Falsche Gewichtsklasse: Eine regionale Pollenstudie, die nur zu gerne die ganze Welt erklären würde

Am 30. Januar 2018 beschrieb Gemma Derick in Nature die Problematik von Gutachterrunden. Die Idee, dass hier jeder Einzelgutachter zu gleichen Teilen mithilft, entspricht leider nicht der Realität. Vielmehr scheinen sich Seilschaften zu bilden, wobei Teil der Gutachter nur Abnicker sind und sich nicht trauen, eine eigene Meinung zu haben.

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Am 31. Januar 2018 erblickte ein neues Paper das Licht der Welt, das wohl mehr Verwirrung stiftete als das Klimaverständnis nach vorne trieb. Marsicek et al. (2018) gab an, die Temperaturen der letzten 10.000 Jahre rekonstruiert zu haben, wobei die Resultate nun endlich, endlich mit denen der Klimamodelle übereinstimmen. Frühere Temperaturrekonstruktionen auf Basis von geologischen Daten wollten einfach nicht zu den Simulationen passen. Der Freundeskreis des IPCC jubelte, da ihnen die Diskrepanz schon länger ein Dorn im Auge war. In einer dazugehörigen Pressemitteilung packte die University of Wyoming die „gute Nachricht“ gleich in die Titelzeile:

Most of last 11,000 years cooler than past decade in North America, Europe

Rätsel gelöst? Leider nein. Denn im Abstract des Papers mussten die Autoren einräumen, dass sie ihre Temperaturrekonstruktion nur auf einer einzigen Datenquelle aufgebaut haben, nämlich einer einzigen Pollendatenbank.

Although our results depend on a single source of palaeoclimatic data (pollen) and a single climate-model simulation,…

Deren Inhalt hat zum Teil einen Blackbox-Charakter, ohne durchgängige transparente Begutachtung. Die Berechnung der Temperatur über 10.000 Jahre anhand von großregionalen Pollendaten ist, gelinde ausgedrückt, ziemlich gewagt. Es wäre toll, wenn eine solche Universalformel funktionieren würde. Den Beweis ist sie bislang noch immer schuldig geblieben. Interferenzeffekte durch gleichzeitig ablaufende Schwankungen der Niederschläge geben wenig Hoffnung, dass hier der große Wurf gelungen sein könnte.

Unberücksichtig sind dabei alle anderen Paläoklimadaten wie etwa Eisbohrkerne, Berechnungen über Diatomeen, Foraminiferen, Isotope etc etc. Und was ist mit den anderen Erdteilen? Nein, die holozäne Klimaentwicklung ist damit noch lange nicht geklärt. Es ist außerordentlich verwunderlich, weshalb hier niemand sich die Mühe macht, endlich die Daten zusammenzusammeln. Eine frühere Studie von Marcott und Kollegen hat nur die Meerestemperaturen berücksichtigt. Dabei weiß man, dass Gebiete wie Skandinavien vor 6000 Jahren sehr viel wärmer waren als heute. Ist das vielleicht der Elefant im Raum, den niemand in solchen Studien beschreiben möchte?

 

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