie natürlich ausgenommen. Bestehen da doch Zweifel an den Klimakatastrophenprognosen?

Apropos Zweifel: Natürlich ist es gut, wenn „die Jugend“ sich Gedanken über die Zukunft macht und diese selbst in die Hand nehmen will.  Es ist ihre Zukunft!  „Die Jugend“ soll Zweifel hegen, ob wir „Alten“ es richtig gemacht haben. Sie soll aber auch hinterfragen, ob die Warnungen vor drohenden Klimakatastrophen, die sie von manchen „Alten“ hört, berechtigt sind.  Und sie soll natürlich auch hinterfragen, ob die gegenteiligen Aussagen, die sie von anderen „Alten“ hört, berechtigt sind. Ich hoffe jedenfalls, dass „die Jungen“ meine nachfolgenden Aussagen sorgfältig überprüfen und sich eine eigene Meinung bilden.

Damit zum Inhalt von Rezos Video (beschränkt auf den Klimateil):

1 -Endzeitstimmung: Rezo malt ein äußerst düsteres Bild: Wir stehen mitten drinnen im schon laufenden und vom CO2-verursachten Kollaps der bewohnbaren Welt. Nur drastische Sofortmaßnahmen könnten uns noch retten.

Faktencheck: So schlecht geht es uns nicht. Wir leben gesünder und länger als je zuvor, mit mehr Freiheiten als je zuvor und wir haben bessere Mittel als je zuvor, uns gegen Gefahren und Unbill jeglicher Art zu wehren. Es stimmt zwar, dass der Mensch die Erde gefährdet. Über das Ausmaß der Gefährdung kann man diskutieren, aber da ist die Gefährdung zweifellos. Nur verläuft sie ganz anders, als Rezo es schildert. Der Mensch gefährdet die Erde durch Krieg und potentiellen Krieg, durch ungehemmte Ausweitung seiner Tätigkeiten auf immer größere Flächen, durch landwirtschaftliche Monokulturen, durch Plastik (eigentlich nicht durch das Plastik selbst, sondern durch unachtsam weggeworfenes Plastik), durch das Abholzen von Regenwäldern, und durch vieles anderes mehr. Er gefährdet die Erde aber ganz sicher nicht durch CO2, jedenfalls nicht in überschaubarer Zeit. Vom CO2 hat die Erde schon viel mehr vertragen und es ist ihr nie schlecht bekommen. CO2 fördert prinzipiell das Pflanzenwachstum und damit indirekt auch die Tierwelt. Für Menschen verbessert mehr CO2 unbestreitbar die Nahrungsgrundlage. Rezos Endzeitstimmung ist übertriebene Panikmache, für die keine reale Grundalge zu erkennen ist. Einige Argumente hierzu werde ich noch bringen.

2 -Wahrheitssuche und Konsens der Wissenschaft: Rezo betont immer wieder die große Einigkeit der Wissenschaft beim Klimaproblem. Das wäre auch leicht nachprüfbar. Einmal sagt er sogar ausdrücklich, er habe nur „eine Minute googeln“ müssen, um eine bestimmte Ansicht in „verschiedensten wissenschaftlichen Ausarbeitungen“ bestätigt zu finden. Er übersieht dabei geflissentlich, dass das nur ein Beweis dafür ist, dass diese Ansicht von einigen Wissenschaftlern vertreten wird. Bei den meisten Punkten werden aber auch gegenteilige Ansichten von Wissenschaftlern vertreten. Ich kann nicht erkennen, dass Rezo auch danach gegoogelt und dann abgewogen hätte.

OK, ich gehöre einer anderen Generation an. Ich habe in der Schule noch „et altera pars audiatur“ gelernt, man muss auch die  andere Seite hören. Rezo genügt es offensichtlich, wenn er heraus findet, dass eine bestimmte Ansicht von Wissenschaftlern vertreten wird. Dann ist diese Ansicht seiner Meinung nach wissenschaftlich bewiesen.

