Das Verfahren von 1616

Wer hat’s gesagt?

„Einige Klimaaktivisten sind ja sogar bereit, für den Kampf gegen die Erwärmung die Demokratie einzuschränken. Und was geschieht, wenn in Zukunft irgendwelche Fanatiker fordern, Kriege gegen solche Staaten zu führen, die sich weigern, ihre Kohlekraftwerke abzuschalten?“

(  )  SIPRI, Stockholmer Friedensforschungsinstitut

(  )  Reinhard Kardinal Marx, kath. Kirche

(  )  Sebastian Vettel, Rennfahrer

(  )  Uli Hoeness, Fussball-Experte

(  )  Hans von Storch, Klimaforscher

(  )  Volker Beck, Grüne

(  )  Michel Friedman, Ex-Mitglied des CDU-Bundesvorstandes

(  )  Margot Kässmann, evang. Kirche

(  )  Maybritt Illner, ZDF

(  )  Angela Merkel, CDU

(  )  Walter Scheel, FDP

Die Auflösung finden Sie ganz unten auf der heutigen Blogseite.

+++

The only way is up! Das war 1988 ein großer Hit für die Sängerin Yazz.

Im Bereich der Strompreise ist der Titel ebenfalls seit Jahren ein Evergreen. Man achte auf die Wortwahl als Grund für die Preiserhöhung, in diesem Fall durch den Anbieter Süwag für das Frühjahr 2020:

„Die Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien, die Netzentgelte und die Beschaffungspreise an der Strombörse sind für das Jahr 2020 deutlich gestiegen.“

Das macht dann mal eben eine Preissteigerung von satten 10%! Man könnte auch sagen, der Preis ist mittlerweile so gestiegen, dass nicht mal mehr eine Kugel Eis drin ist, um den berühmten Vergleich von Jürgen Trittin aus dem Jahr 2004 zu bemühen.

+++

Warum Tesla nicht die Welt retten wird. Der Artikel auf TELEPOLIS aus 2019 ist immer noch lesenswert, vor allem vor dem Hintergrund der Verfügbarkeit von Ressourcen.

„Als Northvolt, die geplante Batteriefabrik in Skellefteå, ihre Umweltgenehmigung beantragte, musste sie auch ihren Materialverbrauch angeben. Dabei stellte sich heraus, dass sie nur für ein Viertel der vollen Kapazität schon ein Prozent der weltweiten Produktion von Kobalt und Grafit und gut zwei Prozent der weltweiten Produktion von Lithium benötigen würde. Und die Firma rechnet damit, dass es zukünftig weltweit 100 bis 150 solcher Fabriken geben wird. Ich fragte mich: Gibt es überhaupt so viele Metalle? Eine Studie der Weltbank sagte, dass es ausreichend geben wird. Die Studie geht allerdings davon aus, dass vier Fünftel des Lithium-Gehalts aus Batterien recycelt werden. Das ist heute aber nicht der Fall.“

+++

Eine Umfrage unter Hochschullehrern zum Thema „Forschungsfreiheit an deutschen Universitäten“ von der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung (Berlin, 12. Februar 2020, pdf hier) ergab folgendes Ergebnis: Nur 43% der befragten Hochschullehrer gaben ab, dass es es erlaubt sein sollte, den „Klimawandel zu bestreiten“. Was damit genau gemeint ist, bleibt unklar. Gehört zum Bestreiten bereits ein Abweichen vom 100%igen anthropogenen Anteil an der modernen Klimaerwärmung? Wo beginnt das „Bestreiten“? Bei 1% Natur, 10% Natur, 50% Natur oder 70% Natur?

