Die Missionarin Svenja Schulze

Am deutschen Wesen soll die Welt genesen. Diese spätestens seit der eher zweifelhaften Umdeutung des Emanuel Geibel Zitats durch Deutschnationale Anfang des 20. Jahrhunderts, kann man als Motto für den Kurs der Umweltministerin Svenja Schulze ansehen. Sie möchte nicht nur die Kernenergie in Deutschland beenden, sondern am besten auf der ganzen Welt. Nun, der Atomausstieg Deutschlands geht nicht auf das Konto von Schulze, ihre Partei war beim Beschluss vor 10 Jahren nicht in der Regierungsverantwortung.

Aber Deutschland ist halt nicht genug für Schulze, auch alle anderen Länder sollen die Energiewende nach deutschem Vorbild nachvollziehen. Möglicherweise ist der Ministerin noch nicht in den Sinn gekommen, dass andere Länder souverän über das Thema Energieversorgung entscheiden, ohne sich am deutschen Wesen zu orientieren? Sie würde gern über die EU andere Länder zwingen, den deutschen Weg zu gehen. Es muss für Schulze daher jedes Mal wie ein Schock sein, wenn Länder wie die Niederlande, Polen, Tschechien, Finnland oder Estland sich zum Bau von Kernenergie-Anlagen entscheiden. Und selbst das Ausstiegsland Schweden hat sich für eine Verlängerung der Laufzeiten seiner Kraftwerke entschieden. How dare they?


(Abbildung: Screenshot Twitter)

Vielleicht haben diese Länder auch im Blick, dass die grünen Stromquellen höchst unstet arbeiten, also das Gegenteil von Versorgungssicherheit bieten. Sie sind und bleiben eine Laune der Natur. Und so sehr deutsche Fans der Energiewende laut jubeln, wenn in windreichen Zeiten wie um den 10. März 2021 herum bis zu 75% des Stroms aus grünen Quellen stammen, so sehr verstummen diese Stimmen, wenn der Anteil an trüben und windstillen Tagen auf 20% fällt. Die Frage, wer denn zukünftig diese 80% Differenz ausgleichen soll, wenn Kernenergie und bald auch mehr und mehr Kohlestromkapazitäten fehlen werden, hat niemand, schon gar nicht Schulze eine plausible Antwort. Kernenergie soll es nicht, Kohlekraftwerke auch nicht und am besten auch keine Gaskraftwerke.

Allenfalls virtuelle Kraftwerke © Claudia Kemfert werden genannt, die produzieren dummerweise aber auch nur virtuellen Strom, nämlich nur in der Gedankenwelt der Fangirls und Fanboys. Aus der Steckdose fließt jedenfalls kein virtueller Strom von virtuellen Kraftwerken. Möglicherweise meinen Kemfert und Schulze aber auch einfach das Zusammenschalten von verschiedenen Kraftwerksarten in Europa?

Kleiner Tipp: das passiert heute schon, wie sonst sollten wir Strom ansonsten importieren oder exportieren, ganz besonders den überschüssigen Windstrom, wenn es denn tatsächlich mal ordentlich weht. Dieser Zusammenschluss wird für Deutschland in Zukunft sogar noch wichtiger sein, wenn nämlich die Lücken nicht mehr selber geschlossen werden können.

Spätestens der Blick auf die Stromkosten von Deutschland könnte andere Länder davon überzeugen, dass es nichts zum Genesen gibt am deutschen Wesen, es sei denn, man ist ein Fan von Landschaftsverschandelung. Ganz davon abgesehen, dass der Ersatz von Kernenergie durch fossile Brennstoffe mehr CO2 in die Atmosphäre bringt. Der Grund sind hier die fossilen Backups und die wiederum werden benötigt, weil die grünen Stromquellen nicht planbar arbeiten.

Die FAZ berichtet über die besondere Mission von Svenja Schulze.

„Zum wünschenswerten Ausstieg der gesamten EU aus der Kernenergie weist der 12-Punkte-Plan darauf hin, dass die Hälfte der Mitgliedsstaaten ohnehin nie auf diese Technik gesetzt habe. Deutschland werde jetzt den „Schulterschluss der atomkritischen Staaten suchen“, damit sich weitere Nationen von der Kernspaltung verabschiedeten.“

Es sieht nicht danach aus, dass viele Länder dem deutschen Weg folgen, auch wenn die Hälfte der Mitgliedstaaten ohnehin nicht auf die Kerntechnik setzt. Und wünschen kann man sich viel, auch, dass die Sonne immer scheint und der Wind immer weht. Vielleicht sitzen in anderen Ländern einfach Entscheider, die wissen, dass beides nicht der Fall ist und die einfach einen Blick auf die Strompreisentwicklung in Deutschland haben. Sie werden sich vermutlich freuen, über das besondere „Konjunkturprogramm“, welches Deutschland seinen Unternehmen auferlegt. Für die Wirtschaft in den Nachbarländern kann es sinnvoll sein, dass Deutschland sich hier selber ins Abseits schießt.

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