Energiespeicher Wasserstoff

Von Reinhard Storz

Einleitung

Solarstrom aus Fotovoltaikanlagen und Windstrom aus Windkraftanlagen stehen  naturbedingt nur unregelmäßig zur Verfügung. Mit aufgehender Sonne am Morgen beginnt die Solarstromproduktion mit niedriger Ausbeute, um bis zur Mittagszeit anzusteigen, im Verlauf des Nachmittags wieder abzunehmen und bei Sonnenuntergang zu enden. Nachts gibt es keinen Solarstrom.

Anders bei der Windenergie. Schon bei niedriger Luftgeschwindigkeit ab 3m/s beginnen die Windräder sich zu drehen. Sie erzeugen dann aber nur sehr wenig Strom. Die Nennleistung wird bei Windgeschwindigkeiten zwischen 12-15 m/sec (Windstärke 7 ) erreicht. Die Stromerzeugung ist abhängig von der dritten Potenz der Luftgeschwindigkeit durch das Windrad. Das bedeutet, dass bei der Hälfte der Windgeschwindigkeit nur ein Achtel der Leistung erreicht wird. Ab 25m/sec ( Windstärke 9) wird die Anlage abgeschaltet, um nicht zerstört zu werden.

Bei Hochdruckwetterlagen gibt es häufig über mehrere Tage Windstille oder nur ganz schwachen Wind. In dieser Zeit steht kein bzw. kein nennenswerter Windstrom zur Verfügung. Andererseits werden  in Starkwindwetterlagen überschüssige Strommengen produziert, die nur schwierig oder sogar nicht nutzbar sind. In solchen Zeiten wird ein großer Teil des Stroms exportiert ( zu Preisen von Null Ect/kwh oder Negativpreisen) oder die Windkraftanlagen müssen abgestellt werden. Eine Einspeisevergütung für den nicht produzierten Strom bekommen die Eigentümer gleichwohl.

Um dieses Problem zu lösen wird vorgeschlagen, den überschüssigen Strom in Wasserstoff zu verwandeln um daraus, in Zeiten des Mangels, wieder Strom zu produzieren. Das hört sich zunächst einmal gut an. Aber es wird in zahlreichen Publikationen berichtet, dass auf diesem Wege erhebliche Verluste entstehen und nur ein Bruchteil der im Wasserstoff gespeicherten Energie in Strom zurückverwandelt werden kann.  Dabei variieren die Zahlen, je nach Verfasser und unterstellten technischen Gegebenheiten. Um zu verstehen wie das Ganze abläuft und welche Verluste wo entstehen werden wir der Sache anhand von bildlichen Darstellungen schrittweise auf den Grund gehen.

Bild 1: Nutzung von Solar- und Windstrom zur  Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse

Wir sehen, dass bei der Elektrolyse ca. 25% der Energie aus dem Solarstrom verloren gehen und 75% in dem durch Elektrolyse produzierten Wasserstoff enthalten sind. In manchen Veröffentlichungen werden auch Werte zwischen 60% und 70% angegeben. Dann wären die Verluste alternativ 30% oder 40%. Die Firma Sunfire nennt für Dampfelektrolyse beispielsweise einen elektrischen Wirkungsgrad der neuen Anlage von 82%. Wenn man den Wirkungsgrad des Kessels für die vorgelagerte Dampferzeugung mit Brennstoff, Energie für Speisepumpe, Verbrennungsluftgebläse etc. berücksichtigt, liegt man wohl auch in der Nähe von 75% als Gesamtwirkungsgrad der Dampfelektrolyse. Für den Windstrom gilt das Gleiche.

Bild 2: Kompression von Wasserstoff

Wasserstoff ist ein sehr leichter Stoff, der viel Raum einnimmt. Um den Wasserstoff besser lagern und transportieren zu können wird er komprimiert oder verflüssigt. Für die Nutzung im Verkehr wird er beispielsweise auf bis zu 650 oder 700 bar verdichtet. Dafür ist ein erheblicher Aufwand an Energie erforderlich, der hier mit ca. 15% angenommen und als Verlust verbucht wird. Der Transport auf der Straße erfolgt in Hochdruckbehältern auf speziellen LKW. Für eine zukünftige Wasserstoffwirtschaft wird in einem Vorschlag[1] ein Pipeline-Netz, parallel zum Erdgasnetz, propagiert, mit dem dann der Straßenverkehr versorgt werden könnte. 