+++

Ein echtes Dilemma: Seit Langestrecken-Luisa von FFF Ärger wegen Ihrer vielen Fernreisen bekommen hat, haben junge Menschen mit Interesse an fernen Ländern ein großes Problem. Wie können sie ihr Fernweh trotz Flugscham stillen? Sechs junge Leute hatten jetzt eine Idee. Sie behaupteten einfach, sie würden die Folgen des Klimawandels studieren und jetteten kurzerhand nach Ecuador. Ein schönes Beispiel für eine Realsatire: Da „forschen“ junge Nachwuchskünstler (teils wirklich Künstler) auf Humboldts Spuren in Südamerika zum Klimawandel … und KEIN EINZIGER Geologe, Geograf oder Glaziologe ist dabei. Dafür eine Musikwissenschaftlerin, ein Mediziner (okay, vielleicht wegen der Höhe), ein Informatiker und (SOGAR!!) eine Physikerin. Die wiederum kommt vom PIK! Also, hochinteressant, zumal „lokale Wissenschaftler und Bergführer“ sowieso schon feststellen, dass „die extrem unbeständigen Witterungsbedingungen … eine der Auswirkungen des Klimawandels sind“. Es muss die dünne Luft sein, die hier auf die Hirne der Mitwirkenden wirkt. Denn, wie´s in der FAZ heisst, „nirgendwo ist man dem Mond so nahe“ !? Toll, oder. Hoffentlich gab’s am Chimborazo Mitte März 2020 kein CORONA-Virus und alle sind wieder wohlbehalten zuhause angekommen, mit Segelboot, Segelflugzeug oder ganz konventionell in der Economy Class.

+++

Ein Blogleser kommentierte den Wikipedia-Beitrag zu Galileo Galilei. Wikipedia schreibt:

„Im Jahr 1615 veröffentlichte der Kleriker Paolo Antonio Foscarini (circa 1565–1616) ein Buch, das beweisen sollte, dass die kopernikanische Astronomie nicht der Heiligen Schrift widersprach. Daraufhin eröffnete die Römische Inquisition nach Vorarbeit des bedeutenden Kirchenlehrers Kardinal Robert Bellarmin, einer zentralen Persönlichkeit der Kurie und der Inquisition, ein Untersuchungsverfahren. 1616 wurde Foscarinis Buch gebannt. Zugleich wurden einige nichttheologische Schriften über kopernikanische Astronomie, darunter auch ein Werk von Johannes Kepler, auf den Index Librorum Prohibitorum gesetzt. Das Hauptwerk des Copernicus, De revolutionibus orbium coelestium, in dessen Todesjahr 1543 erschienen, wurde nicht verboten, sondern „suspendiert“: Es durfte fortan bis 1822 im Einflussbereich der Römischen Inquisition nur noch in Bearbeitungen erscheinen, die betonten, dass das heliozentrische System ein bloßes mathematisches Modell sei.

An diesem Verfahren, das nicht zu den Inquisitionsprozessen gezählt werden kann, war Galilei offiziell nicht beteiligt. Seine Haltung war jedoch ein offenes Geheimnis, auch wenn das Schreiben an die Großherzogin-Mutter noch nicht veröffentlicht war.

Wenige Tage nach der förmlichen Index-Beschlussfassung schrieb Bellarmin an Galilei einen Brief mit der Versicherung, Galilei habe keiner Lehre abschwören müssen; gleichzeitig jedoch enthielt dieses Schreiben die nachdrückliche Ermahnung, das kopernikanische System in keiner Weise als Tatsache zu verteidigen, sondern allenfalls als Hypothese zu diskutieren.

 Dieser Brief wurde im Prozess von 1632/33 als Beweis für Galileis Ungehorsam zitiert. Allerdings gab es in den Akten zwei verschiedene Fassungen, von denen nur eine korrekt unterschrieben und zugestellt war, weshalb im 19. und 20. Jahrhundert einige Historiker annahmen, die Inquisitionsbehörde habe 1632 zu Ungunsten Galileis einen Beweis gefälscht.

Galilei hielt sich von nun an mit Äußerungen in der Öffentlichkeit zum kopernikanischen System zurück. Ab 1616 beschäftigte er sich intensiv mit der Möglichkeit, die Bewegungen der Jupitermonde als Zeitmesser zu nutzen, um das Längengradproblem zu lösen. Allerdings blieb er damit erfolglos. Auch veränderte er erstmals ein Teleskop in ein Mikroskop, ohne jedoch die damit möglichen Entdeckungen ernsthaft weiter zu verfolgen.“

„1624 reiste Galilei nach Rom und wurde sechs Mal von Papst Urban VIII. empfangen, der ihn ermutigte, über das kopernikanische System zu publizieren, solange er dieses als Hypothese behandle;“

