Kurioses Sonntagsblick-Interview von IPCC-Autor Reto Knutti: IPCC-Modelle sind alle super und alternativlos

Reto Knutti ist Klimawissenschafler an der ETH Zürich und zugleich Autor im gerade neu entstehenden Klimabericht des Weltklimarats IPCC. Der Journalist Peter Hossli befragte den Forscher nun zu einigen aktuellen Entwicklungen, die sich auf den ersten – und leider auch zweiten – Blick nur schwer mit der langjährigen Klimakatastrophen-Theorie des IPCC in Einklang bringen lassen. Das aufschlussreiche Interview wurde am 19. Mai 2013 im Sonntagsblick veröffentlicht. Hier einige Passagen im Auszug mit unserer Kommentierung.

HOSSLI: 97 Prozent der Klimaforscher glauben an den Klimawandel, aber nur die Hälfte der Öffentlichkeit. Warum?
KNUTTI: Es gibt viele Leute, die persönliche, politische, finanzielle und ideologische Interessen haben, den Klimawandel zu negieren. Wer höhere Energiepreise ablehnt, verneint die Klimaänderung – egal, ob Fakten das Gegenteil belegen. Die SVP [Schweizerische Volkspartei, derzeit stärkste Partei im Nationalrat] sagte noch 2009 in einem Posi­tionspapier, die Klimaveränderung sei nicht von Menschen verursacht.

Die SVP allein kann es nicht sein.
Natürlich nicht. Die öffentliche Debatte ist von Meinungen geprägt, nur zu einem kleinen Teil von wissenschaftlicher Forschung. Dabei ist Klimaveränderung nicht eine Frage des Glaubens, sondern der Fakten. Es wäre schön, wenn Zweifler sagen würden: «Die Fakten stimmen, es gibt den Klimawandel, aber er ist mir egal. Mir ist wichtiger, kurzfristig Geld zu verdienen.»

Ganz genau, mit dem Klimawandel lässt sich ausgezeichnet Geld verdienen. Leider versäumt es Knutti an dieser Stelle, das ganze Spektrum der Interessenskonflikte darzustellen. Ist es wirklich reine Nächstenliebe, dass sich Versicherungen aktiv in der Extremwetterforschung und deren medialen Auswertung hervortun? (Siehe unsere Blogbeiträge „Schweizerische Mobiliar-Versicherung finanziert Klima-Professur“ und „Spiegel Online zweifelt an Katastrophenszenarien der Münchener Rückversicherung„). Oder könnte es sein, dass eine durch Extremwetterwarnungen beunruhigte Bevölkerung eher geneigt ist, entsprechende Versicherungen abzuschließen, die aufgrund der vermeintlich gesteigerten Gefahr zudem teurer angeboten werden? Und wenn dann noch die Schadenszunahme „unverhofft“ ausbleibt, die Versicherungswirtschaft ein weiteres Mal profitiert? Wie sieht es mit den vielen Millionen von Klimaforschungsgeldern aus, die aufgrund der Klimahysterie derzeit fließen? Was würde passieren, wenn die Klimagefahr nur halb so wild wäre? Gäbe es nicht mindestens genauso wichtige Wissenschaftsfelder, die das Geld ebenfalls dringend benötigen würden, z.B. die Krebsforschung? Wie sieht es mit Forscherkarrieren, exotischen Konferenzreisen, Medienauftritten und üppig honorierten Vorträgen aus, die ohne die Klimakatastrophe plötzlich ausbleiben würden? Knutti schweigt hierzu, da er von diesem Interessenskonflikt selber betroffen ist.

HOSSLI: Die Angst vor der Klimakata­strophe schwindet doch vor allem, weil die Temperaturen seit zehn Jahren nicht mehr steigen.
KNUTTI: Der Stand der wissenschaftlichen Forschung ist gleich geblieben. Die Voraussagen im nächsten Klimabericht im Herbst entsprechen jenen von 2007 – die Welt wird wärmer.