Andere halten zahlreiche kleinere Elektrolyseanlagen für vorteilhafter, die an einem Flughafen oder sogar an einer Autobahnraststätte den erforderlichen Wasserstoff produzieren und damit Transportkosten ersparen könnten. Der Transport von Strom und Wasser ist kostengünstiger als der Transport von Wasserstoff, so das Argument. Für die Speicherung großer Mengen an Wasserstoff über längere Zeiträume, um beispielsweise jahreszeitliche Schwankungen im Energieverbrauch auszugleichen, sind unterirdische Speicher, wie Kavernen in Salzstöcken, geplant.

Bild 3: Verflüssigung von Wasserstoff

Wird Wasserstoff verflüssigt beansprucht er noch weniger Raum. Das hat Vorteile bei Transport und Lagerung,  ist allerdings mit noch höherem Energieaufwand als die Kompression verbunden. Ca. 30% der im Wind- oder Solarstrom enthaltenen Energie gehen bei der Verflüssigung verloren.

Bild 4: Speichern, Umfüllen  und Transportieren des flüssigen Wasserstoffs zum Verbraucher

Etwa 10% der Energie gehen verloren beim Speichern, Umfüllen und Transportieren des flüssigen Wasserstoffs. Weitere Energie würde für die Kältetechnik erforderlich sein, wenn man den flüssigen Wasserstoff über längere Zeiträume speichern will. Ich gehe deshalb davon aus, dass der durch Erwärmung (auch die beste Isolierung lässt Wärme eindringen) verdampfende Wasserstoff energetisch genutzt wird, wie das auch beim Transport und weiterer Nutzung von verflüssigtem Erdgas geschieht.

Bild 5: Speichern, Umfüllen  und Transportieren des gasförmigen Hochdruck- Wasserstoffs zum Verbraucher

Etwa 10% der im flüssigen Wasserstoff enthaltenen Energie gehen ebenfalls verloren beim Speichern, Umfüllen und Transportieren des gasförmigen Hochdruck- Wasserstoffs.

Bild 6: Rückverwandlung des Wasserstoffs in elektrischen Strom in einer Brennstoffzelle

Bei der Rückverwandlung von Wasserstoff in elektrischen Strom in einer Brennstoffzelle gehen ebenfalls ca. 10% der Energie verloren. Nur 25% des ursprünglichen Wind- oder Solarstroms stehen uns Verbrauchern wieder zur Verfügung.

Bild 7: Rückverwandlung des Wasserstoffs in elektrischen Strom in einer Hochtemperatur Gasturbine mit Generator

Bei der Rückverwandlung von Wasserstoff in elektrischen Strom in einer Hochtemperatur Gasturbine mit Generator gehen  etwa 60 % der im flüssigen Wasserstoff enthaltenen Energie verloren.[2]  [3] Von den bis hierhin noch im Wasserstoff vorhandenen 35 % der ursprünglichen elektrischen Energie vor der Elektrolyse gehen also noch einmal 15 % verloren. Nur 20% des ursprünglichen Wind- oder Solarstroms stehen uns Verbrauchern wieder zur Verfügung. Abhängig von der Effizienz der Gasturbine gibt es in der Literatur auch einen Wert von nur 17,5% .

Dieser Wert hängt natürlich auch davon ab, welche Technik verwendet wird, wie groß die Anlage ist und wie sich die Betriebszeiten gestalten. Große Elektrolyseanlagen haben geringeren spezifischen Energieverlust als kleine.  Elektrolyseanlagen, die nachts wegen fehlendem Solarstrom stillstehen und zeitweise auf Temperatur gehalten werden, um morgens nach Sonnenaufgang direkt wieder einsatzbereit zu sein, haben vermutlich größere Verluste als mit Windstrom betriebene Elektrolyseanlagen, die, wenn der Wind stark weht, mehrere Tage durchgehend in Betrieb und bei schwachem Wind oder Windstille mehrere Tage außer Betrieb sind und auskühlen dürfen.

Man findet in Veröffentlichungen zur Energiespeicherung in Wasserstoff auch Angaben von um die 40% Nutzenergie und 60% Verlust. Das bezieht sich aber nicht nur auf den Strom, sondern berücksichtigt auch eine teilweise Nutzung der Energieverluste in Form von Wärme. Darauf werde ich im folgenden Kapitel eingehen.

Allgemeine wirtschaftliche Betrachtungen zu dieser Speichertechnik.