Ich habe auch noch gelernt, dass man Theorien nie wirklich beweisen kann. Man muss sich vielmehr intensiv bemühen, sie zu falsifizieren. Nur wenn das misslingt, darf man sie bis auf weiteres als brauchbare Arbeitsgrundlage akzeptieren. Bei Rezo finde ich von alldem nichts.

Wühlt man etwas tiefer im Internet, erkennt man sofort, dass der Konsens beim Klimaproblem relativ eng begrenzt ist: Er besteht im wesentlich nur in drei Punkten:

–Seit Beginn der Industriellen Revolution ist es wärmer geworden

–In dieser Zeit ist die CO2-Konzentration durch menschliche Tätigkeiten stark angestiegen und

–Dieser Anstieg verstärkt prinzipiell den Treibhauseffekt.

Zugegeben, das ist schon einiges an Konsens. Aber gerade nicht in der entscheidenden Frage der Bewertung des anthropogenen Klimaproblems. Die Größe des anthropogenen Treibhauseffektes und damit die Größe des anthropogenen Klimaeinflusses sind sehr wohl wissenschaftlich umstritten, sogar ganz massiv. Nähere Informationen hierzu kommen weiter unten.

Anzurechnen ist Rezo, dass er viele Quellen zitiert. Aber beweisen lässt sich damit nichts. Genauso wenig, wie sich durch das Aufzeigen gegenteiliger Aussagen anderer Wissenschaftler etwas beweisen ließe. Auch die relative Häufigkeit bestimmter Aussagen beweist nichts. Wissenschaft ist ganz einfach keine demokratisch entscheidbare Angelegenheit. Albert Einsteins Relativitätstheorie z. B. wurde zunächst von fast allen Wissenschaftlern abgelehnt. Auf die Frage, ob ihn das denn nicht beeindrucken würde, soll er verneinend geantwortet haben, dass schon ein Einziger genügen würde, wenn der denn recht hätte. Letztlich hatte Einstein recht. Die Quantentheorie wiederum hat Einstein massiv abgelehnt. Aus heutiger Sicht hatte da er unrecht. Wer beim Klimawandel recht hat, wird erst die Zukunft zeigen. Rezos Video ist da wohl kaum hilfreich, treibt aber vielleicht doch die Diskussion voran.

Angesichts der potentiellen Konsequenzen aus den möglichen Klimaänderungen einerseits und der Tragweite der geforderten Gegenmaßnahmen andererseits sollte eine sachlich solide Abklärung höchste Priorität haben. Aber in Deutschland diskutieren wir am falschen Ende. Es wird darüber gestritten, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen, z. B., ob eine CO2-Steuer wirksamer ist als ein Zertifikatesystem. Die eigentlich vorrangige Aufgabe, die Notwendigkeit solcher Maßnahmen abzuklären, bleibt unerledigt. Auch Rezos Video leistet hierzu keinen Beitrag.

3 – Ursachen von Klimaänderungen: Rezo sagt, die CO2-Konzentration hätte sich vor dem Eingriff der Menschen über Millionen Jahre nicht geändert. Das stimmt zwar bei weitem nicht so lange, aber wenigstens seit der letzten Eiszeit war es schon so. Allerdings hat sich das Klima in dieser Zeit sehr wohl und wiederholt geändert. Es muss also auch andere Ursachen für Klimaänderungen geben! Vermutlich haben diese auch auf die Klimaentwicklung der letzten 150 Jahre (seit Beginn der industriellen Revolution) Einfluss gehabt und vermutlich werden sie auch zukünftig das Klima beeinflussen. Doch Rezo kennt nur CO2 als Klimaverursacher.