„Gleichzeitig gab es mächtige kirchliche Stimmen, die eine wörtliche Auslegung der Heiligen Schrift ablehnten und die Argumentation, Glauben und Wissenschaft seien getrennte Sphären, offensiv vertraten. So schrieb Kardinal Bellarmin, dass man, läge ein wirklicher Beweis für das heliozentrische System vor, bei der Auslegung der heiligen Schrift in der Tat vorsichtig vorgehen müsse.[19] Ausdruck der kirchlichen Ambivalenz ihm gegenüber ist die recht milde Ermahnung von 1616, Galilei sei im „Irrtum des Glaubens“ und möge darum „von einer Verbreitung des kopernikanischen Weltbildes absehen“.[20]“

„Erst nachdem Galilei 1632 mit dem Dialogo wieder für das kopernikanische Weltbild eintrat und die ersten Exemplare sogar an seine erklärten Gegner wie z. B. den Inquisitor Serristori schickte, wurde ein formales Verfahren gegen ihn eröffnet. Auch jetzt noch war das Klima, verglichen mit anderen Häresieprozessen, freundlich und das Urteil milde. Nachdem Galilei geschworen hatte, „stets geglaubt zu haben, gegenwärtig zu glauben und in Zukunft mit Gottes Hilfe glauben zu wollen alles das, was die katholische und apostolische Kirche für wahr hält, predigt und lehret“, erhielt er lediglich Kerkerhaft, die bereits nach wenigen Wochen in Hausarrest umgewandelt wurde. In einem Kerker hat Galilei nie eingesessen.[21]“

Wie man laut Wikipedia (habe die Quellen natürlich auch nicht geprüft) sehen kann, ist die historische Wirklichkeit wohl nicht so leicht in einen einzigen simplifizierten Absatz zu pressen. Man kann die Überzeugung der Kirche auch so deuten, dass man auf dem bisherigen „Stand“ der Forschung so lange vertraut, bis anderslautende Theorien widerspruchsfrei zu besseren Erklärungen führen. Galilei wurde also nicht verboten, sich mit dem heliozentrischen Weltbild zu beschäftigen, sondern nur es als absolute Wahrheit zu verkünden.

Wie man am Wikipedia-Eintrag über die Gezeiten sehen kann, schreckte Galilei auch vor falschen Erklärungen für sein letztendlich doch halbwegs richtiges heliozentrisches Weltbild nicht zurück:

„Galileo Galilei verneinte jeden Einfluss des Mondes und interpretierte 1616 in seinem Discorso sopra il Flusso e Reflusso del Mare (unveröffentlicht) und im Dialogo (herausgegeben 1632) die Gezeiten als Folge der Erdrotation kombiniert mit dem Erdumlauf um die Sonne: Von der Sonne aus gesehen bewegt sich die Tagseite der Erde langsamer als die Nachtseite, wodurch sich die Gezeiten, allerdings auch nur einmal täglich, aufgrund der unterschiedlichen Beschleunigungen ergeben sollen.[6]“

Auch konnte Galilei sich nicht so recht mit elliptischen Planetenbahnen anfreunden und beharrte auf Kreisbahnen, was zu recht ungenauen astronomischen Vorhersagen führte:

„Zur Rettung seines Konzepts der Kreisbahnen nahm Galilei in Kauf, dass es [sein heliozentrisches Modell] die beobachtete Position des Planeten Mars wesentlich schlechter voraussagte als die geozentrischen Modelle von Ptolemaios oder Brahe.“

Es verhält sich mit historischen Ereignissen also wie mit Klimawandel und dessen „Erklärungen bzw. Ursachen“: Schaut man etwas genauer hin, so ergibt sich ein wesentlich differenzierteres Bild als das von populistischen SZ-Schreiberlingen simplifizierte mit vermeintlich einfachen Erklärungen, welches aber von der Masse der Menschen mit zunehmender Anzahl an Wiederholungen unhinterfragt geglaubt und weiterverbreitet wird.

+++

Auflösung zu „Wer hat’s gesagt“ (oben):

Hans von Storch, Der Spiegel, Oktober 2019. Siehe auch staseve.eu.

Teilen: