Biokraftstoffe: Doch keine so gute Idee!?

Eine Meldung bei Reuters lässt aufhorchen. Regelmäßige Zuschauer der Klimaschau werden es in der Ausgabe 96 bereits gesehen haben, Biokraftstoffe haben ein Problem mit der Nachhaltigkeit. Reuters berichtet über eine Studie, die sich besonders die USA und dort die Ethanol-Produktion aus Mais angesehen hat. Der Artikel lässt verschiedene Seiten zu Wort kommen. Die Kritiker halten Mais-Ethanol für nicht klimafreundlich, der Verband Renewable Fuels Assosiation erwartungsgemäß schon. Sie wirft den Autoren der Studie vor, von den schlimmsten Szenarien auszugehen und Cherrypicking zu betreiben. Aus dem Abstract der Studie (übersetzt)

“Der Renewable Fuel Standard (RFS) legt die Verwendung von Biokraftstoffen in den Vereinigten Staaten fest und steuert damit fast die Hälfte der weltweiten Biokraftstoffproduktion, doch die Ergebnisse dieser wichtigen Klima- und Umweltvorschrift bleiben unklar. Hier kombinieren wir ökonometrische Analysen, Landnutzungsbeobachtungen und biophysikalische Modelle, um die realisierten Auswirkungen des RFS im Aggregat und auf der Ebene einzelner landwirtschaftlicher Felder in den Vereinigten Staaten abzuschätzen. Wir stellen fest, dass die RFS die Maispreise um 30 % und die Preise anderer Kulturen um 20 % erhöht hat, was wiederum den Maisanbau in den USA um 2,8 Mio. ha (8,7 %) und die gesamte Anbaufläche um 2,1 Mio. ha (2,4 %) in den Jahren nach Inkrafttreten der Politik (2008 bis 2016) vergrößert hat. Diese Veränderungen führten zu einem Anstieg des jährlichen landesweiten Düngemitteleinsatzes um 3 bis 8 %, zu einer Zunahme der die Wasserqualität verschlechternden Stoffe um 3 bis 5 % und zu einer ausreichenden Menge an Emissionen aus Landnutzungsänderungen, so dass die Kohlenstoffintensität von Maisethanol, das im Rahmen des RFS hergestellt wird, nicht geringer ist als die von Benzin und wahrscheinlich mindestens 24 % höher. Diese Kompromisse müssen neben den Vorteilen von Biokraftstoffen abgewogen werden, wenn die Entscheidungsträger über die Zukunft der Politik für erneuerbare Energien und das Potenzial von Kraftstoffen wie Maisethanol zur Erreichung der Klimaschutzziele nachdenken.”

Es scheint hier fast so zu sein, wie man es aus der Vergangenheit auch aus Deutschland kennt. Es soll etwas vermeintlich Gutes erreicht werden, es kommt etwas Schlechtes dabei heraus. Die Konsequenzen werden entweder gar nicht oder nur unzureichend beachtet. In diesem Fall die Erhöhung der Preise auch für andere Kulturen, der vermehrte Einsatz von Düngemitteln und Stoffen, die die Wasserqualität verschlechtern.

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Nach der Aktion Kartoffeln pflanzen vor dem Kanzleramt (wir berichteten), setzen die Aktivisten von “Essen Retten” zum nächsten Coup an. Was Pferdemist im Eingang eines Ministeriums allerdings mit Essenretten zu tun hat, das erschließt sich nicht ganz. Besser wäre der Mist auf einem Feld oder einem Garten als Dünger aufgehoben gewesen. Aber, so weit denken die Aktivisten möglicherweise nicht. Bei solch gravierenden Verständnislücken ist der Name “Letzte Generation” eigentlich passend. Eine Generation, die, müsste sie für sich selbst sorgen, vermutlich verhungern würde.

(Abbildung: Screenshot Twitter)

Die Geschichte geht aber weiter und die Taktik der Aktivisten scheint recht klar. Das Ziel, Lebensmittel nicht zu vernichten, wird vermutlich von großen Teilen der Bevölkerung mitgetragen. Aber hier wird Huckepack ein ganz anderes Ziel verfolgt und das lautet Systemwechsel. Wer auch immer die Protestler rechtlich berät, er scheint keine gute Arbeit zu leisten. Ganz offen wird Nötigung betrieben, es werden Straftaten angekündigt. Das Gleiche gilt für das Verständnis der parlamentarischen Demokratie. Deutschland ist keine Räterepublik. Politik wird in Parlamenten durch Abgeordnete und Mehrheiten betrieben. Von der Webseite der Aktivisten:

“Wir setzen Bundeskanzler Olaf Scholz und der Bundesregierung ein Ultimatum, sich bis Sonntagabend zur Umsetzung der Empfehlungen des Bürgerrats als Grundlage unserer Forderung zu äußern und insbesondere die Umsetzung des Essen-Retten-Gesetzes zuzusagen.