Man bemüht sich, die bei der Speicherung der elektrischen Energie in Wasserstoff bei den verschiedenen Stufen bis zur Rückverwandlung in Strom anfallenden Verluste, meistens in Form von Wärme auf unterschiedlichem Temperaturniveau, einer Nutzung zuzuführen. Aber das ist nicht einfach. Diese Wärme ist ja nur verfügbar in den Zeiten, in denen Solarstrom und/oder Windstrom im Überfluss vorhanden ist. Und auch in diesen Zeiten sind die Temperatur und die verfügbare Wärmemenge schwankend. Während der Nacht bei gleichzeitiger Windstille ist diese Wärme nicht verfügbar. Für eine Nutzung wäre also ein aufwändiges Wärmespeichersystem erforderlich. An dessen Kosten scheitert vermutlich in vielen Fällen die gute Absicht.

Im Jahr 2019 dauerte der längste Zeitraum ohne überschüssige Leistung beispielsweise 124h.  Also gut 5 Tage. In dieser Zeit würde kein Wasserstoff produziert, also auch keine Abwärme anfallen. Aber wir müssen auch mit 10 -tägigen Dunkelflauten rechnen, wie vom 16. bis zum 25. Januar 2017, in denen die Erneuerbaren Energien weniger als 10 % ihrer Leistung liefern. In 2016 gab es 52 Nächte, in denen in ganz Deutschland nahezu kein Wind wehte.[4]

Aber zurück zur Speicherung der elektrischen Energie in Wasserstoff. Beginnen wir mit der Erzeugung der elektrischen Energie in Solarzellen. Die Menge des erzeugten Stroms hängt ab von der Tageszeit, der Bewölkung, aber auch von der Jahreszeit.  Sehen wir uns dazu das folgende Bild an.

Bild 8:  Sonnenenergie im Sommer.

Aufgetragen sind hier, wie auch auf den folgenden Bildern, von links nach rechts die Stunden des Tages und von unten nach oben die erzeugte Strommenge. Die Sonne geht in diesem Beispiel um  Fünf Uhr auf und die Stromproduktion beginnt. Sie steigt bis Mittag an, wo sie einen Maximalwert erreicht um danach im Verlauf des Nachmittags zu sinken und gegen Zwanzig Uhr, bei Sonnenuntergang, zu enden. Die Fläche vom gelben Berg in diesem Bild ist ein Maß für die erzeugte Strommenge.

Bild 9:  Sonnenenergie im Winter.

Ganz anders die Verhältnisse im Winter. Sonnenaufgang ist viel später und Sonnenuntergang viel früher. Dazu hat das Sonnenlicht beim Auftreffen auf die Solarzellen eine geringere Energie, weil es durch den niedrigeren Sonnenstand einen weiteren Weg durch die Atmosphäre zurücklegen musste und dabei mehr Energie verlor als im Sommer. Der gelbe Energieberg ist daher schmaler und niedriger. Pro Tag können wir, verglichen mit dem Sommertag im vorigen Bild 8, nur etwa ein Drittel der Strommenge erzeugen. Und das ausgerechnet im Winter, wo wir wegen der Kälte mehr Energie benötigen. Sehen wir uns nun an wie die Energiespeicherung im Wasserstoff und die Solarstromerzeugung zusammenspielen und sich ergänzen sollen.

Bild 10:  Solarstromerzeugung, Speicherung des überschüssigen Solarstroms in Wasserstoff sowie Auffüllen der nächtlichen Stromlücke durch Rückverstromung von Wasserstoff im Sommer.

In diesem Bild 10 sehen wir auf dem gelben Berg den Stromverbrauch blau gestrichelt angedeutet. Die gelbe Strommenge unterhalb von diesem Strich wird direkt in das Netz eingespeist um den Verbrauch abzudecken.  Die gelbe Strommenge oberhalb von diesem Strich wird in Wasserstoff gespeichert. In den Zeiten, in denen nicht genügend Solarstrom verfügbar ist um den Bedarf zu decken, wird die Lücke, hier links und rechts grün dargestellt, durch Rückverwandlung in Strom von Wasserstoff gedeckt.

