Das Schauermärchen von der geklauten Zukunft

Erstaunlicher Meinungsartikel mit dem obigen Titel im Spiegel zum Buch “Die Grenzen des Wachstums”.

“Wohl nur wenige hätten bei der Vorstellung am 2. März 1972 in Washington damit gerechnet, ein solches Jubiläum zu erreichen. Am wenigsten die Autorinnen und Autoren selbst. Mithilfe eines Supercomputers hatten sie ausgerechnet, dass die zivilisierte Welt vor dem Exitus steht: Überbevölkerung, Unterernährung, alle Rohstoffe aufgezehrt.

Im Basisszenario sagte der Computer voraus, dass bereits im Jahr 1979 alle bekannten Goldvorkommen erschöpft sein würden, dicht gefolgt von Silber (1983), Zinn (1985), Zink (1988), Erdöl (1990) und Erdgas (1992). Im optimistischen Szenario, einer Verfünffachung der damals bekannten Reserven, gab es ein paar Jahre Aufschub: Um 2019/2020 herum werde der Planet weitgehend ausgeplündert sein, so die Vorhersage.”

Obwohl sich die Thesen des Buches, das seinerzeit einher ging mit der Gründung des Club of Rome, als weitestgehend falsch erwiesen haben, wird es fleißig zitiert. Darunter sind prominiente Wortführer wie Maja Göpel, Eckhard von Hirschhausen oder neuerdings der Wirtschaftsminister Habeck. Eine vollständige Liste der deutschen Mitglieder des Club of Rome gibt es hier. Zur deutschen Sektion des Club of Rome gehört auch Mojib Latif, von daher verwundern die falschen Prognosen nicht wirklich. Latif kennt sich damit aus. Wir erinnern uns an seine Prognose für die Winter in unseren Breiten.

Zur Verteidigung von Latif sei allerdings gesagt, dass er seit 20 Jahren vom Spiegel falsch zitiert wurde (ohne es allerdings jemals klarzustellen). Latif ging zwar davon aus, dass unsere Breiten keine Winter mehr erleben werden, meinte aber später damit die Zeit nach 2050. Er ist damit auf der sicheren Seite, denn er wird dieses Datum wohl kaum noch erleben. Das Urteil zum Buch durch den Autor des Kommentars Alexander Neubacher ist eindeutig:

“Im besten Fall lässt sich sagen, dass »Die Grenzen des Wachstums« vor 50 Jahren geholfen haben, den Blick für Umweltprobleme zu schärfen. Im schlechtesten Fall trug es dazu bei, den Glauben an den Fortschritt zu zerstören. So oder so ist das Buch ein Fall fürs Altpapier.”

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Soldaten an die Waffen Wärmepumpen. Kein Scherz, genau das fordert der Hannoveraner Appell. Soldaten sollen auch Solarpaneele aufstellen. Wir alle wissen ja, dass eine Armee in erster Linie aus Installateuren, Elektrikern und sonstigen Fachhandwerkern besteht. Wieso ist nur niemand vorher auf die Idee gekommen, die Schätze der Gas-Wasser-Elektro-Bataillone zu heben?

“In ihrem Hannoveraner Appell fordern die Unterzeichner Solidarität mit der Ukraine und damit verbunden einen Widerstand gegen den russischen Präsidenten Putin. Deutschland bezieht 55 % seines Erdgases, 35 % seines Öls sowie 50 % seiner Kohle aus Russland. Auf Individueller Ebene könne jede Person durch Ihren Energieverbrauch einen Beitrag dazu leisten. Überdies müsse der Zusammenhang zwischen internationaler Sicherheit und Klimaneutralität bedacht werden. Der Appell fordert dafür sich von der Abhängigkeit fossiler Brennstoffe aus Russland zu befreien. In dieser Situation dürfe die Bundeswehr nicht nur militärisch Aufrüsten, sondern auch energietechnisch. Mit jeweils 1000 Bundeswehrsoldat*innen solle daher der massive Ausbau regenerativer Energien in Deutschland vorangetrieben werden; namentlich in den Bereiche Wärmepumpen, dem Fernwärmenetz, sowie Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Das Ziel müsse sein, „die Treibhausgasemissionen bis 2030 mindestens zu halbieren“”.

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Die taz steht politisch eher links, daher erstaunt die Forderung nach einer Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken in einem Artikel von Silke Mertins schon. Wenn man allerdings die Worte “imperialistische Diktatur” liest, verwundert es nicht mehr so sehr.