Die rote Linie ist überschritten. Versagt die Politik darin, ihre Bevölkerung zu schützen, sehen wir uns gezwungen, mit zivilem Widerstand für das Überleben aller als moralischem Imperativ einzustehen. Wir werden in diesem Fall anfällige Infrastruktur wie Häfen und Flughäfen als Ausdruck unseres unverändert fossilen Alltags in diesem Land stören und aus Liebe zu unseren Familien, Freund:innen und Mitmenschen zum Innehalten bringen.”

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Während man in Deutschland immer noch dem Traum nachhängt, sich komplett eigenständig mit Energie zu versorgen, scheint man in der EU schon etwas weiter zu sein. Dort sieht man laut Euractiv für Afrika gute Chancen ein Haupterzeuger für Wasserstoff zu werden, der dann in die EU exportiert werden kann. Afrika hat enorme Vorteile, was den Standort angeht. Diese wird Europa auch nicht dadurch ausgleichen können, dass hier viel auch viel bewirken kann. Wind und Sonne sind hier Launen der Natur.

“Allerdings sehen nicht alle die Zukunft Afrikas als Ausfuhrregion von grünem Strom in Form von Wasserstoff so rosig wie die Europäische Kommission und die Wasserstoffwirtschaft.

Die meisten Beobachter rechnen mit zwei möglichen Szenarien. Im “best Case” Szenario wird der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft dazu führen, dass Arbeiter in Afrika zusätzliche Kompetenzen erlernen und die entstehenden Wertschöpfungsketten dazu führen, dass die besagten “grünen” Stahl- und Düngerfabriken entstehen.

Im besten Falle würde der Kontinent somit zu einem Exporteur von grünen Industrieprodukten werden, wobei allerdings nicht alle Länder gleichzeitig davon profitieren könnten.

Deutschland setzt hierbei klar auf Nigeria und Angola, das Auswärtige Amt hat in den Hauptstädten der beiden afrikanischen Länder sogenannte “Wasserstoffbüros” eröffnet, die den Aufbau und den Export von Wasserstoff aus den dortigen Regionen begleiten sollen.

Andererseits besteht laut Beobachtern die reale Gefahr, dass die Wasserstoffproduktion wichtigen Raum für die Herstellung von erneuerbarem Strom für die Bevölkerung beansprucht, was dazu führen könnte, dass die Strompreise in Afrika in die Höhe schnellen würden. Letztendlich wird die neue Art, mit grünen Rohstoffen zu handeln und die Art und Weise, wie Europa und Afrika miteinander umgehen, vom Gestaltungswillen der EU abhängen.”

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Mehr als 40 Anbieter von Strom oder Gas stellen die Belieferung ein, wie T-Online berichtet. “Hintergrund des Lieferstopps dürfte die Energiekrise und das Geschäftsmodell der Energiediscounter sein, durch das sie nicht leicht auf steigende Preise reagieren können. Denn die Firmen kaufen Strom oftmals an den sogenannten Spotmärkten, wo er kurzfristig gehandelt wird.

Die Energiepreise ziehen jedoch seit Monaten deutlich an. Das ist eine Herausforderung für die Unternehmen, weil sie mit den Kunden Langzeitverträge mit einer festen Preisbindung abgeschlossen haben.

Sie können die Mehrkosten also nicht an die Kunden weitergeben. Die Belieferung wurde so vielfach unwirtschaftlich, weswegen Anbieter Verträge kündigten oder Insolvenz anmelden mussten. In einem solchen Fall rutschen Kunden automatisch in die Ersatzversorgung, werden also zunächst von den Anbietern beliefert, die in einer Region die meisten Kunden haben.”

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Zwei Stürme in kurzer Zeit über Europa. Wer gleich laut Klimawandel ruft, dem erklärt der Meteorologe Jörg Kachelmann auf Twitter, was er davon hält.

(Abbildung: Screenshot Twitter)

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