Recherche wird überbewertet

Recherche wird überbewertet. Das könnte sich die Redaktion der Deutschen Welle gedacht haben, als diese einen Artikel über die Situation der Feuerwehren in Griechenland schrieb. Der Tenor sollte eigentlich sein, dass Griechenland offenbar lieber in die Polizei investiert als in die Feuerwehr. Das kann man anprangern, aber dann sollte man sich an die Fakten in Sachen Waldbrand halten. 

“Jedes Jahr brennt es in Griechenland. Doch Umweltschützer warnen schon lange, dass es immer öfter brennt und die Feuer durch langanhaltende Hitzeperioden intensiver werden. Schon in den ersten drei Monaten des Jahres hat sich die Anzahl der Waldbrände laut einer Studie des Europäischen Waldbrandinformationssystems (EFFIS) im Vergleich zu den Jahren 2008 bis 2021 drastisch erhöht.”

Offensichtlich hielt die Redaktion es nicht für nötig, die Aussagen der Umweltschützer zu überprüfen. Die Fakten geben die Aussage der Umweltschützer nämlich nicht her. Im Gegenteil, wenn man bei 2008 startet, dann ergibt sich ein dramatischer Rückgang, würde man ab dort eine Trendlinie ziehen, denn das Jahr ragt heraus.

Das Ansinnen, die schlechte Ausstattung der Feuerwehren mit Menschen und Material zu kritisieren, ist für sich genommen nachvollziehbar. Staaten haben die Aufgabe diese Daseinsvorsorge zu gewährleisten. Aber warum hier gegen die Fakten unkritisch Aussagen von Dritten ungeprüft übernommen werden, um noch mal den Drama-Button zu drücken, ist nicht nachvollziehbar. Dank Quark wissen wir jetzt auch, wie Waldbrände entstehen. Folgt man einigen Medien, dann wird die Satire hier von der Realität öfter eingeholt.

(Abbildung: Screenshot Twitter)

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Wirtschaftsminister Habeck appelliert an die EU-Mitglieder beim Thema Energiesparen solidarisch zu sein. Einige Länder zeigen Deutschland laut Berliner Zeitung die kalte Schulter.

“Der portugiesische Energie-Staatssekretär João Galamba sagte, man sei nicht bereit, einen aus Brüssel vorgegebenen Prozentsatz zu erfüllen, ohne vorher gefragt zu werden. Die spanische Energieministerin Teresa Ribera sagte mit einem Seitenhieb auf Deutschland, Spanien brauche nicht zu sparen, weil es nicht wie andere Länder „über seine Verhältnisse“ gelebt habe. In EU-Kreisen wird dies als Retourkutsche für den harten deutschen Kurs in der Euro-Krise gegenüber den südeuropäischen Staaten interpretiert. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck keilte am Donnerstag zurück und sagte, es sei eine Frage der „Solidarität“, dass auch jene Staaten sparen, die nicht so abhängig vom russischen Gas seien wie Deutschland.”

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Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung kuschelt mit der Anti-Atom-Bewegung. Wir leben in verrückten Zeiten.

(Abbildung: Screenshot Twitter)

Dazu passt ein Artikel aus dem Focus, der ein Positionspapier der Grünen analysiert und dort allerhand falsche Aussagen entdeckt.

“Grünen-Behauptung Nummer zwei:

„Atomkraftwerke helfen nicht aus der Gaskrise.“

Das ist falsch. Der Weiterbetrieb der drei in Deutschland noch laufenden Atomkraftwerke und vielleicht sogar ein Wiederhochfahren der drei erst vor einem halben Jahr abgeschalteten Meiler würde die Gaskrise zumindest lindern. 13 Prozent des deutschen Stroms stammen derzeit aus Gaskraftwerken, sechs Prozent aus Atomkraft. Wenn der Atomstrom wegfällt, muss mit anderen Energieträgern mehr erzeugt werden – also mit Kohle, Gas oder erneuerbaren Energien. Würden die Atomkraftwerke länger laufen, müsste dieser Stromanteil nicht ersetzt werden. Die drei Kernkraftwerke haben vergangenes Jahr 33 Terrawattstunden Strom erzeugt. Wenn man das in Gas umrechnen würde, kann man damit rund drei Millionen Einfamilienhäuser heizen. Neun Millionen Menschen könnten duschen.”

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In Belgien hat man den Ernst der Lage laut FAZ schon erkannt. Dortige Kernkraftwerke sollen 10 Jahre länger laufen. Erstaunlicherweise tragen belgische Grüne diese Entscheidung mit.

