Studie dokumentiert für die vergangenen 500 Jahre vier Hochwasserphasen in der Schweiz: Schlimmste Flutkatastrophen-Periode ereignete sich vor 250 Jahren

Flutkatastrophen hat es in Europa stets gegeben, dies ist bekannt. Interessanter ist dabei schon die Frage, ob sich die Häufigkeit der Hochwasser-Ereignisse in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten gesteigert hat. Anders gefragt, hat es möglicherweise bereits in der Vergangenheit Flut-reiche Zeiten gegeben und falls ja, was waren die Gründe? Zahlreiche Studien haben in der Vergangenheit gezeigt, dass man für eine solche Betrachtung nicht nur ein paar Jahre, sondern gleich einige Jahrhunderte zurückgehen muss. Genau dies haben Petra Schmocker-Fackel und Felix Naef von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL bzw. der ETH Zürich getan. In einer 2010 im Fachmagazin Hydrology and Earth System Sciences erschienenen Studie untersuchten sie die Hochwasser-Entwicklung der nördlichen Schweiz für die vergangenen 500 Jahre. In der Kurzfassung des Artikels schreiben die Autoren (Fettsetzung ergänzt):

In der nördlichen Schweiz ereignete sich seit den 1970er Jahren eine Anhäufung schwerer Hochwasser-Ereignisse, der eine Phase mit geringer Flutaktvität vorausgegangen war. Wie haben sich die Hochwässer in der Schweiz während der vergangenen 500 Jahre entwickelt? Und gab es vielleicht ähnliche Hochwasser-reiche Phasen im vergangenen halben Jahrtausend? Wir haben historische Hochwasser-Daten aus 14 Fluss-Einzugsgebieten ausgewertet, die bis 1500 zurückreichen. Alle Einzugsgebiete waren durch eine starke Fluktuation in der Häufigkeit des Hochwassers geprägt. Wir fanden vier Hochwasser-reiche Perioden in der nördlichen Schweiz, die jeweils 30-100 Jahre andauerten (1560–1590, 1740–1790, 1820–1940 und seit 1970). Die aktuelle Periode mit erhöhter Hochwasser-Häufigkeit hat jene der Vergangenheit in ihrer Intensität noch nicht überschritten.

Wir überprüften weiterhin, ob die Variabilität der Flut-Häufigkeit mit allgemeinen klimatischen Faktoren wie etwa der Sonnenaktvität oder der Nordatlantischen Oszillation (NAO) erklärt werden könnte. Die ersten drei Perioden mit geringer Hochwasser-Häufigkeit fallen mit Phasen geringer Sonnenaktivität zusammen. Nach 1810 konnte hingegen kein Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und Hochwasser-Häufigkeit mehr festgestellt werden. Außerdem konnte kein Zusammenhang zwischen der NAO und den für die Schweiz rekonstruierten Temperaturen gefunden werden. Jedoch stellten wir ein sich wiederholendes räumliches Muster in der Hochwasser-Häufigkeit auf einem europäischen Maßstab fest. Die schweizerischen Hochwasser-Phasen ereigneten sich häufig gleichzeitig zu denen in der Tschechischen Republik, Italien und Spanien, weniger häufig synchron jedoch gegenüber den Phasen in Deutschland. Die Flut-Muster in der nördlichen Schweiz und der Tschechischen Republik sehen sich sehr ähnlich, obwohl die einzelnen Flutereignisse nicht übereinstimmen. Dieser Vergleich von Flut-Mustern in verschiedenen europäischen Ländern deutet an, dass Veränderungen in der großmaßstäblichen atmospherischen Zirkuation für die Veränderungen in der Hochwasser-Häufigkeit verantwortlich sind.

