Die kalte Sonne im Europarlament: Politik ist an einer ausgewogeneren Klimadebatte interessiert

Es kommt Bewegung in die Klimadebatte. Im vierzehnten Jahr des Erwärmungsstops greifen nun prominente politische Parteien das Thema auf und schaffen geeignete Foren für dringend benötigte Diskussionen. Ziel der Politik ist es dabei offenbar, die Argumente beider Seiten der Debatte zu hören, um sich ein umfassendes Bild über die Situation zu machen.

In diesem Zusammenhang wurden die Autoren des Buches „Die kalte Sonne“ Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning am 3. Juli 2012 zu einer Präsentation mit anschließender Diskussion in das Europaparlament in Straßburg gebeten. Eingeladen hatten die Europaparlamentarier Daniel Caspary, Jürgen Creutzmann, Albert Deß, Ioan Enciu, Dr. Inge Gräßle, Robert Goebbels, Dr. Dieter-Lebrecht Koch, Holger Krahmer, Dr. Werner Langen, Prof. Dr. Hans-Peter Mayer, Dr. Markus Pieper, Herbert Reul, Dr. Thomas Ulmer, Sabine Verheyen und Hermann Winkler. Titel der Veranstaltung war „Klimaschutz: die politische Überforderung.“

Der eingeladene Kreis war bewusst klein gewählt, um ausreichend Raum für Diskussionen zu bieten. An der Veranstaltung nahmen 18 Europaparlamentarier aus Deutschland, Spanien, Slowenien, Großbritannien und Italien teil. Im gemeinsamen Vortrag von Vahrenholt und Lüning ging es um die Hauptthesen ihres Buches, insbesondere die unterschätzte Klimawirkung der Sonne und die Rolle der Erneuerbaren Energien im Energiemix. Die Powerpoint-Präsentation kann hier heruntergeladen werden (Achtung: 12 MB !).

In einer Pressemitteilung berichtete der CDU Europaabgeordnete Herbert Reul über die Veranstaltung:

Diskussion zum Klimawandel mit Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning 

Vor einer „angstgetriebenen Klima- und Energiepolitik“ warnten die Buchautoren Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning vor Europaabgeordneten in Straßburg. Derzeit würde der Sonneneinfluss den globalen Temperaturanstieg bremsen. Entsprechende durch die Sonnenaktivität beeinflusste Zyklen habe es in der Vergangenheit häufiger gegeben. 

In der Veranstaltung, zu der fraktionsübergreifend 15 Europaabgeordnete eingeladen hatten, bezweifelten Vahrenholt und Lüning die von vielen Klimawissenschaftlern als herausragend angesehene Rolle des CO2 für das Klima. Auch der Forschritt der Erderwärmung werde dramatisiert, zumal in den letzten 100 Jahren gerade nur ein Anstieg von 0,8 Grad zu beobachten war und das Bezugsniveau sich auf eine erdgeschichtlich kleine Eiszeit bezieht. 

Die Veranstaltung gab einen interessanten Einblick in Teile der Klimawissenschaft, die vom Mainstream der Klimaforscher und Politik nicht beachtet oder gar bekämpft werden. „Politische Verantwortung heißt jedoch, alle Meinungen zu drängenden Umweltproblemen zu hören. Um nicht mehr aber auch nicht weniger ging es bei dieser Veranstaltung im Europäischen Parlament“, so die CDU-Europaabgeordneten.

 

Reul hatte bereits im Dezember 2010 einen eindrucksvollen Videoclip zur Energiepolitik produziert, in dem er eine besonnenere Vorgehensweise einforderte. Neben dem Klimaschutz müssten auch Wirtschaftlichkeit, Wettbewerbsfähigkeit und eine möglichst weitreichende nationale Versorgungsunabhängigkeit berücksichtigt werden.



Siehe auch Berichte auf EIKE und notrickszone.com.

Im Februar 2012 hatte auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz über Konformitätsdruck in der Energie- und Klimapolitik geklagt (siehe Blogartikel „MdB Arnold Vaatz über Konformitätsdruck und die Energiewende„).

 

Zwei Tage nach der Straßburger Veranstaltung, am 5. Juli 2012, ging der britische Europaparlamentarier Roger Helmer in einer Rede vor dem Europaparlament auf den Besuch von Vahrenholt und Lüning in Straßburg ein.