“Alexander De Croo war sichtlich erleichtert, als er am Freitagmorgen mit einer wichtigen Mitteilung vor die Presse trat. Man habe sich mit dem Betreiber der belgischen Atomkraftwerke im Grundsatz darauf verständigt, die Laufzeit von zwei Reaktoren um zehn Jahre zu verlängern, mithin bis zum Jahr 2036. „Das ist ein entscheidender Schritt, um die Energieunabhängigkeit unseres Landes zu sichern“, sagte der belgische Premierminister.

„Zum ersten Mal nehmen wir unser Schicksal in Bezug auf Energie selbst in die Hand, und das auf intelligente Weise“. Neben ihm saß, mit deutlich ernsterer Miene, Energieministerin Tinne Van der Straeten. Die flämische Grüne hat in den vergangenen vier Monaten die schwierigen Verhandlungen mit dem Betreiber Engie Electrabel geführt – als Vertreterin einer Partei, die sich ganz dem Atomausstieg im Jahr 2025 verschrieben hatte.

Doch gestand auch Van der Straeten unumwunden ein, dass sich die Rahmenbedingungen fundamental verändert hätten. Die Entscheidung sei „im Kontext eines Krieges auf europäischem Boden gefallen“. Die Energieversorgung sei damit eine Frage der nationalen Sicherheit geworden, deshalb bringe die Entscheidung Sicherheit für die Unternehmen und Bürger. „Ja, das wird einen Preis haben“, sagte sie, „aber der Nutzen wird den Preis übersteigen.”

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Wie der Ukrainekrieg die Energiewende vorantreibt. Allem Schlechten wohnt auch etwas Gutes bei. So könnte man den Meinungsartikel von Ralf Stork bei Spektrum verstehen.

“Die Entwicklung wird vom Strompreis getrieben: Durch den Ukrainekrieg gab es bei ohnehin schon hohem Preisniveau im April noch einmal einen Sprung auf im Schnitt rund 37 Cent je Kilowattstunde. 2021 zahlten Verbraucher 32 Cent pro Kilowattstunde. Damit ist Energie ist so teuer geworden, dass sich die Investition in erneuerbare Energien für Privathaushalte rechnet und auch für Investoren wieder deutlich attraktiver geworden ist. Der Krieg hat den Energiemarkt mit hohen Preisen und machtpolitischen Notwendigkeiten insgesamt so stark in Richtung Erneuerbare gerückt, wie die Politik allein es sich auf absehbare Zeit nicht getraut hätte.”

Eigenartig, dass die Strompreise schon lange vor dem Krieg in der Ukraine in Deutschland stetig stiegen. Dank des Krieges dürfen sich Investoren nun erst recht die Hände reiben. Sie haben allerdings auch vorher schon prächtig verdient. Bezahlt haben ihnen die Renditen die deutschen Stromkunden.

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Der Nabu sieht es als Fehler an, Naturschutzgebiete für Windkraftanlagen zu öffnen. Die Tagesschau hat einen entsprechenden Bericht dazu.

“Eine schnelle Energiewende wünscht sich auch Sebastian Scholz. Er kümmert sich beim Naturschutzbund um Klima- und Energiefragen. Der NABU ist aber der Meinung: Die Bundesregierung macht es sich zu einfach. Es sei ein Fehler, Landschaftsschutzgebiete für Windräder zu öffnen.

Der Verband ist außerdem der Auffassung, dass die EU-Vogelschutzrichtlinie eine umfassenden Artenschutzprüfung vor Ort vorschreibt – und nicht nur eine Prüfung bestimmter Arten, wie es die Bundesregierung vorhat. Naturschützer Scholz geht davon aus, dass die neuen Regeln viele Rechtsstreitigkeiten mit sich bringen. Und solange baut niemand Windräder.”

Der Artikel kommt ansonsten aber eher unkritisch daher und zieht eigenartige Schlüsse.

“Der Rotmilan hat nach Ansicht von Fachleuten ganz andere Probleme: Er findet nur schwer Nahrung. Oft verkleinert die Landwirtschaft den Lebensraum der Vögel und ihrer Beute – nicht ein Windrad.”

Rotmilane sind Kulturfolger. Schauen wir bei Wikipedia nach:

“Zum Jagen braucht er offenes Kulturland, Grasland und Viehweiden, daneben können auch Feuchtgebiete als Nahrungsreviere dienen. Abgeerntete oder gerade umgepflügte Getreidefelder schließt er ebenso in die Nahrungssuche ein wie Autobahnen und Mülldeponien, letztere aber nicht in dem Ausmaß wie der Schwarzmilan.”