 

Schauen wir uns das einmal genauer in Form einer Abbildung an (Abbildung 1). In der Tat, während der Kleinen Eiszeit ist eine ausgezeichnete Kopplung der Hochwässer an die Sonnenaktivität zu erkennen. Immer wenn die Sonne stark war, bekamen es die Schweizer mit vermehrten Flutkatastrophen zu tun. Ebenfalls gut zu erkennen ist, dass die Hochwässer des späten 18. Jahrhundert noch immer führen und die höchste Häufigkeit aufweisen. Das aktuelle Hochwasser-Maximum fällt dagegen eher mickrig aus. Falls jetzt wirklich die Sonnenaktvität in den kommenden zwei, drei Jahrzehnten auf ein Minimum des Dalton-Typs absinken sollte, können die Bewohner der nördlichen Schweiz möglicherweise aufatmen, da aus empirischer Sicht mit weniger Flutkatastrophen zu rechnen wäre.

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Studie im Hydrological Sciences Journal: Kein statistischer Zusammenhang zwischen Hochwasser in den USA und Kohlendioxid

Eine der derzeit intensiv diskutierten Fragen ist, ob die Häufigkeit von Hochwasserereignissen im Zuge der Klimaerwärmung der letzten 150 Jahre nach Ende der Kleinen Eiszeit zugenommen hat und ob insbesondere möglicherweise ein Zusammenhang mit dem Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre besteht. Der Hydrologe Robert Hirsch und die Statistikerin Karen Ryberg prüften hierzu die Daten von 200 Pegelmess-Stationen in den USA und analysierten ihre Entwicklung für die vergangenen 100 Jahre. Die Studie erschien im Oktober 2011 im Hydrological Sciences Journal. In der Kurzfassung der Arbeit berichten die Autoren: Wir untersuchen den Zusammenhang zwischen alljährlichen Hochwasser-Ereignissen und der Kohlendioxidkonzentration anhand von …

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Rekonstruktion der vergangenen 1500 Jahre zeigt: Hochwasser in Nordchina war stets an Wärmeperioden gebunden

Wäre es nicht schön, wenn es das ganze Jahr über milde und angenehm wäre, wenn es immer gerade genug Sonne gäbe, um uns glücklich zu machen? Wäre es nicht schön, wenn es stets genug Wasser gäbe, damit niemand Durst erleiden muss. Aber bitte auch nicht zuviel Wasser, denn niemand möchte wochenlang im Regen stehen oder vom Hochwasser anschwellender Flüsse nasse Füße bekommen. Ja, das wäre schön. Leider tut uns die Natur diesen Gefallen nicht. Denn die Wirklichkeit sieht leider anders aus, hat immer anders ausgesehen. Lange bevor der Mensch in industriellem Maßstab CO2 in die Atmosphäre geblasen hat, gab es …

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Die schlimmsten Flutkatastrophen der letzten 2000 Jahre im chinesischen Jangtse-Gebiet fanden während der Römischen Wärmeperiode statt

Es ist ein ganz einfaches Konzept: Der Mensch pustet kräftig Kohlendioxid-Abgase in die Luft und als Folge kommt es zu mehr Überflutungen. Und zum Beweis dieser eleganten Theorie wird schnell noch auf die schlimme Flutkatastrophe in Deutschland und Nachbarländern hingewiesen. Keine weiteren Fragen mehr. Oder vielleicht doch. Sollte man nicht vielleicht etwas weiter in die Vergangenheit schauen? Waren die Flüsse dieser Erde wirklich so harmlos in der vorindustriellen Zeit wie immer suggeriert? Erleben wir derzeit die schlimmste Hochwasser-Phase der letzten Jahrtausende? Im März 2013 erschien im Fachmagazin Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology  eine aufschlussreiche Studie, in der eine chinesische Forschergruppe um Chun Chang Huang die Hochwasser-Geschichte des …

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Extreme Regenfälle in Marokko während der letzten 50 Jahre nicht häufiger geworden

Marokko ist ein ziemlich trockenes Land, vor allem in den südlichen wüstenähnlichen Provinzen. Dennoch kommt es auch hier zu seltenen aber dann starken Regengüssen, die stets zu großen Überschwemmungen führen. Wird der Klimawandel in Zukunft in Marokko zu noch mehr Überschwemmungen führen? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage hat ein französisch-marokkanisches Forscherteam um Yves Tramblay von der Université Montpellier die extremen Regengüsse an zehn über das Land verteilten Wetterstationen für die vergangenen 50 Jahre analysiert. Dabei fanden sie jedoch keinerlei statistischen Trend. Obwohl die Temperaturen während dieser Zeit im globalen Maßstab um ein halbes Grad angestiegen sind, sind die …