 

 

Alternative Klimakonferenz der sächsischen FDP-Landtagsfraktion

Am 30.6.2012 fand in Dresden eine Alternative Klimakonferenz der FDP-Landtagsfraktion und der Fraktion der Europäischen Liberalen statt. Titel der Veranstaltung war: „Sind wir noch zu retten? – Zwischen Klimakatastrophe und Ökohysterie“. Eingeladen hatte Holger Zastrow, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag. Beteiligt war auch der Europaabgeordnete Holger Krahmer, Umweltpolitischer Sprecher der Liberalen im Europäischen Parlament.  Unter den  Vortragenden waren u.a. Prof. Dr. Josef H. Reichholf (Zoologe, Evolutionsbiologe und Ökologe, TU München), Dr. Benny Peiser (Direktor der Global Warming Policy Foundation, London) und Michael Miersch (FOCUS-Ressortleiter und Buchautor). Einen Konferenzbericht gibt es auf der Webseite der FDP Sachsen. Hier ein Auszug:

 „Ich bin überrascht, wie sehr wir inzwischen eine Gleichförmigkeit des Denkens haben, wo ein Dogma nach dem anderen aufgestellt wird. Es muss doch erlaubt sein, zu fragen, was den Klimawandel tatsächlich antreibt und wie wir damit umgehen sollten“, erklärte der FDP-Europaabgeordnete Holger Krahmer zu Beginn der Alternativen Klimakonferenz. Und genau das taten die über 200 Teilnehmer dann auch am vergangenen Samstag im Kongresszentrum in Dresden. Wissenschaftler, Ökonomen und Journalisten analysierten in Fachvorträgen auf Einladung der FDP-Landtagsfraktion und der ALDE die wissenschaftlichen Fakten und die öffentliche Hysterie bei der vermeintlichen Klimakatastrophe. […]

Warum die irrationale Ökohysterie aber dann in den Medien so wenig kritisch untersucht wird, erklärte Michael Miersch, FOCUS-Ressortleiter und Buchautor: „Es gibt es eine freiwillige ‚Selbstgleichschaltung’ unter Journalisten, weil die Kollegen dieses warme Konsensgefühl haben wollen. Das sind keine Bösewichte, das ist die große Mehrheit der deutschen Journalisten. Aber das ganze Thema hat eben eine moralische Konnotation: Und da möchte jeder bei den Guten sein.“

 

Sehenswert ist auch der Video-Bericht zur Veranstaltung auf youtube:

Europaabgeordneter Holger Krahmer, Umweltpolitischer Sprecher der Liberalen im Europäischen Parlament, auf der alternativen Klimakonferenz der sächsischen FDP-Landtagsfraktion in Dresden.
(Foto zur Verfügung gestellt von Günter Herbrich).

 

Das Vortragsskript von Prof. Löschke kann auf seiner Webseite heruntergeladen werden. Siehe auch kritischer Bericht in der taz.

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Am 4. Juli 2012 hielt Bundespräsident Joachim Gauck im Rahmen Jahresversammlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an der Technischen Universität Dortmund eine Rede, die von rund 600 geladenen Gästen aus Wissenschaft, Politik und Gesellschaft während einer Feierstunde im Audimax der TU verfolgt wurde. Zu diesem Anlass sagte Gauck auch einige interessante Dinge zur Klimadiskussion. Die Deutsche Presseagentur (dpa) schrieb hierzu:

Bundespräsident Joachim Gauck wirbt für eine aktivere Beteiligung der Wissenschaft an politisch-gesellschaftlichen Diskussionen. «Warum, frage ich mich, sind in den öffentlichen Debatten um unsere Zukunft die Stimmen (…) aus der Wissenschaft in allen ihren Zweigen nicht prominenter zu hören?», sagte Gauck am Mittwoch in Dortmund bei einem Festvortrag zur Jahrestagung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Bei komplizierten Fragen wie der Energiewende, dem Euro oder dem Klimawandel biete die Wissenschaft oft unerlässliche Einordnung und versachliche Visionen mit der nötigen Portion Skepsis, so der Bundespräsident. Um über den eigenen Raum hinaus verstanden zu werden, brauche die Wissenschaft aber auch Forscher, die ihre Erkenntnisse für die Gesellschaft übersetzten. «Ich meine, wir können noch eine Menge lernen von der Art und Weise, mit der die Wissenschaft etwa im angelsächsischen Raum präsentiert wird.» Dass die Wissenschaft keine endgültigen Wahrheiten präsentiere, ändere nichts an ihrer Bedeutung für die Gesellschaft: «Auch vorläufige Erkenntnisse können uns leiten», sagte Gauck weiter.“