Vielleicht gab es auch bei der Tagesschau Unlust zu recherchieren, siehe Waldbrand weiter oben?
Es geht nicht um die Verkleinerung des Lebensraums durch Windräder, sondern um den Totschlag der Tiere.

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Leserpost von H. Gossen zum Blogpost vom 23.7.2022:

Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist trendy den Fleischkonsum zu verteufeln. Um zu einem effizienten Marktergebnis zu kommen, sollte man aber nicht das Endprodukt, sondern die zur Herstellung verwendeten knappen Ressourcen besteuern. Das wären beim Fleisch also vor allem die Treibhausgasemissionen und der Flächenverbrauch. Dann werden wir sehen, wie der Konsument entscheidet.

Von den meisten wissenschaftlichen Studien „übersehen“ wird aber die verheerende Auswirkung der Biokraftstoffproduktion. Obwohl hier die Treibhausgasbilanz insgesamt negativ ist, wird diese nicht besteuert sondern durch die diversen „Biokraftstoffbeimischungsverordnungen“ in Europa und den USA indirekt subventioniert. (Ohne diese Verordnungen würde kein Biokraftstoff in Benzin, Super oder Diesel gemischt, da das viel teurer ist als fossiler Kraftstoff). Die Biokraftstoffindustrie verdient damit viel Geld, von dem ein erheblicher Teil in die Lobbyarbeit fließt. In Deutschland ist das der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie, geleitet von hochbezahlten Cheflobbyisten, die volkswirtschaftlich betrachtet für negative Wertschöpfung belohnt werden.

Initiiert wurde die europäische Biokraftstoffgesetzgebung in Europa übrigens von den Grünen im EU-Parlament unter ihrem damaligen energiepolitischen Sprecher Claude Turmes. Die Grünen haben damit eine viel größere Öko-Katastrophe losgetreten, als das bisher die Erderwärmung getan hat. Ähnlichkeiten mit dem Naturverbrauch von Windrädern sind sicherlich nicht zufällig. Sie sind das Ergebnis der ideologischen Umweltpolitik der Grünen. Aber darüber wird nirgendwo gesprochen. Warum nur?

Hier finden Sie eine Literaturliste zum Thema:

Auswirkung der Biokraftstoffe auf Treibhausgasemissionen:
https://www.science.org/doi/10.1126/science.1180251
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/gcbb.12488
Auswirkung der Biokraftstoffe auf Artenvielfalt:
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0167880915300037
https://bioone.org/journals/acta-ornithologica/volume-50/issue-1/00016454AO2015.50.1.007/Breeding-Biology-of-Skylarks-Alauda-arvensis-in-Maize-and-Other/10.3161/00016454AO2015.50.1.007.short
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/gcbb.12135
https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/bitv/dk040044.pdf
https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/201207_Bioenergie_Stellungnahme_kurz_de_en_Okt2012_02.pdf
Auswirkung der Biokraftstoffe auf Habitatvernichtung:
https://news.mongabay.com/2020/12/indonesia-biofuel-deforestation-oil-palm-plantation-b30/
https://news.mongabay.com/2018/01/biofuel-boost-threatens-even-greater-deforestation-in-indonesia-malaysia-study/
https://news.mongabay.com/2010/02/amazon-rainforest-will-bear-cost-of-biofuel-policies-in-brazil/
https://www.spektrum.de/news/blut-fuer-oel/914171
https://www.youtube.com/watch?v=pjp36LShNJY

Mit besten Grüßen,
H. Gossen

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Alex Reichmuth im Nebelspalter:

Energiewende
Deutschland: Stromabschaltungen sind schon Realität

In der Schweiz zittert man vor dem nächsten Winter. Sollte Putin die Gaslieferungen nach Europa tatsächlich einstellen, könnten gemäss dem Bundesrat das Gas und der Strom knapp werden. Im Extremfall stellen die Behörden den Unternehmen und eventuell auch den Privatleuten das Gas und den Strom ab – wenn wohl auch nur vorübergehend. Energierationierung: Dieses Schreckgespenst geht auch in anderen Ländern um. Vor allem in Deutschland befürchtet man, dass die Industrie stillstehen und die Häuser kalt bleiben.

Was hingegen kaum jemand weiss: Stromabschaltungen gibt es in Deutschland bereits jetzt. Schuld daran ist aber nicht der russische Präsident, sondern die Energiewende: Weil die Fotovoltaik und die Windkraft keinen konstanten Strom liefern, ist immer wieder mal zu wenig «Pfuus» vorhanden. Um einen Blackout zu verhindern, kappen die Netzbetreiber dann jeweils energieintensiven Betrieben die Versorgung mit Elektrizität.

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