Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich

Das hat der kluge Mark Twain einst gesagt. Wie recht er hatte, das zeigt sich am Thema Energie und Geopolitik. Allen, die an Geopolitik interessiert sind, empfehlen wir das Buch “Die Macht der Geographie im 21. Jahrhundert” von Tim Marshall. Die Themen Energie und Rohstoffe spielen neben Geographie in dem Buch eine wichtige Rolle.

Die Ölkrise 1973

Wir machen einen kleinen Rückblick in die 1970er Jahre. Im Nahen Osten kommt es 1973 zu einem Krieg zwischen Israel und seinen Nachbarländern. Dieser Krieg wird in die Geschichte als der Jom Kippur Krieg eingehen, weil der am höchsten jüdischen Feiertag (Jom Kippur) anfing. Der Westen hielt erwartungsgemäß zu Israel, insbesondere die USA unterstützten mit Waffenlieferungen. Die Länder Europas stellten sich unisono auf die Seite Israels.

Als Reaktion für diese Parteinahme kam es zu Sanktionen durch die arabischen erdölexportierenden Staaten. Diese drosselten ihre Produktion, was zu einer Knappheit und einem starken Preisanstieg bei Öl in Europa führte. Die Ölkrise war da. Da die Spar-Appelle der damaligen sozial-liberalen Bundesregierung an die Bürger wenig fruchteten, kam es viermal zum sogenannten autofreien Sonntag. Nur noch in ganz wenigen Ausnahmefällen durften PKW und LKW benutzt werden. Auch in anderen europäischen Ländern gab es Maßnahmen, im Vereinigten Königreich wurde sogar eine 3 Tage Arbeitswoche eingeführt.

Der Preis für leichtes Heizöl verteuerte sich von 1972 bis 1974 um nahezu den Faktor 6. Der Liter kostete 1972 umgerechnet 7 Cents, in 1974 mussten schon fast 40 Cents bezahlt werden. Das sind Preise, die man sich heute kaum mehr vorstellen kann, aktuell muss man fast 75 Cents für den Liter hinlegen. Die Entwicklung zeigte, wie sehr Deutschland vom Import von Energie abhängig ist. Als Folge wurde die Planung von Kernkraftwerken intensiviert. 40 solche Anlagen wurden einst angedacht. Hier wurde durch die aufkommende Anti-Atom-Bewegung auch der Grundstein für die späteren Partei “Die Grünen” gelegt.

Neue, zuverlässige Lieferanten

Da Deutschland immer ein Importland für Energie war, zog man als Lehre aus der Ölkrise, dass man nach verlässlicheren Lieferanten suchen sollte. In Sachen Öl waren das u. a. Norwegen und das Vereinigte Königreich. In Sachen Erdgas war es die Sowjetunion bzw. später Russland. Obwohl immer wieder vermutet (erwartet?) kam Russland seinen Lieferverpflichtungen stets nach, ganz egal wie die politische Großwetterlage auch war. Nicht einmal die Krise um die Ost-Ukraine inkl. Russisches Embargo durch die EU war Anlass die Lieferungen zu drosseln. Selbst in der aktuellen Energiekrise 2021 lieferte Russland das, was bestellt war.

Das deutsche Wirtschaftsministerium beeilte sich noch das noch einmal klarzustellen, während Kanzlerin Russland eine Warnung schickte, seine Gaslieferungen nicht als geopolitische Waffe einzusetzen. Das war ganz besonders mit Blick auf die Ukraine gemeint. Durch dieses Land geht eine Pipeline, die Gas von Russland nach Europa bringt. Die Ukraine partizipiert am Transit. Russland verhielt sich also liefertreu, auch wenn vor allem Gegner der Pipeline Nordstream 2 Russland hier gerne den schwarzen Peter zuspielen wollten. Es mutet schon einigermaßen bizarr an, dass, als eine Konsequenz der steigenden Preise bei Gas, die EU beschloss, Bestellungen zukünftig zu bündeln. Es klingt fast fahrlässig, dass es nicht schon längst passiert ist.

Wasserstoff aus Afrika

Im Zuge der Energiewende kommt es nun zu einem Déjà-vu mit den Entwicklungen in den 1970er Jahren. Deutschland hat nämlich eine Partnerschaft mit Marokko. Das nordafrikanische Land soll dank günstiger Bedingungen und mit deutscher Technik Wasserstoff herstellen. Bei Herstellungskosten für Strom von 2-3 Cent pro KWh sind auch Wirkungsgradverluste bei der Wasserstoffproduktion hinnehmbar.

Aber, jetzt kommt die Politik. Seit Jahren schwelt ein Konflikt um die ehemalige spanische Kolonie Westsahara. Marokko hat nach dem Abzug der Spanier große Teile des Landes besetzt. Es gibt eine Befreiungsarmee (Polisario), die einen anderen Teil des Landes kontrolliert. Weil Deutschland bei diesem Konflikt auf eine Lösung am Verhandlungstisch setzt und nicht wie der ehemalige US-Präsident Trump den Anspruch Marokkos anerkennt, kommt es nun zum Liebesentzug oder soll man besser sagen zur Weigerung Wasserstoff zu liefern.

NDR-Info hat einen hörenswerten Artikel dazu.

Es ist schon ein Treppenwitz, dass Russland, obwohl immer das Gegenteil unterstellt, sich an Verträge hält, während es Marokko aktuell offenbar in Sachen Wasserstoff egal ist. Deutschland wird für bestimmte Industriebereiche Wasserstoff zukünftig importieren müssen. Auch beim massiven Ausbau von Windkraft und Solar in Deutschland wird es nicht ausreichen den deutschen Energiebedarf autark befriedigen. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf den Max-Plank-Wissenschaftler Schlögl, der anlässlich der ERecht21-Konferenz in Berlin die Frage gestellt hat, wer eigentlich als Erstes die Idee hatte, dass Deutschland seine Energie komplett im eigenen Land erzeugen müsse.  Deutschlands Rolle sieht Schlögl bei der Entwicklung und Bereitstellung der grünen Technik.

Ganz gleich, wen sich Deutschland dann als Partner aussucht, die Wahl will gut überlegt sein. Man kann sich nur wünschen, dass die ausgesuchten Partner sich dann ebenso rechtstreu verhalten, wie es Russland in Sachen Gas macht. Deutschland wird wie gesagt seinen Wasserstoffbedarf in Zukunft nicht alleine decken können, dazu ist die Produktion von Strom aus grünen Stromquellen hier viel zu teuer. Verlässlichkeit ist also hier das oberste Gebot. Eine Ironie des Schicksals ist es aber schon, dass uns Grüne Politiker permanent erzählen, wie erpressbar wir in Sachen fossiler Brennstoffe sind und bei der erstbesten Gelegenheit wird uns bei dem zukünftigen Hoffnungsträger Wasserstoff vor Augen geführt, dass es dort eigentlich viel schlimmer werden könnte.

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