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Achtung Klimaalarm: Kinderuniversität zum Klimawandel auf Juist vom 4. Juli bis 29. August 2013

Mit großen Schritten nähern wir uns den heiß herbeigesehnten Sommerferien. Und was könnte es Schöneres geben als zwei Wochen an der hoffentlich sonnigen Nordsee zu verbringen. Da bieten sich zum Beispiel die Ostfriesischen Inseln an. Eine der schönsten ist sicher Spiekeroog. Mit Juist sollte man diesen Sommer jedoch etwas vorsichtig sein, denn dort könnte es leicht passieren, dass Ihre Sprösslinge in eine IPCC-Klima-Propagandaveranstaltung hineingeraten, die sogenannte ‚Kinderuniversität zum Klimawandel‘. Unter anderem wird dort der umstrittene Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf aus seinem Kinderbuch vorlesen. Rahmstorfs klimaalarmistischen Ansichten stoßen mittlerweile in immer größeren Kreisen der Fachwelt auf vehemente Ablehnung:

Rätsel Rahmstorf
IPCC-nahe Klimaaktivistengruppe zieht Video zurück: Zugrundeliegende Rahmstorf-Arbeit entspricht nicht mehr dem wissenschaftlichen Konsens
Senat von North Carolina erteilt Rahmstorfs beschleunigtem Meeresspiegel eine Absage

Zugelassen sind die meisten Veranstaltungen nur für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren. Damit wird sichergestellt, dass sich keines der Kinder in der unabhängigen Fachliteratur informieren kann und das Wort des Vortragenden somit absolute Gültigkeit besitzt. Ein klimaskeptischer Referent steht leider nicht auf dem Programm. Vermutlich ein Versehen. Im Folgenden die Veranstaltungs-Ankündigung durch die Juister Kurverwaltung:

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Kein Anstieg der extremen Niederschläge in Norditalien während der vergangenen 90 Jahre

Bei der Analyse von Hochwasserstatistiken sollte man stets auch Rekonstruktionen der Niederschlagsintensität vergleichend heranziehen. Denn vermehrte Hochwassersituationen können neben häufigerem Starkregen auch ganz andere Gründe haben, etwa Flussbegradigungen und die Reduktion von Überschwemmungsflächen. Derartige anthropogene Maßnahmen führen zum Aufbau von großen Flutwellen, die mit großer Geschwindigkeit die Flüsse hinunterrauschen und neue Hochwasserrekorde auslösen, obwohl die klimatisch bedingten Regenmengen vielleicht gar nicht zugenommen haben. Im International Journal of Climatology erschien Mitte 2011 eine Studie eines italienischen Forscherteams um Yuri Brugnara, in der die Autoren 200 Niederschlagsdatensätze aus Norditalien untersuchten, die 90 Jahre zurückreichten. Dabei ermittelten die Wissenschaftler die Entwicklung des Gesamtniederschlags …

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Hochwasser in Norditalien ereigneten sich bevorzugt zu Zeiten geringer Sonnenaktivität

Unsere Wissenschaft ist empirisch. Nur soweit Erfahrung möglich ist, ist Naturwissenschaft möglich. Erfahrung heißt, dass man aus der Vergangenheit für die Zukunft, aus dem Faktischen für das Mögliche lernt.