Wen fordert der Bundespräsident hier eigentlich genau auf, sich stärker an der Klimadebatte zu beteiligen? Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ist es vermutlich nicht, denn dieses Institut besitzt derzeit bereits die Medienhoheit. Da Gauck von „Einordnung“ und einer „nötigen Portion Skepsis“ spricht, könnte er durchaus die klimarealistischen Stimmen meinen, die in der Vergangenheit viel zu wenig Gehör in Medien, Politik und Gesellschaft bekommen haben. Hierauf könnte auch Gaucks Satz „Dass die Wissenschaft keine endgültigen Wahrheiten präsentiere“ hindeuten. Wissenschaftliche Überzeugungen wie etwa der Klimaalarmismus müssen nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen und müssen prinzipiell „skeptisch“ hinterfragbar sein.

Der offiziell Redetext des Bundespräsidenten ist auf seiner Webseite verfügbar. Hier ein Auszug aus der Schlusspassage (Fettsetzungen wurden von uns ergänzt):

Politik sucht oft das Eindeutige, muss ihr Handeln legitimiert wissen. Ernsthafte Wissenschaft aber bietet fast nie Gewissheiten. Der Zweifel ist in Ihrem Metier kein Systemfehler, sondern Tugend, Bestandteil der Suchbewegung im Unbekannten. Wissenschaftliche Expertise kann und sollte Grundlage politischer Entscheidungsfindung sein, aber sie kann – gerade weil ihre Erkenntnis immer nur vorläufig ist – Politik nicht von ihrer Verantwortung entbinden. Wissenschaft kann Politik unterstützen, ersetzen kann sie sie nie. Nicht dem Wissen anderer, sondern dem eigenen Gewissen ist und bleibt der Abgeordnete verpflichtet. Der Bildungsforscher Jürgen Baumert beschrieb es einmal so: „Auf jeden empirischen Befund gibt es mindestens zwei, in der Regel mehrere politische Antworten.“

Und Sie hier wissen alle, dass ja oft nicht einmal der empirische Befund so eindeutig ist. Einem normalen, interessierten Bürger, einer Bürgerin muss vieles verwirrend erscheinen – vielleicht geht es sogar Ihnen, den hochqualifizierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, außerhalb Ihres eigenen Fachgebietes ähnlich. Nehmen wir ein aktuelles Beispiel, die Energiewende. Was gibt es da nicht an einander widersprechenden Einschätzungen, Gutachten, Szenarien! Ich habe mir sagen lassen, dass auch in der Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung, die Sie, lieber Herr Professor Kleiner, mit Herrn Töpfer zusammen geleitet haben, bisweilen leichte Verzweiflung herrschte angesichts der vielen Diagramme, Kurven, Tabellen und Prognosen.

Die Stärke der Wissenschaft liegt aber nun genau darin, dass sie nicht vorgibt, endgültige Wahrheiten zu kennen, sondern sich der Vorläufigkeit bewusst ist, dass sie diese Offenheit nicht nur aushält, sondern als ihre Voraussetzung anerkennt. Und genau diese Stärken hat auch eine freie, offene Gesellschaft – sie bezieht daraus die Kräfte für ihre Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit. Wenn Politiker und Wissenschaftler in der öffentlichen Arena daran gelegentlich erinnern, dann gewinnen auch die Bürgerinnen und Bürger das Vertrauen zurück. Und so bedeutet die Vorläufigkeit oder Widersprüchlichkeit der Ergebnisse auch nicht, dass uns diese Ergebnisse nicht im Handeln leiten könnten.

Beim Klimawandel etwa haben wir bestimmt noch nicht alle Wirkungszusammenhänge verstanden. Aber was uns die Mehrheit der Wissenschaftler berichtet, sollte Grund genug sein, das uns Menschenmögliche – und das ist eine Menge – bei der Bekämpfung der Ursachen und der Bewältigung der Folgen zu tun.

The Science is settled, und es fehlen nur noch die i-Tüpfelchen in den Klimamodellen? Offenbar nicht mit Bundespräsident Gauck. Dafür Common Sense und sehr viel Realismus. Auf seine zukünftigen Reden zum Thema Energie und Klima können wir gespannt sein.

 

Unsere Meeresspiegel-Serie werden wir übermorgen weiter fortsetzen.
Foto Joachim Gauck: J. Patrick Fischer / Lizenz:  Creative Commons-Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported
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