“Denn es stimmt ja, dass die Frage des Atommülls ungelöst ist und die Atomkraft eine Hochrisikotechnologie ist. Doch alle Risiken müssen angesichts des Kriegszustands in einem europäischen Land zusätzlich zu der Dramatik des Klimawandels neu abgewogen werden. Habecks Tabubruch ist deshalb richtig, sogar notwendig.

Deutschland sollte nicht länger eine imperialistische Diktatur mitfinanzieren, die die europäische Friedensordnung über den Haufen schießt. Die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen ist aber derzeit zu groß, um dankend zu verzichten. Es besteht die reale Gefahr, dass die Versorgungssicherheit gefährdet ist. In dieser Lage kann es kein kluger Schachzug sein, auf eine bereits vorhandene Energiequelle wie die Atomkraft zu verzichten.”

Ob die Diskussionen um eine Laufzeitverlängerung der letzten 3 möglicherweise 6 Kernkraftwerke in Deutschland wirklich erstgemeint sind oder eher beschwichtigen sollen, ist nach wie vor unklar. Anna Veronika Wendland hat bei den Salonkolumnisten einen Aufsatz über die technische Machbarkeit verfasst.

“Im Fokus stehen erst einmal die drei noch laufenden deutschen Anlagen: Emsland, Neckarwestheim-2 und Isar-2. Sie produzieren pro Jahr 30 bis 33 Terawattstunden Strom. 2021 betrug die Nettostromproduktion aus Steinkohlekraftwerken 46,4 Terawattstunden. Ungefähr die Hälfte der in deutschen Kraftwerken verfeuerten Steinkohle stammt aus Russland, sodass rechnerisch die russische Kraftwerks-Steinkohle durch deutsche Kernenergie ersetzt und sogar überkompensiert werden könnte. Würden die gerade stillgelegten drei Anlagen zusätzlich reanimiert, könnte man mit sechs KKW rechnerisch die gesamte deutsche Steinkohlestromproduktion obsolet machen.”

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Wollte sich Deutschland vom Erdgas unabhängig machen, so müssten gewaltige Strommengen zur Verfügung stehen, um Wasserstoff als Ausgleich für Erdgas zu produzieren. Die FAZ hat es nachgerechnet und kommt zu folgendem Ergebnis.

“Et­wa 90 Milliarden Kubikmeter Erdgas werden allein in Deutschland im Jahr verbraucht. Da Wasserstoff, bezogen auf den Kubikmeter, nur etwa ein Drittel Energiegehalt hat, entspräche das 270 Milliarden Kubikmeter.

Um die mittels Elektrolyse zu erzeugen, würden etwa 1200 Terawattstunden Grünstrom gebraucht. Das ist mehr als das Doppelte der gesamten deutschen Produktion aus sämtlichen Ener­gieträgern. Und das wäre nur der Ersatz für das Erdgas. Selbst wenn auf jedem Dach Solarzellen hingen und an jeder Ecke Windräder stünden, wird das nicht zu schaffen sein.”

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Plötzlich soll es ganz schnell gehen. Eine Investorengruppe aus Belgien soll ein Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven bauen. Das Handelsblatt (Bezahlschranke) berichtet über das Vorhaben. Der Terminal soll in drei Jahren in Betrieb gehen.

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Erstaunliche Diskrepanz innerhalb des deutschen Wirtschaftsministeriums. Während Staatssekretär Oliver Krischer keine Zweifel an einem Kohleausstieg bis 2030 im ARD-Morgenmagazin lässt, äußert sich sein Minister Habeck ganz anders.

“Dass jetzt der Kohleausstieg 2030 infrage gestellt werde, könne er nicht nachvollziehen.” sagte Krischer. Habeck gegenüber RND: “Im Zweifel sei diese Sicherheit wichtiger als Klimaschutz. Mittelfristig aber seien Unabhängigkeit in der Energiepolitik und eine klimaneutrale Energieproduktion das gleiche. Je stärker sich Deutschland auf eigene Energiequellen stütze, desto souveräner könne das Land außenpolitisch reagieren.”

Vielleicht sollten die beiden miteinander sprechen?!

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Derweil gibt Hans-Josef Fell Klimareporter ein Interview und geht fest davon aus, dass Deutschland seine Gesamtenergieversorgung <sic> bis 2030 komplett auf Erneuerbare Energien umgestellt haben kann. Ganz wichtig, das Ganze wird digital gesteuert! Und noch wichtiger: Das ist alles ganz genau durchgerechnet.

“Bis wann wäre eine Umstellung auf ein rein „grünes“ Energiesystem machbar?