Die gelbe Strommenge oberhalb vom Strich, die gespeichert wird, muss wegen der Stromverluste bei der Zwischenspeicherung der Energie in Wasserstoff mindestens  4 bis 5 mal so groß sein wie die grüne Fläche, die durch Rückverwandlung aus dem gespeicherten Wasserstoff erzeugt wird. Andernfalls kann man die bei der Speicherung im Wasserstoff innerhalb von 24 Stunden auftretenden Verluste bis zum nächsten Tag nicht ausgleichen. Um geringere Einspeisung an Folgetagen, beispielsweise durch Bewölkung, ausgleichen zu können, muss die Speicherkapazität noch weiter gesteigert werden. Vermutlich auf das 6 oder 7 fache.

Bild 11:  Solarstromerzeugung, Speicherung des überschüssigen Solarstroms in Wasserstoff sowie Auffüllen der nächtlichen sowie jahreszeitlichen Stromlücke durch Rückverstromung von Wasserstoff im Winter.

Auf diesem Bild 11 ist die grüne Fläche des aus Wasserstoff zurückverwandelten Stroms größer als die gelbe Fläche oberhalb des Strombedarfs. Es gibt also ein Defizit zwischen Speicherung und  Rückverwandlung in Strom. Um dieses Defizit auszugleichen muss im Sommer ein mehrfaches der bisher betrachteten Strommenge in Wasserstoff gespeichert werden für die Rückverstromung in anderen Jahreszeiten. Wir erkennen, dass die gelben Solarflächen im Verhältnis zum Strombedarf nochmal um ein mehrfaches größer werden müssen, als in den zuvor gezeigten Bildern angenommen.

Vergleich der Nutzung von Solarstrom mit Windstrom bei der Speicherung in Wasserstoff

Bisher haben wir uns mit der Verstromung von überschüssigem Solarstrom in Wasserstoff und dessen Rückverstromung in Zeiten des Strommangels beschäftigt. Parallel dazu besteht die Möglichkeit überschüssigen Windstrom in Wasserstoff zu speichern und diesen bei Bedarf wieder zu Strom zu machen. Vieles ist bei der Verstromung von Windstrom ebenso wie beim Solarstrom, manches aber auch anders. Darauf will ich im Folgenden eingehen. Windstrom ist im Angebot noch unregelmäßiger als Solarstrom. Deshalb ist dieses Thema leider nicht so leicht graphisch darzustellen wie der Solarstrom, weshalb ich dazu keine Bilder angefertigt habe.

Aber der Windstrom hat auch wesentliche Vorteile. Seine maximale- und minimale Leistung liegt vorwiegend zu anderen Tages- und Jahreszeiten als die des Solarstroms. Das wirkt sich positiv, sowohl auf die von einem Tag auf den Anderen als auch auf über Jahreszeiten in Wasserstoff zu speichernden Energiemengen, aus. Sie werden in Summe geringer und damit kostengünstiger. Auch ist die Zahl der Vollaststunden bei der Windenergie etwas höher als bei der Solarenergie. Während beispielsweise für Hamburg weniger als Tausend Vollaststunden Solarenergie pro Jahr angegeben werden, liegen sie in Süddeutschland etwas höher.

Für Windenergie werden im Binnenland im Mittel um die 2000 Vollaststunden, Offshore, d.h. auf dem Meer, dagegen um die 4000 Vollaststunden angegeben. Windenergie ist, zwar nicht immer, aber im Gegensatz zu Solarenergie, häufig auch nachts verfügbar.

Für das Jahr 2019 wurden für Deutschland folgende Zahlen genannt:

Nennleistung Solar                 49412 MW    Ertrag   43 TWh

Nennleistung Onshore           53270 MW    Ertrag 103 TWh

Nennleistung Offshore             6928 MW    Ertrag   24 TWh

Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit

Während man zu Vollaststunden von Solar- und Windenergie sehr viele Angaben findet, schweigt man sich zum Teillastverhalten bei Solar- und Windenergieanlagen weitgehend aus. Bei der Solarenergie liegt die Zahl der Stunden, in denen Strom erzeugt werden kann, bei maximal 50% der Jahresstunden. Die andere Hälfte ist Nacht. Das halbe Jahr hat 4380 Stunden. Kurz nach Sonnenaufgang sowie kurz vor Sonnenuntergang ist die Einstrahlung noch zu schwach um den erforderlichen Strombedarf im Netz zu decken.

Ich unterstelle, für eine Plausibilitätsbetrachtung, dass sowohl am Morgen als auch am Abend jeweils für 2 Stunden der Solarstrom seinen Anteil am Strombedarf nur zur Hälfte  decken kann. Der andere Teil muss durch Rückverstromung von Wasserstoff gedeckt werden. Von den 4380 Stunden müssen wir also 365 x 2 = 730 Stunden abziehen.