Carl Friedrich von Weizsäcker (1912-2007),  deutscher Physiker, Wissenschafts-Philosoph und Friedensforscher

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Gerade im Bereich der Hochwasser-Forschung lohnt ein Blick in die Vergangenheit allemal. Wer das Muster der Vergangenheit nicht kennt, kann auch nicht die Zukunft korrekt vorhersagen. So einfach ist das. Eine französisch-schweizerische Forschergruppe um Boris Vannière veröfentlichte im September 2012 im Fachmagazin Climate of the Past Discussions aufschlussreiche neue Daten zur Hochwasser-Entwicklung in Norditalien. Anhand von Sedimentuntersuchungen konnten die Wissenschaftler eine Hochwasser-Statistik des Ledrosees für die letzten 10.000 Jahre erstellen. Wann gab es die meisten Hochwasser-Phasen, während warmer oder kalter Phasen? Was könnte der Auslöser für Fluktuationen in der Flut-Historie gewesen sein? Auf der Suche nach Antworten lesen wir hierzu zunächst die Kurzfassung der Arbeit (Fettsetzung ergänzt, siehe auch Abbildung 1):

Die Daten zeigen eine Entwicklung, die mit einer geringen Fluthäufigkeit im frühen und mittleren Holozän 10.000-4.500 Jahre vor heute beginnt. Leichte Anstiege in der Häufigkeit traten vor 8000, 7500 und 7100 Jahren auf. Das letzte Drittel des Holozäns ist durch eine Verlagerung hin zu einer erhöhten Hochwasser-Häufigkeit verbunden, die 4500 bis 4000 Jahre vor heute einsetzte. Mit Ausnahme von kurzen Intervallen 2900-2500 und 1800-1400 Jahre vor heute, als etwas weniger Hochwasser auftraten, hält dieser Trend mit häufiger werdenden Fluten bis ins 20. Jahrhundert an. Das Maximum liegt zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert. 

Die kurzen Anstiege in der Hochwasser-Häufigkeit im frühen und mittleren Holozän sind durch Kältephasen ausgelöst worden. In einem Maßstab von hunderten von Jahren können Veränderungen in der Hochwasser-Häufigkeit mit langandauernden Klimawechseln wie etwa dem Neoglazial und der Kleinen Eiszeit in Verbindung gebracht werden, die wiederum durch Milankovitsch Zyklen und möglicherweise Sonnenaktvitätsschwankungen bedingt sind.

 

Abbildung 1: Hochwasser-Häufigkeit am Ledrosee in Norditalien während der vergangenen 10.000 Jahre. Aus Vannière et al. 2012.

 

Interessant. Die schlimmsten Hochwasser in Norditalen gab es also während der Kleinen Eiszeit, vor Beginn der globalen Industrialisierung. Seitdem sind die Fluten wieder weniger häufig geworden. Zoomen wir uns jetzt etwas näher in dieses Intervall hinein (Abbildung 2). Die Autoren schreiben in ihrem Paper:

Der langfristige Trend mit einer Zunahme der Flut-Häufigkeit während des letzten Jahrtausends umfasst zwei aufeinanderfolgende Perioden mit geringer und hoher Häufigkeit, die mit der Mittelalterlichen Wärmeperiode und der Kleinen Eiszeit (1500-1850) zusammenfallen.

Das sieht man sehr schön, wenn man Abbildung 2 betrachtet, ebenso den Absturz nach Ende der Kleinen Eiszeit. Nun wissen wir, dass die Mittelalterliche Wärmeperiode, Kleine Eiszeit und Moderne Wärmeperiode weitgehend synchron zur Entwicklung der Sonnenaktivität erfolgte. Könnte vielleicht, aber nur vielleicht, die Sonnenaktivität auch einen Einfluss auf die Hochwasser-Entwicklung genommen haben? Lesen wir hierzu, was Boris Vannière und seine Kollegen herausgefunden haben:

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TV-Tipp: Zwei Wolken-Dokus auf arte am 27. Juni 2013

Am 27.6.2013 zeigt arte zwei Wolkendokus: Gefahr aus den Wolken – Wie beeinflussen Wolken unser Klima? ( X:enius, Magazin, Deutschland 2010 ) Arte, 27.6.2013, 16:35-17:05 Uhr. Ave.de schreibt über die Sendung: Sie wiegen hunderte Tonnen und dennoch schweben sie scheinbar schwerelos am Himmel: Wolken – Wunderwerke aus unzähligen Wassertropfen. Mal erinnern sie an weiße Schäfchen, mal türmen sie sich bedrohlich auf wie ein riesiges Gebirge. Es gibt viele verschieden Arten von Wolken und einige davon sind menschengemacht – durch Flugverkehr und Klimawandel. Moderatorin Dörthe Eickelberg stellt im Mainzer Institut für Physik und Atmosphäre eine eigene Wolke her – im Reagenzglas. …