4 – Schuldzuweisung: Aus dem gut gesicherten Sachverhalt, dass der Anstieg der CO2-Konzentration seit Beginn der Industrialisierung „zu 100 % vom Menschen verursacht“ worden ist, schlussfolgert Rezo, dass auch die in dieser Zeit eingetretene Erwärmung „zu 100 % vom Menschen verursacht“ worden ist. Nach Ziff. 3 ist das eindeutig unzulässig. Auch der im Detail sehr unterschiedliche Verlauf der Kurven für CO2-Konzentration und Erwärmung spricht massiv gegen Rezos Aussage. Vermutlich ist mindestens die Hälfte der Erwärmung auf andere Ursachen zurück zu führen.

Rezo sagt auch, dass alle heutigen Wetterkapriolen, er nennt sogar Gesamtschadenssummen hierfür, ausschließlich auf diese menschenverschuldete Erwärmung um ein Grad zurückzuführen und damit Schuld des Menschen wären. Welch hanebüchener Unsinn! Als ob es im 19. Jahrhundert keine Wetterkapriolen gegeben hätte. Nach Meinung vieler Forscher sogar eindeutig mehr als es heutzutage gibt. Das hat dem 20. Jahrhundert sogar die Bezeichnung „meteorologisches Gunstjahrhundert“ eingebracht. Rezo interessiert das nicht. Ich werde später nochmals darauf zurück kommen.

5 – Welches Klima ist optimal? Aus der Geschichte wissen wir, dass es der Menschheit (insgesamt, mit örtlichen Unterschieden) immer umso besser gegangen ist, je wärmer es war. Das „Römische Klimaoptimum“ und das „Mittelalterliche Klimaoptimum“ beispielsweise waren Blütezeiten, die Abkühlung dazwischen hat wesentlich zur Völkerwanderung beigetragen und in der „Kleinen Eiszeit“ danach gab es viele Missernten und weit verbreiteten Hunger. Heute ist es wieder ca. ein Grad wärmer und es geht uns wohl eindeutig besser als im 19. Jahrhundert (Ziff. 4). Für diese Erwärmung sollten wir dankbar sein, was auch immer sie verursacht hat (und was auch immer Rezo dazu sagt)!

Doch wie sieht es aus, wenn die Temperatur weiter steigt, wenn es noch ein halbes oder ein ganzes Grad wärmer wird? Ist es dann noch besser? Die faire Antwort ist: Wir wissen es nicht. Die Erfahrung spricht eher dafür. Warum sollte es denn ab dem heute erreichten Temperaturniveau plötzlich grundsätzlich anders werden als bisher? Nur die Rechenmodelle, die sagen das Gegenteil voraus. Doch die sind massiv umstritten (Ziff. 7 und 9). Rezo will das nicht sehen. Das ändert aber nichts an den Tatsachen. Dafür betont Rezo in seinem Video mehrfach die „Irreversibilität“ einer kleinen weiteren Erwärmung. Er meint damit, dass die Erwärmung dann selbständig immer weiter laufen würde. Dabei gibt es real keinerlei Anzeichen für so eine Irreversibilität. In der Erdgeschichte war es vielfach noch deutlich wärmer als heute, Irreversibilität ist dabei nie eingetreten. Panikmache ist in der Klimadiskussion keine Seltenheit, bei Rezo erreicht sie aber einen neuen Höhepunktpur, ohne dass es neue Sachargumente gäbe.

6 -Welche CO2-Konzentration ist optimal? In der Schule lernen wir, dass CO2 nicht nur das Klima erwärmt, sondern auch die Fotosynthese ankurbelt. Als Konsequenz davon ist die Primärproduktion (Gesamtproduktion der Biomasse weltweit) seit 1950 stark gestiegen. Dieserart hat die erhöhte CO2-Konzentration unbestreitbar Millionen Menschen vor dem Hungertod bewahrt. Und wenn mehr Menschen auf der Erde sein werden, wird dies Thema noch wichtiger sein. Doch Rezo klammert so etwas völlig aus. Es passt halt nicht in sein Konzept.