Direkt von Solaranlagen eingespeist würde demnach während 3650 Stunden. Dieser Wert ist, wie jeder nachvollziehen kann, zu optimistisch. Da ein erheblicher Anteil der Solarzellen nicht im optimalen Winkel zum Sonnenstand montiert ist, die Oberflächen der Solarzellen verschmutzen und auch die Bewölkung einen negativen Einfluss hat, erreicht kaum eine Solarstromanlage für längere Zeit ihre Nennleistung. Daher muss der erreichbare Wert noch um einiges niedriger liegen. Unter der Annahme, dass diese drei negativen Einflüsse in Summe 25% Verlust bewirken, kommen wir zu 3650 x 0,75 = 2738 Stunden, die maximal direkt eingespeist werden könnte. Das entspräche 114 Tage.

In einer Veröffentlichung fand ich den Hinweis, dass in Deutschland die Leistung der Solaranlagen an 292 Tagen unterhalb von 20% der Nennleistung gelegen habe. Obwohl ja schon bei einer Leistung unterhalb 20% mit Teillast eingespeist wird, scheint mir die Zahl von 114 Tagen entsprechend 2738 Stunden für eine mittlere Direkteinspeisung ins Netz eher optimistisch im Vergleich mit durchschnittlich 1000 Vollaststunden Solarstrom in Deutschland.

Strom aus Wasserstoff muss dagegen während der verbleibenden 8760 – 2738 = 6022 Stunden  durch Stromerzeugung aus dem gespeicherten Wasserstoff erfolgen. Im Fall dass die angenommenen 2738 Stunden Direkteinspeisung zu hoch liegen muss die Zahl der Stunden für Rückverstromung von Wasserstoff entsprechend erhöht werden und die Folge sind noch höhere Kosten.

Durch eine geplante Nutzung von Wandflächen der Häuser zur Solarstromerzeugung in der Zukunft, würde sich die Situation verschlechtern, da diese Flächen nicht optimal zur Sonne ausgerichtet sind und damit ein geringerer Wirkungsgrad zu erwarten ist. Andererseits würde sich die Situation dadurch verbessern, dass die Wirkungsgrade der Solarzellen mit der Zeit immer besser werden.

Wir erwarten gefühlsmäßig, dass die Zahl der Vollastbetriebsstunden bei der Windenergie höher liegt als bei der Solarenergie. Da aber die Energieausbeute eines Windrades von der 3. Potenz der Luftgeschwindigkeit bestimmt wird, ist die Stromproduktion bei geringer Windstärke sehr bescheiden.

Bei einem 3 MW- Windrad lag sie, nach einer Veröffentlichung, beispielsweise während 132 Tagen unter 5% der Nennleistung und während weiterer 120 Tage unterhalb von 10% der Nennleistung. Das ist erschreckend niedrig, aber auch in diesen Stunden kann natürlich mit niedriger Teillast direkt ins Netz eingespeist werden. Der überwiegende Teil am Bedarf muss allerdings während dieser Zeit durch Rückverstromung von Wasserstoff erfolgen. Andere Windräder an Land und auf dem Meer haben wohl günstigere Bedingungen. Für die Elektrolyse mit einer Kombination aus Solar- und Windstrom geht Ahlborn [5] von 36% Direkteinspeisung, 52% Strom aus Wasserstoff und 12% der Energie aus, die verworfen werden muss.

Im Zusammenhang mit der gesamtwirtschaftlichen Optimierung wird angestrebt die jeweils nur einige Stunden dauernden Spitzen der Windstromproduktion nicht zu nutzen. So können sowohl die Stromleitungen als auch die nachgeschalteten Anlagen zur Energiespeicherung in Wasserstoff kleiner bemessen werden. Das spart mehr Geld als der nicht genutzte Strom wert ist. Ahlborn gibt für diese Strommenge einen Wert von 12 % an.

Da diejenigen Standorte in Deutschland mit guten Windverhältnissen schon weitgehend für die Aufstellung von  Windrädern genutzt worden sind, werden in Zukunft für den weiteren Ausbau an Land  (Onshore) zunehmend Standorte mit schlechteren Windverhältnissen genutzt werden.  Dadurch sinkt der Anteil der Stromproduktion, der direkt ins Netz eingespeist werden kann und gleichzeitig steigt bei der Stromproduktion der Anteil, der in Wasserstoff gespeichert und anschließend in Strom zurückverwandelt werden muss.