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Flutkatastrophen am bayerischen Ammersee vor allem während solarer Schwächephasen

Wie haben sich die Hochwässer in der Vergangenheit entwickelt, welche Faktoren nahmen Einfluss auf die Entwicklung? Die simplistische Verkürzung auf „mehr CO2 gibt mehr Hochwasser“ wird der Komplexität der Materie sicher nicht gerecht. Modellierungsstudien sollten zunächst versuchen, die Hochwassergeschichte der Vergangenheit zu reproduzieren. An Informationen zur Flut-Historie soll es nicht scheitern. Eine Reihe von Forschungsgruppen erhebt derzeit in zahlreichen Fallstudien entsprechende Kallibrierungsdaten. Eine dieser Studien fand am Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) statt, wobei Markus Czymzik im Rahmen seiner Doktorarbeit die Hochwasser-Entwicklung des drittgrößten bayerischen Sees, des Ammersees für die vergangenen 5000 Jahre anhand von Sedimentuntersuchungen ermittelte. Das pdf der Dissertation kann …

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Die große Tornadoflaute: Kein Zusammenhang zwischen Klimawandel und Tornadohäufigkeit

Im Mai 2013 ereignete sich in den USA eine Reihe von schweren Tornados, die schlimme Schäden anrichteten. In den Medien wurde ausgiebig über die Ereignisse berichtet (siehe unseren Blogbeitrag „Heftiger Tornado-Doppelschlag im Mai 2013 in Oklahoma: Sturmgeschichte der Tornado-Gasse seit 1950“). Wie muss man diese Stürme einordnen? Hat die Tornado-Aktivität in den letzten Jahren vielleicht zugenommen, wie einige Kommentatoren aus dem Bauch heraus vermuteten? Falls ja, könnte hier vielleicht der Klimawandel dahinterstecken? Anstatt sich auf Mutmaßungen und Interpretationen aus dritter Hand zu verlassen, lohnt es sich auch hier, die realen Daten anzuschauen, um eine solide fachliche Basis in die Diskussion zu bekommen.

Dazu schauen wir uns zunächst einmal die Tornadohäufigkeit der letzten 8 Jahre an (Abbildung 1). Der steilste Anstieg in den jeweiligen Kurven ist im April und Mai zu erkennen. Dies ist die Haupt-Tornado-Saison. Überraschenderweise rangiert das Jahr 2013 (schwarze Kurve) trotz der prominenten kürzlichen Stürme ganz hinten, vergleichbar nur mit dem Jahr 2005 (grüne Kurve), als es ähnlich wenige Tornados in den USA gegeben hat. Ganz weit vorne stehen die Jahre 2008 und 2011.

Abbildung 1: Tornadohäufigkeit der letzten 8 Jahre, kumulativ für die einzelnen Jahre aufgetragen. Quelle: NOAA Storm Prediction Center, Stand 19. Juni 2013.

 

Und wie sieht dies auf längerfristige Sicht aus? In Abbildung 2 sind die Tornadohäufigkeiten seit 1954 statistisch ausgewertet. Auch hier rangiert das Jahr 2013 ganz weit unten. Mehr als drei Viertel aller Jahre waren tornadoreicher als das 2013.