7 -Klimasensitivität: Die Erwärmung, die sich einstellt, wenn die Konzentration des CO2 in der Atmosphäre verdoppelt wird, wird als „Klimasensitivität des CO2“ bezeichnet. Das ist der wichtigste Parameter in der ganzen Klimadiskussion. Ist die Klimasensitivität hoch, ist die anthropogene Erwärmung groß, ist sie niedrig, fällt auch die anthropogene Erwärmung klein aus. Vom Weltklimarat IPCC werden „1,5 bis 4,5 Grad“ angegeben (95 % Vertrauensbereich). Auffallend ist noch, dass IPCC keinen wahrscheinlichsten Wert angeben kann, weil „die Unsicherheiten zu groß sind“. Die wissenschaftliche Unsicherheit ist sogar noch größer, manche Experten halten 1,5 Grad für zu viel, andere halten 4,5 Grad für zu wenig. Aber schon bei der IPCC-Angabe beträgt die Unschärfe einen Faktor drei! Der wichtigste Wert der ganzen Klimaberechnung ist nur auf den Faktor drei genau bekannt! Rezo sagt dazu nichts. Hat er die Wichtigkeit des Wertes vielleicht gar nicht erkannt?

Der Leser möge sich bitte einmal vorstellen, Otto Normalverbraucher würde sich gerade überlegen, ob er sein altes Auto nicht langsam durch ein neueres ersetzen sollte. Den wichtigsten kaufentscheidenden Faktor, den Preis, kennt er allerdings nur auf den Faktor drei genau. Vor einer Entscheidung würde er vermutlich genauere Preise anfordern. Sollten wir das nicht auch beim Klima so tun? Ich glaube nicht, dass die Klimamodelle bis zum Ende dieses Jahrhunderts (dann dürfte die doppelte CO2-Konzentration erreicht werden) ausreichend genau vorausrechnen können, solange sie den wichtigsten Einflussfaktor nur auf den Faktor drei genau kennen! Wer aus den Klimamodellen (langfristige) Schlussfolgerungen zieht, bewegt sich auf dünnem Eis.

8 -Verweilzeit des CO2 in der Atmosphäre: Rezo sagt, dass wir nur noch eine bestimmte Menge an CO2 freisetzen dürfen, wenn wir das 1,5-Grad-Klimaziel einhalten wollen. In nur neun Jahren wäre diese Menge aufgebraucht. Dann wäre endgültig Schluss, dann müssten unsere CO2-Freisetzungen vollständig eingestellt sein. Sonst wäre die Klimakatastrophe unvermeidbar.

Die Aussage vom „endlichen CO2-Budget“ setzt logisch zwingend voraus, dass das anthropogen freigesetzte CO2 (oder jedenfalls eine gleich große CO2-Menge) sich quantitativ in der Atmosphäre ansammelt und nur ganz langsam aus dieser wieder ausgeschieden wird. So wird es auch in Rezos Quellen behauptet. Genau das widerspricht aber der Logik und allen Beobachtungen. Alles in die Atmosphäre freigesetzt CO2, egal welchen Ursprungs, verhält sich unabänderlich gleich, weil die Gesetze der Physik und Chemie für alle CO2-Moleküle gleich gelten! Das anthropogen freigesetzte CO2 wird daher zwangsweise in genau gleichem Ausmaß aus der Atmosphäre ausgeschieden und in die Speicher „Wasser“ (vor allem in den Ozeanen) und „Biomasse“ eingelagert, wie das natürlich freigesetzte CO2. Dann werden alle CO2-Moleküle gleichwertig zwischen den drei Speichern hin und her geschickt, keine landen selektiv in einem der Speicher.

Auch die Beobachtungen zeigen eindeutig: Es verbleibt nicht alles anthropogen in die Atmosphäre freigesetzte CO2 in dieser. Es wird vielmehr laufend etwa die halbe Menge dieses CO2 der Atmosphäre wieder entzogen und in die Speicher „Wasser“ und „Biomasse“ überführt. Das war bisher so, das ist heute so und das wird auch zukünftig so sein, weil die Gesetze der Physik und Chemie sich nicht ändern. In Zahlen sieht das so aus: Derzeit werden jährlich ca. 35 bis 40 Milliarden Tonnen CO2 anthropogen freigesetzt und ca.  15 bis 20 Milliarden Tonnen CO2 werden wieder aus der Atmosphäre ausgeschieden. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre steigt daher nicht um jährlich 4 ppm (part per million, millionstel Anteile) an, wie es ohne diese Entnahme sein müsste, sondern nur um 2 ppm. Das sind unbestreitbare Tatsachen, Rezo hätte sie leicht recherchieren können.