In welchem Maße ein weiterer Ausbau der Windräder im Meer (Offshore) erfolgt, wo die Verhältnisse wesentlich günstiger sind, bleibt abzuwarten. Unter der Internetadresse [6] konnte man kürzlich folgendes lesen:

Ergebnisse der Ausschreibungen zum Gebotstermin 1. November 2020 – Für Windenergieanlagen wurde erneut kein einziges Gebot abgegeben (WK-intern) – Die Bundesnetzagentur hat heute die erfolgreichen Gebote aus der gemeinsamen Ausschreibung für Solar- und Windenergieanlagen an Land und der technologiespezifischen Ausschreibung für Biomasse bezuschlagt. Gemeinsame Ausschreibung für Solar- und Windenergieanlagen an Land Für die gemeinsame Ausschreibung für Solar- und Windenergieanlagen an Land zum Gebotstermin 1. November 2020 wurden 91 Gebote im Umfang von 518.094 kW fristgerecht eingereicht. Die ausgeschriebene Menge von 200.000 kW war erneut deutlich überzeichnet. Die Gebote bezogen sich erneut ausschließlich auf Solaranlagen. Für Windenergieanlagen wurde erneut kein einziges Gebot abgegeben.

Was sind die finanziellen Auswirkungen unserer bisherigen Annahmen?

Wie eingangs erläutert wurde können nur zwischen 20% und 25% der im Wasserstoff gespeicherten Energie in Form von Strom zurückgewonnen werden. Der Preis für den zurückgewonnene Strom ist also  4 bis 5 mal so hoch, allein wegen der Verluste. Hinzu kommen noch die Kapital- und Betriebskosten der verwendeten technischen Anlagen für  deren Amortisation, Personal, Wartung und Instandhaltung, Netzgebühren etc… Wenn wir von einem Faktor 6 für den Preis des zurückgewonnenen Stroms gegenüber dem zu Wasserstoff verarbeiteten ausgehen, liegen wir vermutlich nicht all zu weit von der Wahrheit entfernt. Es gibt auch Schätzungen die den Faktor 10 zugrundelegen.

Unter den Voraussetzungen des Faktors 6 für die Kosten des rückverstromten Wasserstoffs, der zuvor angenommenen Stunden zum Solarstrom  sowie der von Ahlborn veröffentlichten Anteile[7] zur gemeinsamen Verstromung von Solar- und Windwasserstoff, ergeben sich die im Bild 12 skizzierten Verhältnisse.

Bild 12: Betriebsstunden und Kosten der Stromerzeugung aus Sonne und Wind

Wir erkennen, dass  bei der Solarenergie der rot dargestellte Anteil des direkt eingespeisten Stroms mit 31% wesentlich kleiner ist als der grün dargestellte Anteil des aus der Rückverstromung von Wasserstoff mit 69%. Bei der gemeinsamen Elektrolyse von Solar- und  Windwasserstoff unterscheidet sich der Anteil des direkt eingespeisten Stroms mit 36% und des aus der Rückverstromung von Wasserstoff gewonnenen von 64%  nicht wesentlich. Der Mischpreis aus dem direkt eingespeisten und dem aus Solar- und Windwasserstoff  zurückgewonnenen Strom liegt bei unseren Annahmen also etwas mehr als fünf mal so hoch wie der Preis vom Wind- oder Solarstrom.

Wanner kommt in einer aktuellen Veröffentlichung zu folgendem Ergebnis:[8] Aufgrund der Verluste liegt der tatsächliche Energieaufwand pro rückgewonnene Kilowattstunde Strom jedoch bei 4,0 kWh bis 4,4 kWh. Das entspricht einem Wirkungsgrad von 22,5 bis 25%, bestätigt also den bisher angenommenen Bereich. Die in der Literatur angegebenen Wirkungsgrade beziehen sich üblicherweise auf Neuanlagen und Vollast. Wo der Wirkungsgrad bei Betriebsbedingungen für Solar- und Windwasserstoff mit zeitweiser Teillast und häufigem Stillstand tatsächlich liegen wird muss die Zukunft zeigen.