Es ist erschreckend, mit welcher Sturheit und Naivität der IPCC hier vorgeht. Anstatt sich ernsthaft mit der immer klarer werdenden signifikanten Rolle natürlicher Klimafaktoren zu beschäftigen, wird einfach gemauert und die Probleme in den Modellen unter den Teppich gekehrt. Hoffentlich merkt es keiner. Mit moderner, aufgeklärter und ergebnisoffener Wissenschaft hat dies nichts mehr zu tun. Knutti ist Teil dieses fragwürdigen Systems und mauert kräftig mit. Der Herr König hat beschlossen: Es wird wärmer. Da ist es ganz egal, dass keines der hochgelobten IPCC-Klimamodelle den Erwärmungsstopp der letzten 15 Jahre hatte kommen sehen. Es geht hier doch viel mehr, um wieviel es eigentlich wärmer wird. Selbst in unserem Buch „Die kalte Sonne“ prognostizieren wir doch eine Temperatursteigerung bis zum Ende des Jahrhunderts, allerdings von maximal einem Grad. Knuttis wenig differenzierte Aussage „Die Welt wird wärmer“ verfehlt glatt das Thema. Hossli kommt dann auf einen interessanten Punkt zu sprechen:

HOSSLI: Ist es heiss, sagen alle: Das ist die Klima-Erwärmung. Ist es kalt, reden Forscher wie Sie von kurzfristigen Abweichungen.
KNUTTI: Ein heisser Sommer reicht nicht, um die Klima-Erwärmung zu beweisen. Genauso ist es aber falsch, kalte Pfingsten als Gegenbeweis anzuführen. Wir lassen uns zu stark von Extremen leiten. An Sturm Lothar und Hurrikan Katrina erinnern wir uns lange. Für das Klima sind beide kaum relevant.

Interessant. Knuttis Kollege Stefan Rahmstorf hat den russischen Hitzesommer 2010 durchaus als Folge des Klimawandels öffentlich dargestellt. Der Versicherungskonzern Swiss Re zitierte den Orkan Lothar von 1999 im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung, obwohl die stärksten Stürme in unseren Breiten eher in den Kaltphasen auftraten (siehe unseren Blogbeitrag „Eine unbequeme Wahrheit: Während der Kleinen Eiszeit waren die Stürme in Europa stärker als heute„). Al Gore sah Hurrikan Katrina durchaus als Zeichen der Klimakatastrophe. Und der Klima(rats)retter diskutiert bereits eifrig, ob die aktuellen Überschwemmungen in Teilen Deutschlands und den Nachbarländern nicht vielleicht durch den Klimawandel ausgelöst sein könnten. Hossli bringt es auf den Punkt, während Knuttis Antwort nicht befriedigen kann.

HOSSLI: Was führt zu Klimawandel?
KNUTTI: Hauptsächlich steigende Werte von Treibhausgasen in der Atmosphäre: CO2, Methan und N2O. Diese entstehen durch die Verbrennung von Erdöl, Gas und Kohle sowie durch Abholzung, Düngung und durch Kühe.

Von 2000 bis 2010 strömten 100 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre: ein Viertel dessen, was die Menschheit seit 1750 insgesamt abgab. Wärmer wurde es nicht. Ihre These hinkt.
Zehn Jahre reichen nicht, um eine langfristige Veränderung zu erkennen. Die Modelle bleiben klar.

Die altbewährte Strategie, einfach abstreiten und Kurs halten. Es sind auch keine zehn Jahre, sondern mittlerweile 15 Jahre Erwärmungsstopp. Die Kühe können es auch nicht sein, denn der Methangehalt ist in den letzten Jahren gar nicht mehr angestiegen (siehe IPCC 2007 Bericht und unseren Blogbeitrag „Die Kuh ist kein Klimakiller„). Hat die Klimawissenschaft die Fähigkeit zur Selbstkritik verloren? Wird die geringste Abweichung von der Klimakatastrophen-Ideologie gleich mit dem Ausschluss aus dem Geheimverbund bestraft, so dass gar keine abwägende Graustufendiskussion mehr möglich ist?

HOSSLI: Wer trägt die Verantwortung, der Mensch oder die Natur?
KNUTTI: Mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit war der grösste Teil der Erwärmung der letzten 50 Jahre menschengemacht. Ein Beitrag kommt von der Sonne, aber der ist gering.