 

 

Abbildung 2: Langfristige Tornado-Häufigkeiten in den USA seit 1954. Aufgetragen sind außer dem stärksten und schwächsten Tornadojahr auch die Grenz-Bereiche für die untersten und obersten 25% sowie ein Mittelwert (50%). Quelle: NOAA Storm Prediction Center

 

Und wie sah es im Vorjahr aus? Auch hier machten sich die Tornados offenbar rar, denn in keinem Jahr seit Beginn der Tornadostatistik 1954 wurden weniger Tornados verzeichnet als 2012. Dies war der absolute Tiefpunkt der amtlich protokollierten Tornadoentwicklung der vergangenen 60 Jahre. Die lilafarbene Kurve in Abbildung 2 stellt das Jahr 2012 dar, von der die Kurve des aktuellen Jahres 2013 (schwarz) nicht weit entfernt ist. Schauen wir uns nun noch die letzten 40 Jahre in einem Balkendiagramm an (Abbildung 3). Auch hier ist schön zu sehen, dass die Tornadohäufigkeit eher ab- als zugenommen hat.

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Heftiger Tornado-Doppelschlag im Mai 2013 in Oklahoma: Sturmgeschichte der Tornado-Gasse seit 1950

Am 20. Mai 2013 verwüstete ein Tornado der höchsten Kategorie EF-5 die Stadt Moore, einen Vorort von Oklahoma City mit 55.000 Einwohnern. Der Sturm hinterließ eine rund zwei Kilometer breite und 27 km lange Schneise der Verwüstung in der etwa 2400 Häuser zerstört oder beschädigt wurden, darunter zwei Grundschulen und das Krankenhaus der Stadt. Durch den Tornado wurden 24 Menschen getötet und hunderte verletzt. Berücksichtigt man, dass der Sturmpfad durch dichtbesiedeltes Gebiet verlief, hielten sich die Opferzahlen glücklicherweise in Grenzen. N24 erläuterte hierzu:

Die geringere Zahl der Toten in Moore führten einige Experten darauf zurück, dass viele der Einwohner über kleine sturmsichere Unterschlupfe verfügten. Dabei handelte es sich um betonierte Hohlräume unter den Garagen. Keller hatten die meisten der zerstörten Häuser hingegen nicht.

Noch vor zwei Jahren waren bei einem ähnlich schweren Tornado im Bundessaat Missouri 158 Menschen getötet worden. Dennoch sind die Sachschäden in Moore beträchtlich. Die auf Risikoabschätzung spezialisierte Agentur AIR Worldwide schätzte die Kosten für den Wiederaufbau in einer ersten Bestandsaufnahme auf etwa sechs Milliarden Dollar.

Videoszenen vom Tornado in Moore, Oklahoma, vom 20. Mai 2013:

 

Nur knapp zwei Wochen später, am 31. Mai 2013, ereignete sich erneut ein Tornado der höchsten Kategorie. Diesmal war jedoch lediglich ein ländliches Gebiet südwestlich des Ortes El Reno in Oklahoma betroffen. Trotzdem starben auch hier insgesamt 20 Menschen. Drei der Opfer waren sogenannte Storm Chasers, die hobbymäßig solchen Stürmen hinterherjagen und die Stärke dieses Ereignisses diesmal wohl unterschätzt hatten. Die Sturmschneise erreichte dabei eine Rekord-Breite von 4,2 km, der höchste bislang festgestellte Wert bei Tornados.

Trotz des heftigen Tornado-Doppelschlags 2013 bewegt sich die Tornadoentwicklung in den USA auch in diesem Jahr noch vollumfänglich im Bereich der natürlichen Schwankungsbreite. Tornados der höchsten Kategorie treten im langjährigen Durchschnitt etwa einmal pro Jahr auf. Seit 1950 wurden 60 Stürme registriert, die in die sogenannte EF-5 Kategorie fallen. Im Jahr 2011 ereigneten sich gleich sechs dieser starken Tornados, während es 2012 ruhig blieb und kein einziger EF-5-Sturm zu verzeichnen war (Abbildung 1).

 

Abbildung 1: Anzahl von Tornados der stärksten Kategorie (EF-5) aufgetragen pro Jahr. Der El Reno Tornado vom 31. Mai 2013 ist in der Graphik noch nicht berücksichtigt. Der Balken für das Jahr 2013 besitzt daher mittlerweile den Wert 2. Quelle: WUWT.