Ob sich eine Technologie mit einem so geringen Wirkungsgrad und derart hohen Kosten durchsetzen wird, bezweifle ich. Zum Vergleich zeigen die Bilder 13 und 14 Daten von direkten Stromspeichern, die auf einer Veröffentlichung vom Forschungszentrum Jülich beruhen. Auch Pumpspeicherwerke mit einem Wirkungsgrad von 80%  und Druckluftspeicher mit niedrigerem Wirkungsgrad wären als Alternativen zu betrachten. Da die Voraussetzungen für Pumpspeicherwerke in Deutschland sehr begrenzt sind, müsste man für größere Maßstäbe ins Ausland gehen, wobei für den Stromtransport über große Distanzen ebenfalls Verluste auftreten. Doch es ist nicht zu erwarten, dass Länder wie Norwegen ihre Täler für den deutschen Energiewendeweg problemlos zur Verfügung stellen.

Da gibt es noch die Möglichkeit durch Kraft-Wärme-Kopplung den Strom in jedem Häuserblock oder Stadtviertel aus Erdgas herzustellen und dabei die Abwärme zu nutzen, was zwar mit CO2– Emission verbunden ist, aber einen höheren Gesamtwirkungsgrad ermöglicht als ihn die heutigen thermischen Großkraftwerke haben.

International wird wieder zunehmend über die Kernenergie zur Lösung der Klimafrage gesprochen. Der Weltklimarat IPCC erwähnt die Kernenergie ausdrücklich  als einen möglichen Beitrag. Und es werden ja inzwischen Reaktoren entwickelt, für die mit den Argumenten geworben wird, dass sie neben dem, gegenüber Uran in der Erdkruste häufiger vorhandenem Thorium als Brennstoff, auch die bisherigen radioaktiven Abfälle verwerten können, die zu kurzlebigen Spaltprodukten umgewandelt werden. Ein Endlager, so wird behauptet, sei dann nur für 300 Jahre erforderlich und das alles bei hoher Wirtschaftlichkeit. Ob das ein Beitrag zur Lösung des Klimaproblems sein könnte müsste ohne Vorurteile erforscht werden.

Und noch eine Anmerkung zu Annahmen in Studien zum Thema Stromspeicherung in Wasserstoff. Da wird unterstellt, der Solar- oder Windstrom, der zu Wasserstoff verarbeitet werden soll würde kostenlos zur Verfügung gestellt, da er ja momentan nicht verbraucht werden kann.[9] Diese Logik erschließt sich mir nicht. Da müsste beispielsweise ein Solarstromerzeuger zwei Drittel  seiner Produktion verschenken. Beim Windstrom wäre es ähnlich. Wenn für diesen Anteil nicht kassiert werden kann, so denke ich, wird der andere Teil, der direkt eingespeist wird, entsprechend teurer.

Weitere Möglichkeiten der Wasserstoffnutzung

Auf weitere Möglichkeiten der Verwendung von Wasserstoff, wie die Methanisierung mit CO2 zu künstlichem Erdgas oder die Weiterverarbeitung zu Methanol und Synthetischen Treibstoffen möchte ich an dieser Stelle nur kurz eingehen.

Die Weiterverarbeitung von Wasserstoff zu Methan hat den Vorteil, dass man die vorhandene Erdgas – Infrastruktur für Transport- und Speicherung nutzen kann. Das spart Kosten. Andererseits fallen Kosten an für die Gewinnung- und den Transport von CO2 sowie für den Arbeitsschritt der Methanisierung. Die Energieverluste  bei der Wasserstofferzeugung sind die gleichen.


Fußnoten:

[1] Konzept und Kosten eines Pipelinesystems zur Versorgung des deutschen Straßenverkehrs mit Wasserstoff in: file:// Energie&Umwelt_144.pdf

[2] https://www.energie-lexikon.info/gasturbine.html)

[3] https://tu-dresden.de/ing/maschinenwesen/iet/ressourcen/dateien/kwt/lehre/folder-2008-06-06-7803899147/KWA-6_2009.pdf?lang=de

[4] Hendrik Paulitz, Strommangel- wirtschaft S.13, Akademie Bergstr.

[5] https://www.vernunftkraft.de/power-to-gas/

[6] https://www.windkraft-journal.de/category/firmen-mitteilungen/behoerden-mitteilungen

[7] https://www.vernunftkraft.de/power-to-gas/

[8] Transformation von elektrischer Energie in Wasserstoff und dessen Speicherung. Manfred Wanner. VGB-Powertech 9/2020

[9] ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 64. Jg. (2014) Heft 7

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