Mit großen Anstrengungen können wir sogar die Umstellung der Gesamtenergieversorgung bis 2030 schaffen. Wir haben das in der Energy Watch Group in einer Studie durchgerechnet. Den Hauptbeitrag werden Sonne und Wind liefern, aber auch Biomasse, Wasserkraft und Geothermie haben noch Potenzial, das ökologisch ausgebaut werden kann. Ergänzt wird das durch Speichertechnologien wie Batterien, Wasserstoff-Speicher, Pumpspeicher und Wärmespeicher. Das Ganze wird digital gesteuert, sodass das Stromsystem weiter so stabil ist wie heute.”

Das ganze Interview wirkt, als wenn Fell sich die Fragen selbst gestellt hat und sie praktischerweise dann auch gleich beantwortet.

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Leserpost von Dipl. Ing. Martin Krohn:

Betreff: Biogas / Aus für Verbrenner

Sehr geehrte Damen und Herren,

von mir einige Anmerkungen zum Blog vom 28.02.2022. In einem Artikel wurde über Biogas berichtet. Sicherlich könnte Biogas als eine stabilere Energiebasis genutzt werden als Windenergie und Photovolktik. Doch die Forderung in dem Bericht nach mehr Anbauflächen für Energiepflanzen ist dann doch wieder ein Weg in die Sackgasse. Dadurch fehlen weitere Anbauflächen für Nahrungsmittelpflanzen. Im krassen Fall ist Deutschland damit unabhängig von Energieimporten, muss auf der anderen Seite jedoch Nahrungsmittel komplett importieren. Ist das nicht wieder eine Abhängigkeit? Ich habe auch Solarfarmen gesehen, welche große Flächen überdecken und damit auch Anbauflächen verlorengehen. Diese gesamte Energiewende stößt immer wieder an Probleme. Doch soweit denken die Politiker anscheinend nicht.

Ein weiterer Bericht im Blog erwähnt das Ende der Verbrennermotoren. Auch wenn keine verschärfenden Zwischenziele gegeben sind, sehe ich das Verbrenner-Aus doch für kritisch. Es sind eine Reihe von Nutzungen der Fahrzeuge, welche sich mit einem E-Mobil nicht sinnvoll realisieren lassen. Langstreckenfahrten erfordern mehrere lange Stops zum Aufladen. Wie sieht es denn aus wenn man einen Anhänger mitführt. Das dürfte doch die Reichweite der E-Fahrzeuge erheblich herabsetzen. Mit der Corona-Pandemie ist bei vielen das Interesse an Camping gewachsen. Doch eine weite Reise mit Campinganhänger ist schwer vorstellbar. Ich denke, es ist ziemlich einmalig in der Menschheitsgeschichte, dass etwas Besseres für etwas Schlechteres zurückgedrängt wird. So etwas ist in einer Diktatur zu erwarten, nicht in einer Demokratie.

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Andy May hat ein neues Buch geschrieben:

The Great Climate Change Debate: Karoly v Happer

February 15, 2016, was the beginning of a debate on man-made climate change between two well-known experts in the field, Princeton Professor of Physics Dr. William Happer and University of Melbourne Atmospheric Sciences Professor Dr. David Karoly, hosted by James Barham and his team at TheBestSchools.org. Both have been heavily involved in atmospheric research since the 1980s. Happer believes that burning fossil fuels will have a minimal effect on climate but a large benefit to plant life and humanity. Karoly believes the opposite.

How certain is the conclusion by some scientists that burning fossil fuels will lead to a climate disaster? Only debates can ferret out their certainty or lack of it. Burning fossil fuels may cause some harm, but if we stop burning them, we will face certain harm. Which is worse? Debates educate the public, they are necessary. This is an in-depth look at both sides of the scientific debate between two prominent experts.

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Tech Explore:

Form fit: Device wraps around hot surfaces, turns wasted heat to electricity

The energy systems that power our lives also produce wasted heat—like heat that radiates off hot water pipes in buildings and exhaust pipes on vehicles. A new flexible thermoelectric generator can wrap around pipes and other hot surfaces and convert wasted heat into electricity more efficiently than previously possible, according to scientists at Penn State and the National Renewable Energy Laboratory

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Pressetext:

„Eulenflügel“ machen Windgeneratoren leise

Forscher der Xi’an Jiaotong University denken Abrisskante von Flugzeug- und Drohnenturbinen neu

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Youtube-Tipp: Heute (3.3.2022) kommt die 100. Folge der Klimaschau. Unter anderem geht es auf die Malediven und nach Wuwei.

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