 

Immer wieder wird der US-Bundesstaat Oklahoma von Tornados heimgesucht, darunter auch die beiden letzten EF5-Tornados (Abbildung 2). Dies ist jedoch kein Zufall, da Oklahoma genau im Kernbereich der ‚Tornado Alley‘ liegt (Abbildung 3). Wikipedia weiß:

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Mittelalterliche Warmperiode – ein Plädoyer für die Beibehaltung eines Terminus technicus in einem postnormal geführten, wissenschaftlichen Diskurs

Von Dr. Jürgen Koller

 

Kurzfassung

Einige Wissenschaftler, darunter Silvio Funtowicz, Jerome Ravetz und Hans von Storch, argumentieren für eine postnormale Phase in den Klimawissenschaften. Dabei sieht sich nicht nur die Wissenschaft als solche sondern auch die etablierte Begrifflichkeit einer postnormalen politischen Kritik und Parteinahme ausgesetzt. Vorliegende Arbeit analysiert die Etymologie und historische Evolvierung des Terminus Mittelalterliche Warmperiode, einer, in der Paläoklimatologie tief verwurzelten Konzeption und legt die Beibehaltung dieses Terminus technicus, wenn auch intensional enger gefasst, im wissenschaftlichen Diskurs nahe.

 

Abstract

[Medieval Warm Period–a pley for the retention of a terminus technicus within a post-normal scientific discourse]

In recent years, some scientists, including Silvio Funtowicz, Jerome Ravetz, and Hans von Storch, argue for a post-normal phase in climate science. In this situation, not only climate science faces political criticism and partisanship, but also the scientific abstractness. This paper strongly advocates for retention of the Medieval Warm Period as a key term in Palaeoclimatology. In doing so, etymology and historical-conceptual evolution of the terminus technicus are analyzed and a closer definition of the concept is finally suggested.

 

Einleitung

In den Klimawissenschaften herrscht, so die Behauptung einiger Autoren (Funtowicz & Ravetz 1989, Elzinga 1997, Bray & von Storch 1999; s. a. Krauss & von Storch 2012), mittlerweile ein postnormaler Zustand vor. Dabei unterscheide sich dieser von normaler Wissenschaft – „dem Lösen von Problemen in einem Rahmen, der nicht in Frage gestellt wird, einem ‚Paradigma‘“ (Ravetz 2010) – dadurch, dass nicht mehr die Wissenschaftlichkeit, „die methodische Qualität, das Popper’sche Falsifikationsdiktum oder auch der Fleck’sche Reparaturbetrieb überzogener Erklärungssysteme (vgl. Fleck 1980)“ (von Storch 2009: 308) im Zentrum der akademischen Wissensproduktion stehe, sondern die Nützlichkeit der möglichen wissenschaftlichen Aussagen – bei inhärenter Unsicherheit – für die Formulierung von dringenden Entscheidungen in der Sphäre des Politischen (vgl. von Storch 2007, Ravetz 2010).

Eine logische Konsequenz hieraus ist die – wenn nötig – Umdeutung von bereits normierten wissenschaftlichen Prädikatoren, d.s. Fachtermini (s. Seiffert 1996: 57), und Einpassung in eine gemischte, postnormal-normale Terminologie.

 

1 Etymologische Betrachtung und begriffsgeschichtliche Entwicklung

Ein solch‘ normierter Prädikator ist die sogenannte Mittelalterliche Warmperiode (MWP). Diese geht, als Konstrukt, zurück auf Lamb, der Evidenz aus verschiedenen Quellen (historischer, meteorologischer, archäologischer, botanischer und glaziologischer Natur) für die Behauptung generierte, dass, vor allem während des Hoch- und Spätmittelalters (ca. 900-1300 A. D.) wärmere klimatische Bedingungen „from the Arctic to New Zealand“ (Lamb 1965: 14), im Speziellen in West-Europa und den Regionen um den Nord-Atlantik, vorherrschten.

