Das Fehlen eines Beweises für etwas ist nicht der Beweis dafür, dass es etwas nicht gibt

Von Frank Bosse

Michael Mann (MM hiernach) hat mal wieder zugeschlagen im Kampf gegen die natürliche (interne) Variabilität unseres irdischen Klimas. Besonders die atlantische multidekadische Oszillation (AMO) ist den Warnern vor sehr großen Temperaturzunahmen durch Treibhausgase (meist CO2) ein Dorn im Auge, warum wurde bereits hier ausführlich dargestellt. Die Meeresströmung in nördlichen Atlantik stellt ein auf und ab dar, mit einer (multi)dekadischen Periode, die nicht konstant ist, daher auch die Bezeichnung AMV für -Variabilität. In den 90ern erfolgte ein Wechsel von kalt zu warm, was eine zusätzliche Erwärmung auch der globalen Temperaturen mit sich brachte. Um diese zusätzliche Erwärmung, nicht durch äußere Antriebe wie Treibhausgase, geht es im Kern. Wenn man sie ebenfalls CO2 anlastet, ergeben sich zu hohe Empfindlichkeitsberechnungen auch der Modelle, die entweder direkt oder über Umwegen so „getuned“ werden, dass sie diese beobachtete Entwicklung der GMST (für Global Mean Surface Temperature) i.d.R für 1976-2005 replizieren.

Die Berechnung der AMV ist unterschiedlich. Am wenigsten physikalisch ist ein bloßes lineares detrenden der Meeresoberflächentemperaturen, wie es leider noch immer manchmal praktiziert wird. Viel „physikalischer“ ist es, die Meeresoberflächentemperaturen (SST) des Gebietes 20°N- 60°N; 80°W…10°W an den Werten für den Antrieb mithilfe einer Regression von dem Antrieb selbst zu „befreien“:

Abb. 1: Die Atlantische Multidekadische Variabilität, errechnet aus den 11-jährig geglätteten Residuen nach der Regression an den globalen Antriebsdaten, wie man sie hier findet.

Der Hub zwischen Mitte der 70er Jahre und 2000 von 0,37°C ist eindeutig zu sehen. Nun also versucht MM dies hinweg zu fegen, aus bekanntem Grund und damit auf einen Schlag hunderte Arbeiten zu Entstehung, Verlauf und Auswirkungen der AMV in das Reich der Fabel zu katapultieren. Dies hatte er schon voriges Jahr vor, es wurde jedoch durch eine bemerkenswerte Replik von Prof. Gisela Müller-Plath im Kern erschüttert. Der Titel ihrer Arbeit: “Absence of evidence is not the evidence of absence“ ist auch der des heutigen Artikels, weil er auch für die neueste Arbeit von MM gilt.

Was genau tut MM in ihr? Zunächst schildert er in epischer Breite die Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn man nach Perioden in vorindustrieller Zeit sucht. Hier ist man auf Proxy- Daten angewiesen und die sind viel „unschärfer“ in Ort, Zeit und Amplitude als die Messungen seit 1880. Aber: es gibt dutzende Arbeiten, die die Schwankungen hunderte von Jahre zurück nachweisen, nicht so genau freilich. MM will dies vermeiden und weicht auf Klimamodelle (CMIP5) aus. Die tun sich allerdings bekanntermaßen mit interner Variabilität schwer, sie unterschätzen massiv (multi)dekadische Schwankungen. Sie können sie schlicht kaum reproduzieren.

Nun kommt der Trick: MM erzeugt Periodigramme aus einem größeren Ensemble von Modellen, sodass sie nur die äußeren Antriebe des Klimas berücksichtigen: Die übrigen Schwankungen sind bei den Modellen nie in der richtigen Phase und egalisieren sich, nimmt man das Mittel aus vielen. Er findet dann in den historischen Antrieben, also fast nur Sonne und Vulkane, tatsächlich dekadische Spitzen, es ist für die instrumentelle Periode nachzuvollziehen mithilfe des „KNMI Climate Explorer“. Mit diesem Instrument wurden auch die folgenden Abbildungen erzeugt. 

Abb. 2: Die Perioden im Antrieb 1860-heute im Modell- Mittel der CMIP5-Modelle. Die blaue Linie zeigt das Signifikanzniveau an. Tatsächlich erkennt man, dass ab ca. 50 Jahre auf der Abszisse signifikante Perioden auftreten.

Für MM ist das der Beweis, dass die typischen Perioden der AMV auch durch äußere Einflüsse hätten erzeugt werden können. Qed? Nicht ganz… Schauen wir uns zum Vergleich das Periodigramm der „echten“ AMV an:

Abb. 3: Das Periodigramm des Multi- Model-Mean für das Gebiet der AMV. Je höher die rote Linie steigt, desto ausgeprägter ist eine Periodizität mit den auf der Abszisse abgetragenen Jahren.

Auf den ersten Blick erkennt man keine großen Divergenzen. Und was genau beweist das? Wie simulieren die CMIP5’s die SST des Gebietes?

Abb. 4: Die Modellierung der SST des Gebietes der AMV über der Zeit mithilfe des Modell-Mittels.

Und wie wurden sie in der richtigen Welt beobachtet?

Abb. 5: Die real beobachteten SST des AMV-Gebietes

Sie stellen fest: irgendetwas fehlt, nämlich genau das, was in Abb.1 dargestellt ist. MM jedoch unterstellt, dass die reinen Antriebe, die auch die Simulation des Multi-Model CMIP5-Ensembles in Abb.4 bestimmen, die AMV (vgl. Abb.1) erzeugen KÖNNTEN durchihre Perioden. Tun sie jedoch augenscheinlich nicht.

MM verfasste einen Blogpost, dem er die Überschrift gab: „Das Wachsen und der Niedergang der AMO“. Er meint tatsächlich, er selbst hätte die AMO entdeckt und zum „Wachsen“ gebracht (er war in der Tat nicht der erste in 1995, der die Oszillation beschrieb) und nun brächte er sie zum Fallen! Eine der in der Wissenschaft ganz seltenen „Game changer“ Arbeiten? Er selbst ist schon ein wenig vorsichtiger, indem er am Ende in ihr formuliert:

“There is no compelling evidence for a purely internal multidecadal AMO-like cycle.“

Es gibt keinen zwingenden Beweis für einen rein internen multidekadischen AMO-ähnlichen Zyklus. Aber es gibt auch keinen dafür, dass es ihn nicht gibt und wir sehen ja offenkundig das Ergebnis, vgl. Abb.1! MM jedenfalls erbringt ihn abermals nicht.

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