Jetzt muss ich den Leser schon wieder bitten, mir bei einem Gedankenexperiment zu folgen: Nehmen wir an, der Menschheit würde es gelingen, ihre CO2-Freisetzungen auf die Hälfte des heutigen Wertes zu reduzieren. Dann hätten wir ein Gleichgewicht zwischen Eintrag in die Atmosphäre und Ausbringen aus dieser. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre würde sich trotz erheblicher Freisetzung nicht mehr ändern und der Treibhauseffekt würde nicht mehr zunehmen. Der Zustand ließe sich beliebig lange fortsetzen. Ende des Gedankenexperimentes.

Wie auch immer man die anderen Punkte in meiner Stellungnahme hier bewertet, dieser ist eindeutig: Für ein festes CO2-Budget gibt es auf der realen Erde keine sachliche Grundlage. Rezo (und seine Quellen) liegen hier schlichtweg voll daneben. Naturgesetze sollten außer Streit sein und Beobachtungen sollte man ernst nehmen. Das mindeste, das man daraus lernen kann, ist, dass für Klimaschutzmaßnahmen sehr viel mehr Zeit zur Verfügung steht. Die sollten wir uns auch nehmen, die tatsächlich offenen Fragen zu klären.

9 – Die wärmsten Jahre: Rezo streicht heraus, dass die letzten vier Jahre die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen waren. Für 2018 stimmt das wohl nicht mehr so ganz, aber das sind Peanuts. Viel wichtiger erscheint mir, dass diese „wärmsten vier Jahre“ wohl eindeutig auf ein besonders starkes El Nino-Ereignis 2015/2016 zurückzuführen sind (solche Ereignisse sind immer Wetter und nie Klima), dass es seit dem Rekord 2016 wieder kälter wird und dass insgesamt der im 21. Jahrhundert viel langsamere Anstieg der Temperatur als in den Jahrzehnten davor weiterhin Bestand hat. Dieser verlangsamte Temperaturanstieg trotz weiter erhöhter CO2-Freisetzung lässt sich mit den Klima-Rechenmodellen nicht erklären, hier liegen die massiv daneben. Sie können die Vergangenheit nicht richtig berechnen, sollen aber die Zukunft richtig berechnen können? Wie soll das gehen? Auch das Problem ignoriert Rezo.

10 – Extremwetterereignisse: In Ziff. 4 habe ich schon Rezos Behauptung zitiert, alle heutigen Wetterkapriolen wären auf den (von ihm anthropogen eingestuften) Temperaturanstieg um ein Grad seit 1850 zurück zu führen. Damit geht Rezo klar über die übliche Aussage hinaus, extreme Wetterereignisse hätten „deutlich zugenommen“. Dabei ist auch diese Aussage mehr als zweifelhaft. Eine solche Zunahme wird zwar seit Jahrzehnten von den Klima-Rechenprogrammen vorausgesagt, aber selbst IPCC musste im letzten Sachstandsbericht  (AR5) zugeben, dass statistisch bisher keine Zunahme erkennbar ist. Fachliteratur mit dieser Aussage gibt es zuhauf, Rezo wollte sie aber offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen. Außerdem, selbst wenn eines Tages eine Zunahme extremer Wetterereignisse nachweisbar sein sollte und selbst wenn diese Zunahme erwärmungsbedingt wäre, könnte daraus keine Aussage über die Ursache der Erwärmung abgeleitet werden. Das fordert die Logik zwingend.

11 -Artensterben: Rezo spricht in drastischen Worten von nie dagewesenem Artensterben, das  direkt durch den anthropogenen Klimawandel verursacht wäre. Landwirtschaftliche Monokulturen, Ausbreitung des Menschen mit Einengung des Lebensraumes von Pflanzen und Tieren, die Rodung tropischer Regenwälder als Folge der „Klimaschutz-Maßnahme“, dem Benzin und Diesel Biosprit beizumischen, das alles kennt Rezo nicht. Für ihn gibt es nur eine Ursache, die anthropogene CO2-Freisetzung, weil er unbedingt die als den Schuldigen haben will. Dabei fallen dem Kampf gegen Klimaänderungen wahrscheinlich sogar mehr Arten zum Opfer als den Klimaänderungen selbst. Rezo ficht das nicht an.

12 – Fieber: Die Konsequenzen einer Klimaerwärmung um zwei Grad werden im Rezo-Video gleichgesetzt mit den Konsequenzen, wenn das Fieber eines Menschen von 41 auf 43 Grad steigt. Das ist aus zwei Gründen völlig abwegig: Erstens ist von den zwei Grad Klimaerwärmung zumindest die erste Hälfte (die wir schon erreicht haben) nachweislich der geschichtlichen Erfahrung gut für den Menschen, während ein Anstieg des Fiebers von 41 auf 42 Grad bereits im schwer kranken Bereich abläuft. Und wie dem Menschen die zweite Hälfte der Klimaerwärmung bekommt, wissen wir nicht, während ein Anstieg des Fiebers auf  43 Grad erfahrungsgemäß so gut wie sicher den Tod bedeutet. Fairer (aber auch unsinnig) wäre da schon ein Vergleich der zwei Grad Klimaerwärmung mit dem Anstieg der Köpertemperatur von 35 auf 37 Grad.

Zweitens ist die Körperkerntemperatur des Menschen Resultat einer körpereigenen Regelung. Diese regelt in einem sehr engen Band, um alle Funktionen im Körper richtig ablaufen zu lassen. Störungen in dieser Regelung äußern sich als Fieber. Ist eine solche Störung zu groß, führt das zum Tode. Die Außentemperatur ist demgegenüber etwas völlig anderes. Sie ist keine Selbstregelung des Körpers, sondern wirkt von außen auf diesen ein. Bei ihr verträgt der Mensch problemlos zehn Mal größere Schwankungen als bei seiner Körpertemperatur. Sonst könnte er weder Tag und Nacht noch Sommer und Winter überleben. Die berühmten Äpfel und Birnen haben mehr gemein als Fieber und Klimaerwärmung. Aber Rezo verfolgt ja ein Ziel, da muss man schon großzügiger sein.

13 -Braunkohle: Rezo fordert ein sofortiges Abschalten aller Braunkohlekraftwerke. Das sei zum Klimaschutz unentbehrlich, sagt er. Übergehen wir einmal, dass Rezo in seinem Video Steinkohle und Braunkohle durcheinander bringt. Und lassen wir uns auch nicht auf die Schwierigkeiten der Umsetzung und auf die Konsequenzen eines raschen Braunkohleausstieges ein. Auf jeden Fall übersieht Rezo (genauso wie die Bundesregierung!), dass ein Braunkohleausstieg nach Lage der Dinge dem Klima überhaupt nicht helfen würde. Für jede t CO2, die sich durch diesen Ausstieg zunächst einsparen ließe, würden nämlich auch Zertifikate für eine t CO2 frei werden. Die kämen in den Handel und für die würde dann vom Käufer exakt wieder diese t CO2 freigesetzt werden, nur eben an anderer Stelle. Dem Klima ist der Ort der Freisetzung egal.

Aber wenn wir schon bei diesem Thema sind: Die Klima-Unwirksamkeit gilt völlig gleich auch für die Deutsche Energiewende! Auch die kann keine CO2-Reduzierung bewirken, solange parallel hierzu das Zertifikatesystem gilt. Rezo ignoriert natürlich auch das (wieder genauso wie die Bundesregierung).