Andere Forscher sind da etwas vorsichtiger als Knutti und sprechen von etwa der Hälfte. So sagte Mojib Latif im Februar 2012 gegenüber der österreichischen Tageszeitung Die Presse:

DIE PRESSE: Zurück zur bisherigen Erwärmung, 0,8 Grad seit 100 Jahren. Für Vahrenholt kommt die Hälfte von der Sonne. Und beim IPCC kommt alles vom CO2?
LATIF: Nein, das hat der IPCC nie gesagt, er ist sehr vorsichtig und sagt, dass etwa die Hälfte der Erwärmung anthropogen ist. 

DIE PRESSE: Dann sagt er das Gleiche wie Vahrenholt?
LATIF: Ja, das ist es ja, was mich wahnsinnig macht: Da wird ein Popanz aufgebaut und dann genüsslich zerrissen.

Zurück zu IPCC-Autor Knutti. Der behauptet, die Sonne könne nur einen verschwindend kleinen Beitrag zur Klimaerwärmung geleistet haben und bringt dann eine sehr fragwürdige Aussage:

HOSSLI: Wissenschaftler sagen, die Sonne habe sich verändert und bringe Abkühlung.
KNUTTI: Die Sonnenaktivität nahm eher ab. Zu erwarten gewesen wäre eine Abkühlung. Die Erde wird aber warm.

Dieses Argument ist nachweislich falsch. Knutti ignoriert dabei, dass das Klimasystem träge ist und dass ein einzelner starker Sonnenzyklus in den 1960er Jahren die Temperatur nicht sofort massiv nach oben schnellen lassen kann. Zudem verschweigt er, dass die letzten 50 Jahren zu den solar aktivsten Zeiten der gesamten letzten 10.000 Jahren gehörten. Schließlich gilt es auch das Sonnenmagnetfeld anzuschauen, welches viel besser mit der Temperaturentwicklug zusammenpasst als die Gesamtstrahlleistung (siehe Diskussion in unserem Blogbeitrag „Wissenschaftssendung Nano lässt der Sonne keinen Nanometer Klimawirkung: Fehlende Neutralität in der Berichterstattung wirft Fragen auf„). Und Knuttis Aussage „Die Erde wird aber warm“ ist für die letzten 15 Jahre ebenso kompletter Unsinn. Dies ist aber der Zeitmaßstab, den man beim Vergleich mit den 11-Jahres-Sonnenzyklen verwenden muss. Dann geht Hossli auf eine Reihe neuerer Studien ein, die eine deutlich geringere CO2-Klimasensitivität andeuten:

HOSSLI: Neue Forschungen zeigen: Der CO2-Aus­stoss ist weniger schlimm, als man glaubte.
KNUTTI: Es ist tatsächlich so, dass wir heute die extremen Modelle als we­niger wahrscheinlich annehmen. Gross ist der Unterschied nicht.

Wie bitte, Herr Knutti? Der Unterschied ist in Wirklichkeit enorm. Es geht um ein ganzes Grad weniger in den aktuellen Annahmen. Knutti war selber gerade Co-Autor einer Studie, welche die Klimakraft signifikant abschwächte (siehe unseren Blogbeitrag „Eine weitere Studie unterstützt eine deutlich niedrigere Klimawirkung des Kohlendioxids„). Im Interview schweigt sich Knutti hierzu seltsamerweise gründlich aus. Gäbe es vielleicht einen Grund, warum Knutti diese aufsehenerregenden neuen Resultate kleinzureden versucht? Ja, den könnte es durchaus geben. Der IPCC-Bericht ist im Prinzp bereits fertig und plötzlich stellt sich heraus, dass das Fundament der Studie – die CO2-Klimasensitivität – grob überschätzt wurde. Da es nun zu spät ist, alle Modelle neu zu erstellen, bleibt den IPCC-Autoren nur ein Ausweg, nämlich zu mauern, auf Stur zu schalten und sich den neuen Entwicklungen systematisch zu verschließen. Alles andere würde einen enormen Gesichtsverlust samt Beschädigung der eigenen Karriere bedeuten. Die Hauptleidtragende ist die Klimawissenschaft, die hierdurch auf dem Weg des Erknenntnisgewinns weit zurückgeworfen wird.


Ganzes Interview auf hossli.com lesen.

 

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