In weiterer Folge wurden die Aussagen Lambs an verschiedenen Orten, in verschiedenen Regionen (u. a. Grönland, Vereinigte Staaten von Amerika, Argentinien, China, Japan, Neuseeland), auf den Globus verteilt bestätigt und der Terminus technicus MWP setzte sich durch – 1965 sprach Lamb noch von einer MWE (Medieval Warm Epoch) – (vgl. u. a. Lamb 1966, 1977; 1982, Cermak 1971, Zhu 1973, LaMarche 1974, Dansgaard et al. 1975, Lamb & Gribbin 1978, Bernabo 1981, Williams & Wigley 1983, Villalba et al. 1990, Nesje et al. 1991, Cook et al. 1991, 1992, Graumlich 1993, Bonneville & Umer 1994, Stuiver, Grootes & Brazinuas 1995, Blackford & Chambers 1995, Hass 1996, Huang, Pollack & Shen 1997, Thorsen & Dale 1998, Campbell 1998, Cioccale 1999, Li et al. 2000, Schilman et al. 2001, Calkin, Wiles & Barclay 2001).

 

2 Normal-wissenschaftlich begriffsgeschichtliche Entwicklung, postnormale Deutungsversuche und deren Konsequenzen

2001 stellte Broecker die berechtigte Frage: „Was the Medieval Warm Period Global?“ (bereits 1994 hatten Grove und Switsur, gestützt auf glaziologische Befunde, für eine globale MWP argumentiert). Nicht ohne Grund verwies Broecker, der zu einer positiven Beantwortung seiner selbst gestellten Frage neigte, auf eine nordhemisphärische Klimarekonstruktion von Mann, Bradley & Hughes aus dem Jahre 1999. Er schrieb: „The reconstruction of global temperatures during the last millennium can provide important clues for how climate may change in the future. A recent, widely cited reconstruction (1)[Mann, Bradley & Hughes 1999, Jürgen Koller] leaves the impression that the 20th century warming was unique during the last millennium. It shows no hint of the Medieval Warm Period (from around 800 to 1200 A.D.) during which the Vikings colonized Greenland (2)[Grove 1988, Jürgen Koller], suggesting that this warm event was regional rather than global” (Broecker 2001: 1497).

Mit dem technologischen Fortschritt der 90er Jahre ging auch ein Anstieg der Klimarekonstruktionen einher (u. a. D’Arrigo & Jacoby 1993, Bradley & Jones 1993, Hughes & Diaz 19941, Briffa et al. 1995, Mann et al. 1995, Huang, Pollack & Shen 1997, Overpeck et al. 1997, Jones et al. 1998, D’Arrigo et al. 1999; für einen Überblick s. Frank et al. 2010a, FN 11-36). Allen Rekonstruktionen, insofern sie bis ins Mittelalter zurückreichen, ist gemein, dass sie, im Gegensatz zu Manns nordhemisphärischer Rekonstruktion, eine MWP – im Sinne von wärmeren klimatischen Bedingungen, vor allem im Hoch- und Spätmittelalter – für das jeweilige Studiengebiet (lokal, hemisphärisch, global), wenn teilweise auch wenig ausgeprägt, ausweisen:

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Keine Zunahme der Hochwässer in Nepal während der vergangenen 50 Jahre

In den Gletschern des Himalaya sind beträchtliche Mengen an Wasser gebunden. Insbesondere im Sommer bahnen sich große Schmelzwasser-Mengen ihren Weg ins Tal, unter anderem entlang der Flüsse Nepals. Während der letzten 50 Jahre ist es im globalen Durchschnitt um etwa ein halbes Grad wärmer geworden. Da liegt es nahe, sich Sorgen zu machen, ob durch diese zusätzliche Wärme vielleicht die Schmelzwasser-bedingten Hochwässer in Nepal zugenommen haben. Keine Frage, Nepal sitzt an einer klimatisch sensiblen Stelle. Jedwede Veränderungen in den Abflussraten und Hochwasserhäufigkeiten könnten Hinweise auf Gefahren durch die vermeintlich drohende Klimakatastrophe geben. Im Februar 2012 erschien zu dieser Frage eine Studie im …

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