14 -Kosten Regenerativer Energien: Rezo beklagt einerseits, dass der Ausbau regenerativer Energien durch Kürzung der Subventionen erheblich reduziert worden ist und dadurch viele Arbeitsplätze in diesem Bereich verloren gegangen sind, behauptet andererseits aber, dass die regenerativen Energien wirtschaftlich konkurrenzfähig wären. Der Widerspruch ist ihm wohl gar nicht aufgefallen. Real ist die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit regenerativer Energien ein Wunschbild, das nicht eintritt und in überschaubarer Zeit auch nicht eintreten wird. Wäre es anders, bräuchte man zur Umsetzung von Klimaschutz-Maßnahmen keine mühsam ausgehandelten internationalen Verträge mit komplizieren Kontroll- und vielleicht auch Sanktionsmechanismen! Real kostet Klimaschutz Geld, viel Geld sogar, und dieses Geld muss jetzt aufgebracht werden (und fehlt uns dann für andere Aufgaben). Demgegenüber fallen die aus einer möglichen anthropogenen Klimaänderung erwachsenden Kosten erst in vielen Jahren an, wenn sie denn überhaupt anfallen. Auch hier ist eine gegenseitige Abwägung notwendig, aber davon will Rezo natürlich nichts wissen.

15 -Politiker-Gesetze und Naturgesetze: Rezo meint, Politiker müssten nur einfach als Gesetz beschließen, was er für richtig hält, dann würde der Klimaschutz schon gelingen. De facto müssten die Politiker dann aber Gesetze beschließen, die im Widerspruch zu Naturgesetzen stehen. Das kann nicht aufgehen!  Naturgesetze können weder Rezo noch die von ihm gescholtenen und hier in die Pflicht genommenen Politiker aushebeln.

16 -Sonne: Die Sonne als möglicher Treiber von Klimaveränderungen wird von Rezo nur sehr oberflächlich behandelt. Dabei gibt es gerade dazu eine Reihe wissenschaftlicher Berichte, die ihr sehr wohl einen erheblichen Beitrag zuschreiben. Aber auch das passt nicht in Rezos Konzept.

17 -Risiko: Noch einen Punkt muss ich ansprechen, auch wenn dieser im Rezo-Video gar nicht vorkommt (was auch schon wieder gewisse Rückschlüsse zulässt): Als Folge des durch massive Förderungen bewirkten starken Ausbaus von Wind- und Solarenergie ist das Risiko eines Blackouts in Deutschland bereits erheblich gestiegen. Mit dem weiteren Ausbau dieser Energieformen wird es noch beträchtlich weiter steigen. Wenn ein solcher Blackout großflächig eintritt und länger anhält, sind die Folgen im wahrsten Sinne des Wortes katastrophal. Von vielen Experten wird dieses Risiko als weit höher eingeschätzt als das Klimarisiko und es steigt beim weiteren Ausbau von Wind- und Solarenergie schneller als das Klimarisiko abnimmt. Auch der Punkt muss sorgfältig diskutiert werden.

Im Rezo-Video gibt es noch viel mehr Einseitigkeiten und unhaltbare Aussagen. Die hier angesprochenen Punkte sollten aber genügen, das Video insgesamt einzustufen. Nach meinem Eindruck geht es Rezo nicht um einen Sachbeitrag, sondern ausschließlich um Meinungsbeeinflussung. OK, das ist sein gutes Recht und es ist ihm wohl auch in erheblichem Ausmaß gelungen. Ich hoffe aber trotzdem, dass durch sein Video die Diskussion auch in der Sache vertieft wird und dadurch offene Fragen rascher einer Klärung zugeführt werden, insbesondere auch die grundsätzliche Frage nach der realen Größe des anthropogenen Treibhauseffektes (und damit der Notwendigkeit von Abhilfemaßnahmen). Dann kann auch ich dem Video etwas Positives abgewinnen.

 

Teilen: